Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
nicht wie siebenundvierzig aussähe, Sie verstehen, was ich meine. Es ist so, daß sie siebenundvierzig ist und daß sie genau so aussehen muß . Sogar besser als mit zwanzig, besser als mit dreißig. Teufel noch mal, ich wette, mit sechzig sieht sie noch besser aus. Ist das nicht verrückt?«
»Nein«, sagte ich. »Keineswegs.«
»Das würden Sie niemals sagen, wenn Sie sie nicht selbst gesehen hätten. Wie dem auch sei, sie sagt mir, daß sie die ganze Zeit an mich gedacht hat. Und daß sie die ganze Zeit vor diesem Harwood davongelaufen ist, demselben Kerl, den ich vor zig Jahren mal auf der Autobahn angehalten habe. Sie wollte, daß ich ihr helfe. So habe ich sie dann in meinem Haus untergebracht.«
Auch in diesem Punkt hatte sie mich belogen. Bei der ganzen Geschichte mit Rudiger. Was für eine Überraschung.
»Ich habe versucht, die Gelegenheit nicht auszunutzen. Obwohl ich schon daran gedacht habe, wie das wäre, wenn ich sie jeden Tag im Haus hätte, sie morgens sehen würde, für sie Frühstück machte. Mir war eingefallen, daß sie es immer sehr geschätzt hat, wenn jemand Frühstück für sie machte. Jedenfalls war sie nicht allzu begeistert von der Idee. Es sei alles zu viel auf einmal, hat sie gesagt. Ich habe gesagt, sie kann mein Haus haben und ich würde mir für die Zeit etwas in der Stadt suchen. Die Idee hat ihr gefallen. Aber sie hat mir gesagt, eines Abends würde sie mich anrufen. Eines Abends würde sie mich anrufen und mich bitten rüberzukommen. Das hat sie gesagt. Ich habe gewartet. Und gewartet. Als dieser Privatdetektiv anfing, sie zu beschatten, dachte ich mir, daß etwas passieren würde. Vielleicht würde ich dann ihr Retter und Ritter in schimmernder Wehr sein.«
Er sah mich an, als hätte er vergessen, daß ich da neben ihm saß. Seine Augen schienen ein Problem damit zu haben, mich zu fixieren. »Und dann ist etwas passiert«, sagte er.
»Was ist passiert?«
Er stand auf und stützte sich dabei auf den Barhocker. »Ich zeig’s Ihnen.«
»Was meinen Sie damit?«
»Kommen Sie mit mir. Ich will Ihnen etwas zeigen …«
»Chief, es ist ziemlich spät.«
»McKnight, entweder Sie kommen mit mir, oder ich verhafte Sie. Ich schwöre bei Gott, ich erfinde irgendwas und verhafte Sie. Wir haben hier ein tolles Von-Mann-zu-Mann-Gespräch. Vermasseln Sie das nicht.«
Ich folgte ihm nach draußen. Er stieg in den Streifenwagen und winkte mich auf die andere Seite. »Steigen Sie ein«, sagte er.
»Wohin fahren wir?«
»Steigen Sie einfach ein.« Ich stieg vorne ein. Er ließ den Wagen an und setzte ihn prompt rückwärts gegen einen Laternenpfahl.
»Chief, ich glaube nicht, daß Sie noch fahren sollten.«
»Keine Sorge. Wer sollte mich denn hier erwischen?«
»Deswegen mache ich mir auch keine Sorgen.«
»Es ist nicht weit. In einer Minute sind wir da.«
Er fuhr vom Parkplatz und dann auf der Hauptstraße nach Norden, vorbei an dem kleinen Motel mit der Kanone auf dem Hinweisschild. »Ich habe Ihnen die Geschichte mit der Kanone erzählt«, sagte er.
»Die haben Sie mir erzählt.«
»Ich hab sie erzählt. Das ist gut. Ich habe Ihnen die Geschichte erzählt.«
Die Straße verlief schnurgerade, und so schaffte er es, wenigstens mit zwei Rädern dauernd darauf zu bleiben. Diese vier Kurzen in der Kneipe konnten nicht die ersten an diesem Abend gewesen sein. Als mir auffiel, daß eine leere Flasche zwischen meinen Füßen herumrutschte, war mir alles klar. »Chief, ich bin ernsthaft der Meinung, daß Sie jetzt nicht fahren sollten.«
»Sind fast da«, sagte er. Er bog scharf rechts in eine Nebenstraße ein. Er traf das Stoppschild nicht voll, aber der Mast streifte die Beifahrerseite unseres Wagens mit einem lauten metallischen Scheppern.
»Autsch«, sagte er. »Das hat wehgetan. Das war der Polizeietat.«
»Chief, bitte. Halten Sie an!«
»Sind schon da. In der Heimat fern der Heimat.«
Er fuhr vor einem kleinen Häuschen vor und trat voll auf die Bremse, als er den Briefkasten streifte. Als ich aus dem Wagen gestiegen war, sah ich den langen Kratzer an der Seite des Wagens und, im Licht der Scheinwerfer, den Pfosten des Briefkastens um fünfundvierzig Grad geneigt. Abgesehen davon gab es keine Probleme.
»Los, kommen Sie rein«, sagte er und ging auf die Eingangstür zu. Ich griff noch einmal in den Wagen, schaltete die Scheinwerfer und die Zündung ab und nahm die Schlüssel an mich. Ich wollte ihn nur ins Haus schaffen, dafür sorgen, daß er sich hinlegte, und dann
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