Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Rat, als ich ihn zum erstenmal hörte. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Maria hatte mir vorgelogen, Randy wiedererkannt und sich nach all den Jahren noch an ihn erinnert zu haben. Sie hatte mich hinsichtlich ihrer Vergangenheit belogen und hinsichtlich ihrer Familie. Alles ergab jetzt einen neuen Sinn. Ihre Mutter veranstaltete »kalte Lesungen«, wie sie in der Branche heißen. Im Grunde kein Problem. Man schafft die richtige Atmosphäre, erhöht die Skepsisschwelle so weit wie nur möglich und hält dann nach Schwächen Ausschau. Die hat jeder. Ihre Eltern verstehen Sie nicht. Sie haben große Träume, aber etwas hindert Sie. Sie fürchten sich vor etwas. Wenn man keine Reaktion verspürt, wechselt man schnell das Thema. Trifft man dann wieder etwas, ist es, als ob eine Neonschrift über dem Kopf des armen Opfers aufleuchtet. Ja! Das ist es! Das genau ist mein Problem! Mensch, wie haben Sie das bloß rausgefunden?
Und dann holt man die Angelschnur ein. Hat man einen jungen Mann am Haken und man braucht die Tochter, damit er richtig im Netz zappelt, dann läuft das halt so. So funktioniert das Spiel.
Die Geschichte mit Harwood war noch etwas verwirrend. Wieviel davon gelogen war, wußte ich noch nicht. Klar, sie haßten sich gegenseitig. Aber jetzt wußte ich nicht mehr, wer das Opfer war oder ob es überhaupt ein Opfer gab. Plötzlich schien es aber auch keine Rolle mehr zu spielen. Nicht für mich.
Als ich darüber nachdachte, war ich mir plötzlich ziemlich sicher, wann sie mich geködert hatte, kannte den exakten Moment, in dem sie darauf gekommen war, daß ich ihr verdammt nützlich sein könnte. Als ich in diese Kneipe hereinspaziert war, mich neben sie gesetzt und sie zum erstenmal angesprochen hatte. Hallo, ich bin der Typ, der mit Randy Wilkins unterwegs war. Klar, dem Schwindler. Obwohl ich das zu der Zeit nicht gewußt habe. Mich hat er gefragt, ob ich ihm nicht helfen kann, Sie nach all den Jahren wiederzufinden. Und ich habe ihm geglaubt .
In diesem Moment muß sie in mir den perfekten Trottel ausgemacht haben, den man für alles mißbrauchen konnte. Hatte sie recht damit? Kann schon sein. Obwohl sie nicht bekommen hat, was sie wollte. Letztlich nicht. Harwood war noch am Leben. Und ich setzte mit meinem Laster auf ihrer Einfahrt zurück.
Als mein Wagen in die richtige Richtung wies, gab ich Gas. Hätte ich mit quietschenden Reifen starten können, hätte ich das getan. So schleuderte ich nur etwas Kies in die Luft. Gute Nacht, Maria. Und viel Glück.
Einen knappen Kilometer weiter verschlimmerte sich meine Nach ein weiteres Mal. Chief Rudigers Streifenwagen parkte an der Bootslände, der Kerl selber stand neben Whitleys weißem Cadillac und spähte in ihn hinein, dort, wo sich einst das Fenster am Beifahrersitz befunden hatte. Als er meinen Laster bemerkte, trat er mitten auf die Straße. Ihn zu überfahren wäre in diesem Moment ein Hochgenuß für mich gewesen. Doch ich widerstand der Versuchung. Er stand unbeweglich da, bis ich vor ihm hielt; dann trat er an mein Fenster. Ich kurbelte es herunter.
»N’Abend, Mr. McKnight«, begrüßte er mich.
»Was kann ich für Sie tun, Chief?«
»Wissen Sie etwas über dieses Auto?«
»Sieht ganz so aus, als bräuchte es eine neue Scheibe.«
»Wissen Sie zufällig, wo sich der Eigner in diesem Moment befindet?«
»Nein«, sagte ich. Im Grunde stimmte das ja.
»Ich glaube, wir sollten diese Angelegenheit ausführlicher erörtern.«
»Chief«, sagte ich. »Bitte. Ich muß Ihnen mitteilen, daß ich nicht länger für Ms. Zambelli arbeite. Ich interessiere mich von nun an nicht mehr im geringsten für irgend etwas, was in dieser Stadt jemals passiert ist. Oder für irgend etwas, was hier jemals passieren wird . In der Tat bin ich in diesem Moment im Begriff, von hier zu verschwinden. Sobald Sie mich lassen, werde ich fort sein und niemals hierher zurückkehren. Niemals. Ich denke, damit habe ich Ihre Nacht gerettet.«
»Ich kann Sie nicht einfach so gehen lassen«, sagte er. Er legte beide Hände aufs Dach des Lasters. »Nicht ohne Sie auf einen Drink eingeladen zu haben.«
»Wie bitte?«
»Fahren Sie hinter mir her zum Rocky’s. Alles geht auf meine Rechnung.«
»Chief, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich hatte diese Nacht schon viel um die Ohren …«
»Sie haben zwei Möglichkeiten«, sagte er. »Entweder wir gehen in mein Büro und erörtern dort, was mit diesem Wagen da geschehen ist, oder wir gehen ins Rocky’s und ich gebe
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