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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Sonnenstrahlen spannten sich von dem schmalen Fenster zu den im Dunkeln liegenden Wänden. Die Szene erinnerte an einen Sommernachmittag in einer viktorianischen Bank.
    Backhouse kam zurück. Er sah auf die Uhr.
    »Zu Fuß sind es zirka zehn Minuten bis zur Schule. Den Wagen lassen wir stehen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Klar.«
    »Gut. Ich verschaffe mir gern Bewegung, wenn’s irgendwie geht. Es gibt übrigens nichts Neues. Ich habe die Männer aus dem Wald geholt. Reine Zeitverschwendung. Befragungen von Haus zu Haus bringen sicher mehr.«
    Draußen stießen sie fast mit dem Mann in der gelben Lederjacke zusammen. In gespielter Verwunderung zog er die Augenbrauen hoch, als er sie sah.
    »Hallo, ihr Lieben«, sagte er. »Ein bisschen polypal seid ihr mir schon vorgekommen, drüben im Pub.«
    »Es war sehr freundlich von Ihnen, Sir, das für sich zu behalten«, erwiderte Backhouse höflich.
    »Keine Ursache. Ich bin ja schließlich nur als Beobachter hier. Ich hätte allerdings nichts gegen einen kleinen Tip. Wie komme ich zur Dorfschule? Ich dachte, ich könnte mir ja mal diese Untersuchung ansehen.«
    »Wir gehen auch da hin. Vielleicht möchten Sie sich uns anschließen?«, sagte Backhouse ein wenig zu Pascoes Überraschung.
    »Nun ja, entweder das oder hinterdrein, was aber vielleicht ein wenig sonderbar aussehen könnte. Und in diesem Dorf kann man es sich eigentlich nicht leisten, sonderbar auszusehen, nicht wahr? Die steinigen einen hier bestimmt, wenn man sonderbar aussieht.«
    »Mit dem Wirt im Pub sind Sie aber offenbar recht gut ausgekommen«, bemerkte Backhouse, als sie die kurvige, sonnenbeschienene Straße hinaufmarschierten.
    »Ja. Also ich bin ja von der Zeitung, und diese Kneipiers auf dem Land erhoffen sich immer ein bisschen Publicity in den Farbbeilagen, Sie wissen schon. Ich habe ein paar Artikel über die Küche in Dorfkneipen geschrieben, das Übliche halt: Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand, versäumen Sie nicht die gepflegte Schweinepastete.«
    »Sie müssen Anton Davenant sein«, sagte Backhouse.
    »Der bin ich. Sie sind aber ein ganz Schlauer. Klingt wie ein zotiges französisches Liedchen, nicht? Und Sie …?«
    »Backhouse. Detective Superintendent. Und das ist Sergeant Pascoe.«
    »Oh.«
    Pascoe merkte, wie der Mann ihn rasch musterte, als fertige er eine Blaupause von ihm an, auf die er bei Bedarf zurückgreifen konnte. Der Name Davenant kam ihm irgendwie bekannt vor. Er kam selten dazu, die Sonntagsbeilagen zu studieren, aber der Name war ihm erst vor gar nicht allzu langer Zeit untergekommen.
    »Die werden ganz schön neidisch sein, all die hartgesottenen Polizeireporter, wenn ich in so illustrer Gesellschaft antanze«, sagte Davenant.
    »Aus reiner Neugier«, fragte Backhouse, »was treibt Sie denn hierher, unter all die hartgesottenen Polizeireporter?«
    »Ich hatte einfach Glück, dass ich gerade in der Gegend war, mehr nicht. Und mein derzeitiger Auftraggeber wusste das und hat sich gleich gemeldet, als sich diese furchtbare Geschichte herumgesprochen hatte. Ich glaube, er erhofft sich etwas Ausgefallenes von mir. So was wie
Erlesene Morde
oder
Man nehme einen Mörder
. Er hat mit Wörtern wie
Atmosphäre
und
Menschen wie du und ich
um sich geschmissen, und zu guter Letzt (und da habe ich dann kapituliert) auch noch mit
Geld
. Doch genug über meine schillernde Persönlichkeit. Wie steht’s mit der Ihrigen? Was haben Ihre faszinierenden Ermittlungen zutage gefördert?«
    »Bis jetzt sehr wenig, Mr. Davenant«, antwortete Backhouse fröhlich, und blieb stehen, um eine prachtvolle Dahlienrabatte zu bewundern und seinerseits von mindestens drei schemenhaften Gestalten bewundert zu werden, die Pascoe hinter Spitzenvorhängen ausmachen konnte.
    Seltsamerweise gab sich Davenant mit dieser Auskunft zufrieden.
    »Das da oben muss die alte Dorfschule sein«, bemerkte er, »und da drüben erspähe ich den Dorfladen. Ich muss meinen Zigarettenvorrat aufstocken. Bitte warten Sie nicht auf mich. Es könnte sein, dass ich ein wenig verweilen muss, um Atmosphäre aufzusaugen.«
    »Verweilen Sie nicht zu lange«, meinte Backhouse, »es wird höchstwahrscheinlich im Handumdrehen vorbei sein.«
    Der Journalist verschwand in dem winzigen Laden, und die beiden Kriminalbeamten gingen weiter.
    »Sein Interesse an den Ermittlungen hält sich in Grenzen«, sagte Pascoe nachdenklich.
    »Stimmt. Ganz und gar nicht wie das der Meute, die sicher bald über uns herfallen wird.«
    Backhouse

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