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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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dass Sie nach Hause kommen«, sagte er. »Ab in die Heia. Gute Nacht, Paul.«
    Energisch schritt er davon.
    »Ich heiße Peter«, rief Pascoe ihm nach, aber er glaubte nicht, dass der andere ihn gehört hatte.
    Seine Vorsätze, früh ins Bett zu gehen, hielten nicht lange. Als er die Wohnung betrat, klingelte das Telefon. Es war Ellie, die auf die aufwühlenden Ereignisse des Tages völlig anders reagierte.
    »Peter, wenn dein Kopf das aushält, würde ich gern irgendwo hingehen, wo’s nett und hell und laut ist, und bei Musik richtig viel essen.«
    »Das klingt nach dem Dick Turpin«, sagte er und meinte damit das größte und freundlichste der Nachtlokale, die in den letzten fünf, sechs Jahren, seit das Raffinement den Norden zu unterwandern begann, im Ort aus dem Boden geschossen waren.
    »Das lasse ich mir einreden«, sagte Ellie. »Ich will mich ein bisschen besäuseln.«
    Das Dick Turpin war sogar so früh in der Woche rappelvoll, und sie hatten Glück, noch einen Tisch zu bekommen. Eine fünfköpfige Band spielte sich in ihrem eigenen Rhythmus durch die aktuelle Hitparade, und auf der kleinen Tanzfläche drängte sich zuckendes Fleisch.
    »Komm, tanzen wir«, sagte Ellie, während sie auf ihren Krabbencocktail warteten.
    »Diese Seite deines Charakters hast du bis jetzt wohlweislich verborgen«, sagte Pascoe, als er ihr widerstrebend an den Rand der Arena folgte.
    Glücklicherweise zeigten die Musiker nach ein paar Minuten Erbarmen oder Ermüdungserscheinungen, und das Tempo verringerte sich zu einem verträumt langsamen Geschiebe. Ellie hing so eng an ihm, dass Pascoe sie beinahe herumtrug.
    »Was passiert jetzt, mein Schatz?«, fragte sie auf einmal.
    »Was meinst du?«
    »Na, es ist doch noch nicht vorbei. Obwohl, als wir von Thornton Lacey zurückgefahren sind, habe ich mir fast eingebildet, es wäre vorbei. Aber jetzt ist mir klar, dass wir weit davon entfernt sind. Ich meine, es steht uns noch alles bevor, Ermittlung, Prozess, Berufung, es geht immer weiter. Nur im Roman ist alles zu Ende, wenn du den Mörder hast.«
    Und nur im Roman kannst du dir sicher sein, dass du ihn hast, dachte Pascoe. Aber er sprach es nicht aus.
    »Ich werde sie nie vergessen«, fuhr Ellie fort. »Bis zu einem bestimmten Moment an diesem Freitagabend waren sie da, alle vier. Glücklich, ein bisschen beschwipst, sicher, dass sie einander haben. Und peng! war alles futsch.«
    »Möchtest du dich wieder hinsetzen?«, fragte Pascoe.
    »Nein. Ich mag das. Mir geht’s gut, ehrlich, Peter«, sagte sie und lehnte sich ein wenig zurück, »mir ist nur bewusst geworden, wie sehr ich die Illusion von Dauerhaftigkeit brauche. Lass uns heiraten. Oder zusammenziehen. Mir ist es egal, ich glaube nur, dass du dir in deinem Beruf mehr Freunde – und einen besseren Eindruck – machst, wenn du verheiratet bist. Was meinst du?«
    Die Band hatte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit erholt. Ohne Vorwarnung schuf sie neuerlich ein Klangchaos, und Pascoe wäre es schwer gefallen, eine hörbare Antwort zu geben. Aber er hatte auch gar keinen diesbezüglichen Versuch gemacht.
    Seine ganze Aufmerksamkeit war auf das andere Ende der Tanzfläche gerichtet. Da, das Gesicht vor Anstrengung gerötet, die Augen glänzend, den Mund zu einem schiefen Lächeln verzerrt, den Körper vor- und zurückschnellend wie ein kopulierender Affe, war nämlich James Cowley.
    Aber eigentlich war es seine Partnerin, die Aufmerksamkeit erregte mit ihrem langen roten Haar, dem großen sinnlichen Mund und dem tief ausgeschnittenen Kleid, das kaum einen Quadratzentimeter ihres in der Hitze des Gefechts heftig erbebenden Busens verhüllte.
    Pascoes erster Gedanke war, dass sie perfekt zu der wenn auch dürftigen Beschreibung jener Frau passte, die Lewis manchmal nach Lochart begleitete.
    Sein zweiter Gedanke war, dass das nicht der einzige Grund war, warum sie ihm so bekannt vorkam.
    Und sein dritter Gedanke, der jetzt wie ein geknackter Jackpot seinen Inhalt in Pascoes verblüfftes Gehirn ergoss, war, dass sich unter der Flammenmähne, dem strahlenden Make-up und dem eng anliegenden Kleid die unansehnliche, zurückhaltende ältere Sekretärin des Büros und bessere Hälfte von Cowleys schottischem Alibi verbarg – Marjory Clayton.
     
    Sehr zu Dalziels späterer Freude und Ellies momentanem Leid stellte sich Pascoe äußerst geschickt an. Er geleitete Ellie zurück zum Tisch, packte ihrer beider Sachen zusammen und schleifte sie, nicht ohne ihren Protest angesichts der

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