Der Lockvogel
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»Wie geht es Ihnen, Richard?«
»Mir geht es gut, danke. Ein bisschen erschüttert. Sie wissen schon. Aber gut.«
»Es war ein großer Schock. Er war jung, und es war nicht seine Zeit. Es ist nie angenehm, wenn so etwas passiert.«
Malin machte eine Pause und schaute Lock an, der gegen seinen Willen den Blick auf seinen Schoß senkte. »Ich habe nichts Neues gehört seit gestern.«
»Ich befürchte, ich habe nicht allzu viel herausgefunden. Wie es aussieht, ist er vom Dach des Hotels Gellért in Budapest gestürzt. Die Polizei hält es für Selbstmord. Ich weiß
ehrlich gesagt kaum mehr als das. Ich warte auf einen Anruf von Oberst Baschajew.«
Malin erwog die Information einen Augenblick lang.
»Wenn Dmitri eine Schwäche hatte«, sagte er schließlich, »dann war es, dass er das Geschäft emotional betrieb. Er war in allem emotional.«
Lock wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Es erschien ihm unfair Gerstman gegenüber, den er als eifrigen Realisten eingeschätzt hatte.
»Haben Sie Blumen geschickt?«, fragte Malin.
»Ja«, sagte Lock. »An sein Büro.«
»Gut. Gut. Es hat mir leidgetan, Dmitri zu verlieren. Er war ein effizienter Arbeiter. Doch im Geschäftsleben ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, und das hat er nicht, wie ich glaube. Das hat er nicht.« Malin schüttelte leicht den Kopf, eine Geste des wohlüberlegten Bedauerns. »Daran müssen Sie sich erinnern, Richard, besonders jetzt.«
Malins Blick schien tiefer zu werden. Lock, der sich darin einen Moment lang verloren fühlte, brachte nur ein schwaches »Ja« heraus.
»Verstehen Sie?«
»Ich verstehe. Sie wissen, dass ich das verstehe.«
»Ich weiß, dass Sie es verstehen.« Malin ließ Lock sich noch ein oder zwei Sekunden unter seinem Blick winden, dann fragte er: »Wann ist Paris?«
Paris. Gott, er hatte Paris ganz vergessen. Ein oder zwei Tage unter Eid lügen. Vor Publikum.
»Das ist nächste Woche. Morgen fliege ich nach London und mache einen letzten Durchlauf mit Kesler.«
»Wie geht es Mr. Kesler?«
»Gut, denke ich.« Er hatte in der vergangenen Woche
dreimal mit Kesler telefoniert; jedes Mal, um neues Material durchzusprechen, das Lock sich einverleibt haben musste, bevor er in den Zeugenstand trat. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, hatte Kesler entnervt geklungen; er hatte sich mit den Worten verabschiedet, sie hätten in London viel Arbeit vor sich. Hatte er das Malin auch direkt gesagt? »Er scheint zu denken, dass wir das Tribunal davon überzeugen können, dass Tournas Klage unbegründet ist. Wollen wir es hoffen.«
»Aber er erwartet, dass Sie über die Fakten befragt werden?«
»Fast sicher, ja.«
»Und Ihre Position wird sein, dass ich nicht existiere?«
»Unsere Position – meine Position wird sein, dass Faringdon mir gehört.«
»Wie haben Sie es erworben?«
»Faringdon? Nun, man kann die Geschichte über alle Unternehmen hinweg zurückverfolgen, bis hin zu Arctec. Alles trägt meinen Namen. Nach außen gehört mir ohnehin alles, schon immer.«
Malin stützte die Ellbogen auf den Tisch, faltete die Hände und legte seinen Kopf darauf. Er dachte einen Moment nach.
»Das macht Sie zu einem großen Mann in Russland.«
»Die andere Seite kann nicht beweisen, dass ich das nicht bin.« Lock wusste, was er meinte. Wer würde so etwas glauben? »Das ist das Entscheidende.«
»In Ordnung. In Ordnung. Gibt es mehr über Tourna?«
»Nichts Interessantes. Ich werde mich diese Woche mit den Jungs in London treffen. Baschajew hat mir große Dinge versprochen, wenn ich zurückkomme.«
»Es wäre gut gewesen, vor Paris etwas zu haben.«
Malin knetete mit den Daumen die Haut an seinem Kinn. Dann lehnte er sich zurück und schaute Lock unverwandt an. »Sie haben lange und hart dafür gearbeitet, Richard, aber in einem einzigen Moment kann so viel zerstört werden. Ein ganzes Leben kann zerstört werden. Für Sie und für mich.«
Lock antwortete nicht.
»Ich glaube, das ist alles, Richard. Konzentrieren Sie sich auf Paris. Lassen Sie sich nicht von Dmitris Tod ablenken.«
Lock sagte, das werde er nicht tun, stand auf, versprach, in vierzehn Tagen wiederzukommen, und ging. Auf dem Weg zur Tür konnte er Malins Augen in seinem Rücken spüren, und ein Schauer überlief ihn. Ein zerstörtes Leben.
Baschajews Anruf erreichte Lock am nächsten Morgen in seinem Büro. Er bestätigte, was Lock bereits wusste, und fügte einige neue, verstörende Details hinzu.
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