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Der Lilith Code - Thriller

Der Lilith Code - Thriller

Titel: Der Lilith Code - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Hinter ihm spielte in völlig verdrehten und wilden Tönen ein alter Mann die Kaval, die arabische Flöte. Der Imam, der die Stille über alles liebte, fühlte sich der Hölle nah. Seine Augen blickten suchend umher. Jan und Regina standen, verhüllt in ihren Kaftanen, auf dem Vorplatz der Moschee, in dessen Mitte sich ein ovaler Brunnen befand. Keiner registrierte die Fremden. Sie waren Teil einer gigantischen Freudenfeier, die sich heute Nacht von Aleppo bis Assuan und von Amman bis Bengasi zog.
    Der Imam bedeutete seinem Sohn, dass sie nun gehen sollten, als er hinter den beiden im gelbfahlen Licht einer Straßenlaterne einen langen hageren Mann sah, der sich auffällig auf die Europäer konzentrierte.
    »Es ist wie beim Mauerfall«, flüsterte Jan Regina ins Ohr.
    »Ah, euer zweites wichtiges Thema, mit dem ihr die Menschheit außerhalb eures Landes nervt.«
    Der Lärm der Menschen, das Hupen der Autos, die permanent um das Oval fuhren, wurden immer lauter. Jan stupste Regina an. Keine zehn Meter von ihnen stand der Imam, wie immer umringt von seinen Gemeindemitgliedern. Schon in der Moschee waren den beiden die fast demütigen Gesten der Männer und Frauen dem Imam gegenüber aufgefallen. Er war hier eine Institution. Der Alte machte ein verstohlenesZeichen. Jan blickte hinter sich und sah in das Falkengesicht, das nur wenige Meter von ihm entfernt stand.
    Dann ging alles fürchterlich schnell.
    Ein Böller wurde Jan vor die Füße geworfen, dann noch einer, und noch ehe er Regina warnen konnte, explodierten die Knallkörper in einer Rauch- und Funkenwolke. Eine Hand griff nach seinem Ärmel und zog ihn weg. Der Knall hatte sein Gehör für einen kurzen Moment betäubt. Wie durch Watte nahm er Geschrei wahr, er taumelte, fiel und wurde von Regina hochgezogen. Dann stand da der weiße Wagen. Jemand schlug auf seinen Rücken, er fiel vornüber auf den Sitz, die Tür schlug zu, und der Wagen fuhr an.
    Noch immer fiepte es in seinem Ohr, er schaute durch das Heckfenster, sah aber das Falkengesicht Al-Ali nicht mehr. Hassan steuerte das Auto. Der Imam saß auf dem Beifahrersitz.
    »Wir bringen euch an die Grenze«, rief er nach hinten, wo sich Jan und Regina hinter die Sitze gekauert hatten. Über den beiden lagen ihre Rucksäcke und diverse Säcke mit Seifenstücken.
    Sie rumpelten im Schritttempo durch die Stadt. Erst nach einiger Zeit konnte Hassan schneller fahren. Sie hatten die Landstraße in den Norden nach Jarabulus genommen, vorbei an kleinen Siedlungen, in denen die Menschen noch immer feierten. Aber je näher sie dem Grenzort kamen, desto stiller wurde es.
    Als sie die südliche Ausfahrt aus der Stadt erreichten, sah Regina im letzten Moment die Militärsperre. Hassan löschte die Scheinwerfer und vollführte eine harte Wende in einen Obsthain neben der Straße.
    »Sie haben uns gesehen.« Der Alte blickte nach hinten. »Allah, der Gepriesene, sei mit euch. Passt auf euch auf. Der Euphrat hat Niedrigwasser. Die Türken lassen weniger Wasser herunter. Das ist eure Chance. Regina, nimm das mit. Aber öffne es erst, wenn ihr in Sicherheit seid.« Er steckte ihr einen ledrigen Umschlag zu.
    Regina nickte und öffnete die Tür, zog Jan mit sich nach draußen, der noch völlig verdutzt nach vorne schaute. »Nimm die Rucksäcke«, zischte sie.
    Ohne sich zu verabschieden, tat er es Regina gleich und kroch auf allen vieren in den Schutz der Bäume.
    Ein Geländewagen hatte aufgeblendet und raste mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu.
    Regina hastete weiter.
    »Wo willst du hin?«
    »Verdammt, Jan, wir müssen hier weg. Wenn sie uns bei Abdul finden, ist er auch geliefert.« Er keuchte hinter ihr her. »Und wie willst du über die Grenze? Wir kennen uns hier nicht aus.«
    Sie antwortete nicht, und er stolperte im gebückten Gang hinter ihr her. Der Motor des Wagens heulte auf. Dann zerrissen Schüsse die Stille. Wie erstarrt blieben die beiden stehen und lauschten dem Echo der Schüsse nach. Der Wind trug Stimmen herüber, die sich jedoch entfernten.
    »Verdammt, sie haben sie getötet.«
    Regina drehte sich zu Jan um. Ihr Gesicht war hart und ihre Augen kalt. »Hör auf und konzentrier dich. Wenn sie tot sind, dann können sie wenigstens unsere Flucht nicht verraten.«
    Stumm liefen sie weiter. Etwas rauschte vor ihnen. Jan hob den Kopf und lief prompt auf Regina auf. »Entschuldige.«
    »Da ist ein Kanal aus dem Euphrat, wir folgen ihm bis zum Fluss und sehen uns dann dort weiter um, die Grenze wird dann schon zu

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