Der Löwe
anging, muss angemerkt werden, dass selbst Terroristen einen Ort brauchen, an dem sie sich rasieren können, und wenn ich raten müsste, wo sich Asad Khalil in New York City zu verstecken gedachte – genau genommen musste ich raten –, würde ich sagen, dass er nicht in einer muslimischen Wohngegend in den Außenbezirken unterkriechen würde, wo wir nach ihm Ausschau halten würden und jemand darauf kommen könnte, dass dieser neue Typ den FBIlern eine Million Dollar wert war. Ich meine, Khalil konnte sie nicht alle umbringen, so wie er Amir, den Taxifahrer, umgebracht hatte.
Ein Unterschlupf in einem Hotel könnte wegen der Überwachungskameras und Hunderten von Gästen und Mitarbeitern problematisch werden, denn die könnten ihn anhand des Fahndungsfotos erkennen, das die New Yorker Polizei verteilen würde. Ich würde eher auf ein Stundenhotel tippen, wo Khalil, wenn er nicht so viele sexuelle Komplexe hätte, vögeln könnte, während er sich versteckte. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Absteige oder eine Einzimmerwohnung, wo man einen festen Tagessatz bar im Voraus zahlte und niemand Fragen stellte.
Wie ich zuvor schon angedeutet habe, könnte es jedoch auch sein, dass Professor Khalil eine Unterkunft fürs Lehrpersonal an der Columbia University hatte.
Wahrscheinlicher aber war, dass sich Asad Khalil in einem Apartment verkroch, das von seinen Unterstützern unter dem Namen einer Firma gemietet worden war und für Kollegen genutzt wurde, die New York besuchten. Das war die übliche Methode in der finanziell gut ausgestatteten Welt des internationalen Terrorismus, und leider entdeckten wir trotz aller Bemühungen nur selten eines dieser sicheren Häuser – für gewöhnlich
Apartments in Hochhäusern in Manhattan –, es sei denn, wir verfolgten zufällig einen Schurken zu dem Gebäude.
In diesem Fall jedoch war ich davon überzeugt, dass Khalils Unterstützer ihren wichtigen Killer nicht in einem der üblichen, vermeintlich konspirativen Häuser unterbrachten – sie hätten eine neue, saubere Bleibe für ihn.
Ich schaute nach Südwesten, wo einst die Zwillingstürme gestanden hatten. Ich dachte daran, dass Jack Koenig, der früher in diesem Büro gearbeitet hatte, seinen Schreibtisch absichtlich so aufgestellt hatte, dass er die Türme sehen konnte. Damit er täglich an den ersten Anschlag auf das World Trade Center am 26. Februar 1993 erinnert wurde. Die Mistkerle hatten es beim zweiten Mal geschafft, und Jack Koenig, der an jedem Werktag auf diese Türme gestarrt hatte, war zusammen mit David Stein, Paresis Vorgänger, und ein paar anderen Leuten aus dieser Dienststelle gestorben, die just an jenem Tag zu einer Zusammenkunft dort waren.
Ich konnte von hier aus die Aussichtsplattform nicht sehen, aber Kate und ich waren einmal dort gewesen, und ich hatte lebhaft vor Augen, wie Besucher – Leute aus dem ganzen Land und aller Welt –, in das große Loch starrten, das zeitweilig ein Massengrab für fast dreitausend Menschen gewesen war. Wenn man einer von den Zehntausenden von Überlebenden war, die sich an diesem Morgen in den Türmen aufgehalten hatten, oder auf dem Weg dorthin waren, wie Kate und ich, verging kein Tag, ohne dass man sich fragte, warum man davongekommen war.
An Walshs Bürofenster war ein Aufkleber mit den schwarzen Silhouetten der Türme und der Aufschrift 9/11 – NIEMALS VERGESSEN!
Sonst wird es wieder passieren, würde ich hinzufügen.
Außerdem war die Murray Street, an der Amir, der Taxifahrer, seinen letzten Kunden abgesetzt hatte, nur ein paar Blocks von hier entfernt. Angenommen, der Fahrtkostenpreller war Asad
Khalil, was machte er dann an einem Sonntag in Lower Manhattan? Vielleicht nichts weiter, als seinen Taxifahrer umzubringen. Aber dafür gab es bessere Möglichkeiten. Das bestärkte mich in meinem Verdacht, dass Khalil vorhatte, in Manhattan zu bleiben und zuzuschlagen. Was also gab es in Manhattan, das ihn anlockte? Nun ja, John Corey wohnte an der East 72 nd Street, Vince Paresi und seine junge Ehefrau Nummer drei wohnten am Central Park West und Tom Walsh wohnte ebenso wie die Coreys an der ehrbaren Upper East Side. Und Khalils weitere in Frage kommenden Opfer, zum Beispiel George Foster, arbeiteten allesamt hier.
Unsere Privatadressen hatte er hoffentlich nicht, aber er kannte unsere Dienststelle, und wir hatten alle unseren festen Tagesablauf. Nun ja, ich nicht, aber Walsh, Paresi und Foster.
Was mich auf den Gedanken brachte, dass Asad Khalil
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