Der Löwe
paranoid. Mehr Wein?«
»Gehn wir lieber rein«, schlug er vor.
»Es ist so schön hier draußen. Wenn Khalil mich mit einem Scharfschützengewehr kaltmachen wollte, hätte er es bereits getan«, erklärte ich ihm und fügte hinzu: »Er hat was anderes mit mir vor.«
»Ich habe an mich gedacht«, erwiderte Paresi. Aber da er nicht wollte, dass ich ihn für weniger tapfer oder verrückt hielt, als ich es war, brachte er zwei Zigarren zum Vorschein, und wir zündeten sie an.
Er goss sich den letzten Schuss Wein ein und teilte mir mit: »Die Kommunikationsauswertungseinheit hat vor ein paar Stunden ein Signal von Kates Handy aufgefangen.« Er schnippte die Asche ab und fuhr fort: »Nur sieben, acht Sekunden. Dann
war’s weg, so als hätte jemand das Telefonverzeichnis abgerufen und es dann wieder ausgeschaltet.«
»Woher kam das Signal?«
»Die Antenne, in die sich ihr Telefon eingeloggt hat, deckt die Gegend zwischen Dreiundvierzigster und Vierundvierzigster Straße ab.«
»Okay … haben Sie Wagen hingeschickt?«
»Haben wir, aber ich nehme an, das Signal kam aus einem fahrenden Auto.«
»Richtig. Sandlandtaxi«, sagte ich. »Nun ja, wenigstens wissen wir, dass Kates Handy in Manhattan ist.«
»Ja. Und ich hoffe, das bedeutet, dass auch Khalil in Manhattan ist.« Er nickte zur Stadt hinunter und sagte: »Er ist da draußen.«
»Vielleicht ruft er Sie an.«
»Wahrscheinlich eher Sie. Sagen Sie uns innerhalb von fünf Sekunden Bescheid, wenn Sie einen Anruf von ihm bekommen«, erinnerte er mich.
»Sie und Tom halten es genauso.«
Er nickte.
Ich schaute wieder zu den hoch aufragenden Apartments und Bürogebäuden auf der anderen Straßenseite. Einige Fenster waren erleuchtet, andere waren dunkel, und ich vermutete, dass man aus einem dieser Fenster zu uns schaute.
»Wie läuft’s an der Zweiundsiebzigsten Straße?«, fragte ich Paresi.
Er warf einen Blick zu den Gebäuden und erwiderte: »Massenhaft Türen, an die man klopfen muss. Einige Häuser haben nicht einmal einen Portier oder Wachmann, mit dem man sprechen kann – «
»Suchen Sie die stummen Portiers nach einem geheimen Unterschlupf für Terroristen ab.«
Ohne darauf einzugehen, sagte er: »Bei der Hälfte der Türen,
an die wir klopfen, meldet sich nicht einmal jemand. Sogar bei einigen Büros hat während der normalen Arbeitszeit niemand aufgemacht.«
»Treten Sie die Türen ein.«
Auch darauf ging er nicht ein. »Ich glaube, wir haben etwa die Hälfte der Apartments und rund achtzig Prozent der Büros abgeklappert«, sagte er und fragte mich dann: »Glauben Sie wirklich, dass sie einen geheimen Unterschlupf haben – einen Beobachtungsposten an dieser Straße?«
»Wäre für mich nachvollziehbar. Da wir’s so machen, machen die es auch.«
Er nickte. Dann sagte er: »Es wäre gut gewesen, wenn das Signal von der anderen Straßenseite gekommen wäre.«
»So dämlich sind die nicht«, erklärte ich ihm.
Er war anderer Meinung. »Sind sie doch.«
»Sie waren es, Vince. Aber sie sind schlauer geworden. Sie haben möglicherweise nicht unsere Technologie, aber sie wissen, was wir haben, und sie wissen, wie man es austricksen kann.«
Er zuckte die Achseln.
»Unterschätzen Sie sie nicht«, riet ich ihm. »Und unterschätzen Sie Asad Khalil nicht.«
»Wie ist die Zigarre?«
»Besser als der Wein, aber nicht so gut wie die Pizza.«
»Wie ist Ihr Scotch?«
»Älter als die Kids, die meine Lobby überwachen.«
Er lächelte und erinnerte mich: »Wir sind unterbesetzt. Vor allem am Wochenende.«
Richtig, und ehe dieses Wochenende vorüber war, könnte sich die Unterbesetzung noch verschärfen.
Kate rief an und freute sich sehr, dass sie mich mit meinem Gesellschafter daheim antraf. »Hast du getrunken?«, fragte sie.
»Nein. Wir sind noch dabei.«
»Gute Nacht, John. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch.«
Vince und ich machten eine halbe Flasche Scotch nieder, und er ging kurz vor Mitternacht.
Ich war mir nicht sicher, ob er Personenschutz dabeihatte, wollte aber nicht fragen. Machos beantworten so eine Frage nicht gern. Jedenfalls verließ ich den Balkon, nachdem ich das Schicksal herausgefordert und festgestellt hatte, dass es sich heute Nacht nicht für mich interessierte, und ging ins Bett.
Eine ruhige Nacht. Aber wenn sich nichts tut, habe ich manchmal das Gefühl, dass bald irgendwas passieren wird, und genau das hatte ich jetzt.
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S amstag. Heute fiel leichter Regen, und für Sonntag waren Schauer angekündigt. Das
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