Der Löwe
Lower Manhattan, dann zurück zum Battery Park und zum Trade Center.
Gegen Mitternacht waren wir uns einig, dass mir niemand folgte, worauf ich in der Nähe der Federal Plaza 26 ein Taxi fand und mich auf den Heimweg machte.
Unterwegs rief ich Kates Handy an und sagte: »Kein Glück. Ich sitze in einem Taxi und fahre heim.«
»Gut. Mach das nicht noch mal«, sagte sie. »Ich glaube, eine weitere Nacht stehen meine Nerven nicht durch.«
Nun ja, und schon war meine schöne Theorie über die Vorzüge einer Ehe mit jemandem aus dem gleichen Gewerbe futsch. »Ich habe am Wochenende frei«, sagte ich. »Schlaf ein bisschen. Wir sehen uns morgen.«
Allem Anschein nach klappte die Sache mit mir als Löwenköder nicht. Was bedeuten könnte, dass Khalil und seine hiesigen Kontaktpersonen keine Ahnung hatten, dass ich unterwegs war. Oder sie wussten es und witterten eine Falle. Oder Khalil war weg.
Nein, er war hier. Ich wusste, dass er hier war. Und wie Kate angedeutet hatte und ich vermutete, hatte Khalil seine eigenen Pläne, was John Corey anging. Er war nicht mit so viel Hass im Herzen so weit hergekommen, um mich am Leben zu lassen.
In meinem Apartmentgebäude angekommen, sprach ich mit den beiden Überwachungsjungs in der Lobby, wünschte dem Nachtportier eine gute Nacht, trat in den Aufzug, zog die Glock und so weiter und so fort. Meine Wohnung war terroristenfrei, und ich machte mir einen Scotch mit Soda und ließ mich auf den La-Z-Boy fallen.
Meine Tür, so beschloss ich, würde ich heute Nacht nicht verbarrikadieren – ich bin zu Hause erreichbar. Ich drehte den Fernsehsessel so, dass er zur Diele wies, legte mir meine Glock auf den Schoß und sank in Halbschlaf.
Ich träumte mehrmals, dass die Tür aufgebrochen wurde, und manchmal schoss ich auf die dunkle Gestalt, deren Silhouette sich im Schein der Flurbeleuchtung abzeichnete. In anderen Träumen fand ich die Knarre nicht. Einmal hatte sie eine Ladehemmung.
Woher kommt dieses Zeug? Früher habe ich immer von Sex geträumt.
Freitagmorgen. Die Sonne fiel durch die Balkontür, und es sah so aus, als würde es ein weiterer schöner Tag werden. Außerdem wäre heute ein guter Tag, um Asad Khalil umzubringen.
Die Dusche ist ein gefährlicher Ort, wie jeder weiß, der schon mal Psycho gesehen hat. Ich meine, man ist nackt und wehrlos und hört nichts, wenn das Wasser läuft. Deshalb nahm ich ein schönes Bad mit meiner Glock, die auch funktioniert, wenn sie nass ist.
Ich besuchte Kate im Bellevue, die eine schlechte Nacht hinter sich hatte und fest entschlossen war, auszubrechen.
»Ich bleibe auf keinen Fall übers Wochenende hier«, sagte sie.
Ich wollte sie noch nicht im Apartment haben, deshalb beschwichtigte ich sie: »Weißt du was? Wenn sich bis Montag nichts tut, fliegen wir zwei nach … na dahin, wo deine Eltern wohnen.«
»Nach Minnesota.«
»Richtig. Aber bleib noch ein paar Tage hier.«
Sie erwiderte nichts.
Ich wollte wirklich nicht nach Großkuhwiesen, Minnesota, aber vielleicht konnte ich Kate bei ihren Eltern absetzen und zurückkehren. Ihr Vater hatte ein kleines Waffenarsenal, und ihre verrückte Mutter ist Tontaubenschützin und kann mit einer Schrotflinte besser umgehen als die meisten Männer. Außerdem wusste Khalil natürlich nicht, dass Kate am Leben war. Jedenfalls soweit mir bekannt war.
»Hast du Tom um eine Knarre gebeten?«, fragte ich sie.
»Habe ich. Patienten dürfen keine Waffe haben, das verstößt gegen die Krankenhausordnung.«
»Das ist eine alberne Vorschrift. Ich meine, vielleicht sollten die Knackis auf der Etage keine Knarre haben, aber warum darf niemand anders seine eigene Knarre haben?«
»John … bitte.«
Ich zog meinen Revolver aus dem Holster und schob ihn unter ihr Kissen. »Mit Mr Smith und Mr Wesson wirst du besser schlafen«, sagte ich.
Sie nickte, erwiderte aber nichts.
Ich stellte ihren Laptop aufs Bett und sagte: »Klink dich in die Rechtsmedizin des Sullivan County ein.«
Sie zögerte, loggte sich dann ein, fand die Website und erfuhr, dass Katherine Mayfield Corey im Catskill Regional Medical Center gestorben war. Als Todesursache wurde Mord angegeben.
Sie schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Ich nehme an, du willst damit andeuten, dass ich mich nicht darüber beklagen soll, dass ich hier bin.«
»Besser hier als unten im Keller.« Womit das städtische Leichenschauhaus gemeint war.
»Okay … bis Montag.«
Ich blieb zum Mittagessen, und während wir speisten, fragte mich
Weitere Kostenlose Bücher