Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Fernsehen.«
    Dieses Phänomen war Pascoe nicht unbekannt.
Zuschauersyndrom
hatte er es Dalziel gegenüber einmal genannt, der die Achseln gezuckt und gesagt hatte, es sei immer noch besser als Hahnenkämpfe und billiger als Striptease-Lokale, und was zum Teufel sei eigentlich ein
Syndrom
? Als Soziologen hatte es Pascoe früher oft fasziniert und als Polizisten manchmal geärgert. Aber jetzt bereitete es ihm Übelkeit und eine Mordswut. Es half überhaupt nichts, sich einzureden, dass die meisten der hemdsärmeligen Autofahrer und ihre Familien wahrscheinlich nur ihrer üblichen Samstagnachmittagsbeschäftigung nachgingen. Allein der Gedanke, dass einige von ihnen extra einen Abstecher gemacht hatten, um sich das Haus anzusehen, in dem vergangene Nacht drei Menschen erschossen worden waren, erfüllte ihn mit einer Verachtung, die keine Unterschiede machte.
    Vor Crowthers Haus angekommen, stieg er aus, ermannte sich gerade noch, dem Fahrer kurz zuzunicken, und ging schnell hinein.
    Überraschenderweise war Ellie auf den Beinen und angezogen. Sie war zwar blass, machte aber einen wachen Eindruck und wehrte seinen Versuch ab, sie zum Trost zu umarmen.
    »Haben sie Colin gefunden?«, war ihre erste Frage.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Was war los bei der Untersuchung?«
    »Vertagt.«
    »Ich hab dich gefragt, was los war. Die wurde bestimmt nicht eröffnet und gleich wieder vertagt, oder?«
    »Nein. Sie haben Personalien und Todesursachen zu Protokoll genommen.«
    »Erzähl’s mir.«
    Zuerst sträubte er sich, aber sie drängte ihn so lange und seine eigene Widerstandskraft war so gering, dass es letztendlich einfacher war, ihre Fragen zu beantworten als ihnen auszuweichen.
    »Es ist also zwischen acht und elf passiert?«
    »Ja. Schätzungsweise.«
    »Und Rose ist verblutet, während sie bewusstlos dalag.«
    »Ja.« Er sprach sehr leise. Ihm war klar, was nun kommen würde, und er wollte nicht, dass sie es sagte, aber er wusste nicht, wie er sie daran hindern sollte.
    »So ist das also. Nur wegen dir und deinem Scheißjob sind wir erst heute früh gekommen. Wir hätten das vielleicht alles verhindern können. Auf jeden Fall hätten wir Rose retten können, wenn wir rechtzeitig da gewesen wären. Hab ich das richtig verstanden?«
    »Ich glaube schon. Ja. Daran habe ich auch gedacht.«
    »Ach nein? Du hast auch daran gedacht. Mich würde interessieren, Peter, wie du je wieder wirst aufhören können, daran zu denken, verdammt noch mal.«
    Sie wandte sich ab vom Fenster, vor dem sie gestanden war, und sah ihn vorwurfsvoll an. »Hast du auch
daran
gedacht?«

Sechs
    W orum ich Sie bitten möchte, wenn Sie dazu in der Lage sind, Miss Soper«, sagte Backhouse mitfühlend, »ist Hintergrundinformation. Einfach alles, was Sie uns über Rose und Colin Hopkins erzählen können. Und über die beiden anderen natürlich.«
    Er war mitten in den erbitterten Streit hineingeplatzt, der auf Ellies Anschuldigungen gefolgt war. Crowther hatte ihm gemeldet, Ellie habe sich so weit erholt, dass sie aufstehen könne, und der Superintendent war so schnell wie möglich gekommen. Es gab zwar gar keinen Grund zur Eile bei der Befragung dieser Zeugin. Überhaupt gab es nun, wo der Apparat in Gang gebracht worden war und reibungslos lief, eigentlich keinen Grund mehr zur Eile. Sie hatten beschlossen, Fotos von Hopkins an Presse und Fernsehen weiterzugeben. Er wurde noch immer beschrieben als »ein Mann, mit dem die Polizei sprechen möchte«. Gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit davor gewarnt, diesen Mann, sollten er oder sein Wagen gesichtet werden, selbst zu stellen. Man solle sich bei der nächsten Polizeidienststelle melden.
    Alles, was sie jetzt tun konnten, war, sich hinzusetzen und abzuwarten, bis die ersten Meldungen hereinkamen, dass der Mann gesehen worden war.
    Ausdruckslos betrachtete Backhouse das Foto in seiner Hand. Es war nicht schlecht. Der Polizeifotograf hatte eine große Auswahl gehabt. Die Hopkins hatten bergeweise Schnappschüsse gesammelt. Es waren sogar ein paar Bilder dabei gewesen, auf denen ein extrem junger, aber ohne weiteres erkennbarer Peter Pascoe unbeschwert in die Kamera grinste. Was er aber jetzt in der Hand hielt, war das Gesicht, hinter dem sie her waren. Ein intelligentes Gesicht. Große Augen, ein Mund, der auf Humor schließen ließ, sich jederzeit zu einem Lächeln verziehen oder in lautes Gelächter ausbrechen konnte. Und doch haftete diesen Zügen etwas Gehetztes an. Das Foto von seiner Frau strahlte

Weitere Kostenlose Bücher