Der Löwe
gleichzeitig aber dessen Existenz leugnen. Unterdessen war die Anzahl der Opfer von fünf auf sechs gestiegen.
Walsh sagte zu uns: »Es gab noch einen weiteren Mord in Kalifornien, der höchstwahrscheinlich etwas mit diesem Fall zu tun hat.«
Ich berichtige. Sieben.
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T om Walsh zog seinen Ordner zu Rate und sagte: »Bevor wir zu diesem Mord kommen, möchte ich Ihnen kurz sagen, dass wir nicht wissen, wann oder wie Asad Khalil eingereist ist, aber vermutlich hat er den direktesten Weg gewählt und ist unter Verwendung eines falschen Passes und Visums von einem arabischen Land nach Los Angeles geflogen.« Des weiteren teilte uns Walsh mit: »So ein Mann, der über die richtigen ausländischen Hilfsmittel verfügt, kommt mühelos durch die Passkontrollen.«
Richtig. Die beste Einreisestelle wäre ein Flughafen – LAX –, aber Khalil würde nicht als libyscher Staatsbürger reisen; wir hatten keine diplomatischen Beziehungen mit Libyen, und die zwei Maschinen von deren Fluglinie flogen nicht hierher. Deshalb dürfte er mit einer anderen Fluggesellschaft gekommen sein, und auf seiner Einreisekarte in die USA und der Zollerklärung hatte er vermutlich als Zweck seines Besuchs Tourist angegeben – eine Geschäftsreise als Legende lässt sich zu leicht überprüfen. Und sollte man ihm bei der Passkontrolle Fragen gestellt haben, hatte er vermutlich einfache Antworten gegeben und sich nicht darüber ausgelassen, dass er schon sein Leben lang Disneyland sehen wollte. Außerdem dürfte er eine bestätigte Hotelreservierung bei sich gehabt haben, von der er allerdings wahrscheinlich keinen Gebrauch machen wollte. Der Passkontrolleur würde den Pass abstempeln, nachdem er seine Computerliste mit bekannten Terroristen, Personae non gratae, Kriminellen und anderen Arschlöchern zu Rate gezogen hatte, und sagen: »Willkommen in den USA. Der Nächste.«
»Wir überprüfen die Videoüberwachungsaufzeichnungen an einer Reihe von Flughäfen«, sagte Walsh und fuhr fort: »Unsere Dienststelle in Santa Barbara hat gestern Abend Sterling Charters am Santa Barbara Airport einen Besuch abgestattet. Das ist die Charterfirma, die den Citation-Jet besitzt und betreibt, mit dem Khalil vom Sullivan County Airport zum Republic Airport auf Long Island geflogen ist.«
Er überflog die E-Mail, die er in der Hand hatte, und sagte: »Am Samstag gegen sieben Uhr morgens tauchte ein Mann, der sich als Christos Demetrios auswies, im Büro von Sterling auf. Er hatte von seiner Firma in Athen, Hydra Shipping, eine Reservierung tätigen lassen. Er traf seinen Piloten und Copiloten, und sie starteten pünktlich und flogen zunächst nach Pueblo, Colorado, wo sie auftankten, dann weiter nach Huntington, West Virginia, wo sie ein weiteres Mal auftankten, und anschließend zu ihrem Ziel, dem Sullivan County Airport, wo sie um achtzehn Uhr dreizehn Ortszeit landeten. Mr Demetrios – den der Angestellte bei Sterling und die Piloten als Asad Khalil identifizierten – mietete sich ein Auto, und die beiden Piloten begaben sich zu einem dortigen Motel, hatten aber die Anweisung, am nächsten Morgen, am Sonntag also, ab zehn Uhr abflugbereit zu sein. Das Ziel war Buffalo.«
Walsh dachte einen Moment lang nach und sagte: »Unsere Agenten, die gestern Abend mit den beiden Piloten in ihrem Motel gesprochen haben, berichteten, dass die Piloten Mr Demetrios etwas distanziert fanden, vielleicht sogar reserviert, dass er aber am Santa Barbara Airport oder auf dem Weg ins Sullivan County keinerlei Anzeichen von Nervosität gezeigt habe.« Walsh schloss: »Wenn man bedenkt, dass er nur ein paar Stunden, bevor sich die Piloten mit ihm trafen, einen Mann enthauptet hatte und auf dem Weg zu seinem Fallschirmspringerrendezvous mit John und Kate war, würde ich sagen, dass wir es mit einem absoluten Psychopathen zu tun haben.«
Und was war dein zweiter Anhaltspunkt, Tom?
Walsh fuhr mit der Odyssee von Asad Khalil fort. »Und als Khalil sich im Sullivan County wieder an Bord des Flugzeugs begab, hatte er gerade … Kate angegriffen, aber die Piloten sagen, er habe ganz ruhig gewirkt … und er habe gelächelt.«
Walsh war allem Anschein nach verblüfft oder beeindruckt, weil Khalil nach seiner Fallschirmspringerattacke nicht aufgeregt schien, wodurch mir wiederum bewusst wurde, dass Walsh sich über den messianischen Irrsinn von Asad Khalil nicht ganz im Klaren war. Ich meine, der Typ war im Dschihad und in ein himmlisches Licht oder so was Ähnliches
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