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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Truppe geblieben oder dorthin zurückgekehrt wäre. Aber der Junge war fest entschlossen gewesen. Eine Karriere als Theoretiker in der Verwaltung, für die er aufgrund seiner Ausbildung wohl prädestiniert war, hatte ihn nicht gereizt. Er wollte Kriminalbeamter werden.
    Und er macht seine Sache nicht schlecht, dachte Dalziel mit dem Stolz des Schöpfers, während er die sorgfältig angelegte Akte über die Einbruchsserie durchsah, die im Moment Pascoes Hauptbeschäftigung war. Sein eigenes Interesse speiste sich aus zwei Quellen. Ein einzelner Einbruch in ein Privathaus lockte in der Regel keinen Detective Superintendent hinter dem Ofen hervor. Aber eine derartige Serie – mittlerweile waren es elf, wahrscheinlich alle vom selben Täter verübt – erlangte allmählich den Status eines schweren Verbrechens. Insbesondere, wenn es Grund zur Annahme gab, der Einbrecher würde auch vor schwerster Gewaltanwendung nicht zurückschrecken, wenn er gestört wurde. Beim fünften Haus hatte der Besitzer einen Rentner, der in der Nachbarschaft kleinere Arbeiten verrichtete, damit beauftragt, sich in Abwesenheit der Familie um den Garten zu kümmern. Pflichtbewusst war der alte Mann an einem späten Sommerabend noch gekommen, um die Blumenbeete nach der Hitze des Tages zu gießen. Als er an der Küchentür vorbeiging, war ein Mann herausgekommen und hätte ihn beinahe umgerannt. Ohne zu zögern, war der Eindringling brutal auf ihn losgegangen, und nur dem Umstand, dass der Rentner Moped fuhr und seinen Sturzhelm noch aufhatte, war es zu verdanken, dass er keine schwereren Verletzungen davontrug. Aber die Wucht des Schlages, mit einer Brechstange wahrscheinlich, hatte tiefe Einkerbungen am Helm hinterlassen und ausgereicht, dessen Träger bewusstlos zu schlagen.
    Das war das einzige Mal, dass jemand den Einbrecher gesehen hatte, und die Beschreibung war nahezu unbrauchbar. Aber der Vorfall war äußerst besorgniserregend. Sämtliche Einbrüche waren verübt worden, während die Hausbesitzer in Urlaub waren. Wenn sich dieses Muster fortsetzte, waren Störungen eher unwahrscheinlich. Sollte es aber dennoch dazu kommen, könnte beim nächsten Mal vielleicht kein rettender Kopfschutz vorhanden sein.
    Erneut überkam ihn ein Hustenanfall, und er warf die Akte beiseite. Sorgfalt allein reichte nicht aus. Es gab nichts, was irgendwie richtungweisend gewesen wäre. Vielleicht war ja Pascoes Verstand auf so etwas programmiert. Er, Dalziel, brauchte eher etwas Animalisches: eine Fährte. In unbewusster Bekräftigung dieser Vorstellung schnüffelte er.
    Pascoe, fand er, musste auf Trab gebracht werden. Dann käme er auf andere Gedanken.
    »Mit Cottingleys Zeug sind wir jetzt schon bei zwölftausend.«
    »Dreizehntausendeinhundertfünfunddreißig«, präzisierte Pascoe. »Das ist zumindest die gesamte Versicherungssumme.«
    Er sah auf die Uhr. Er hatte versprochen, Ellie mittags anzurufen, und das war auch unbedingt nötig. Möglicherweise würden sie sich heute Abend nicht sehen können. Viel zu oft schon hatte er Verabredungen in letzter Minute absagen müssen. Vergangenen Freitag zum Beispiel.
    »Irgendwo muss er den Kram ja wieder loswerden.«
    »Daran hatte ich auch schon gedacht«, bemerkte Pascoe sarkastisch.
    Dalziel stand auf und stierte auf ihn hinunter, wobei er seine Lesebrille mit der dicken Fassung abnahm. Es war eine Drohgebärde.
    »Das reicht, Sergeant«, sagte er. »Sie haben ein schlimmes Wochenende hinter sich. Aber ich habe kein freundliches Wort von Ihnen gehört, seit Sie heute Morgen hier hereingekommen sind. Ich hoffe sehr, dass Sie sich bei Cottingley eines anderen Umgangstones bedient haben.«
    Für Dalziels Verhältnisse war das eine sehr mild formulierte Zurechtweisung, dennoch empfand Pascoe einen Anflug von Beschämung.
    »Tut mir leid, Sir«, sagte er. »Ich finde das alles so – naja – frustrierend … als ob …«
    Aber Dalziel war nicht in der Stimmung für ein klärendes Gespräch. Seine Schmerzen waren stärker geworden. Verdauungsstörungen, sagte er sich mit verzweifeltem Optimismus. Zu viel Essen und zu wenig Bewegung. Ein flotter Marsch zum Apotheker würde ihm gut tun.
    »Machen Sie sich auf die Socken, Sergeant«, sagte er matt. »Wir haben ein paar brauchbare Beschreibungen. Er wird sich ja wohl nicht nur seine Schubladen mit dem Kram voll stopfen. Irgendwo muss es wieder auftauchen.«
    Er ging. Pascoe hätte entrüstet, ja gekränkt sein müssen. Doch seltsamerweise fühlte er fast so

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