Der Lüge schöner Schein
Burne-Jones. Eine umgebaute Scheune, die er vom Sehen kannte, jedoch noch nie betreten hatte. In den Augen eines Polizisten waren alle Gebrauchtwarenläden, egal, ob sie nun vorgaben »Antiquitäten« oder »Trödel« zu verkaufen, verdächtig. Sie waren der beste und naheliegendste Umschlagplatz für Diebesgut. Doch seiner Erfahrung nach war es bei einem schicken Laden wie dem in Birkham weniger wahrscheinlich, dass er für solche Zwecke benutzt wurde, als bei einem in der Stadt. Es gab viel zu viele Möglichkeiten des legalen Betrugs beim Verkauf von »Antiquitäten«, als dass sich das Risiko der Hehlerei gelohnt hätte.
»Was werden Sie unternehmen?«, fragte Sturgeon.
»Wir werden uns natürlich dort umsehen. Ob es vielleicht auch noch andere Sachen von Ihnen gibt. Sie sagten, Sie haben die Briefmarken Samstagabend gesehen? Warum haben Sie sich nicht früher gemeldet?«
Sturgeon zuckte die Achseln. »Wollte Ihnen nicht das Wochenende damit versauen«, sagte er.
Pascoe stand auf und ging zu einem Aktenschrank, öffnete ihn und schaute hinein.
»Das war sehr freundlich von Ihnen«, sagte er nach einer Weile. Wenn seine Stimme komisch klang, dann bemerkte Sturgeon das jedenfalls nicht. Er saß da und starrte dumpf auf den Schreibtisch vor ihm.
Die Marken interessieren ihn überhaupt nicht, dämmerte es Pascoe plötzlich. Er ist wegen etwas anderem da.
Er holte eine Akte aus der geöffneten Schublade.
»Wir haben hier ein Inventar Ihrer Sachen, Mr. Sturgeon. Das wäre dann Nummer 27 auf der Liste, oder?«
Sturgeon sah auf das Blatt und nickte. Schnell und sicher entwarf Pascoe eine Aussage, die der andere unterschrieb. Doch als er damit fertig war, wollte Sturgeon offensichtlich noch nicht gehen.
»Sergeant«, sagte er, »könnten Sie etwas für mich tun?«
»Kommt darauf an«, erwiderte Pascoe.
Sturgeon zog einen Zettel hervor. Ein Name und eine Adresse standen darauf. Er gab ihn Pascoe, der ihn las, ohne etwas damit anfangen zu können.
Archie Selkirk, Strath Farm, Lochart, bei Callander.
»Lochart ist ein Dorf in Perthshire«, erklärte Sturgeon. Er sprach schnell, als wollte er es hinter sich bringen. »Es gibt einen Police-Sergeant dort. Wird alles ziemlich genauso sein, wie in den Dörfern hier in der Gegend – jeder weiß alles von jedem. Könnten Sie diesen Sergeant anrufen und fragen, was er über diesen Mann weiß?«
»Archie Selkirk?«, fragte Pascoe nachdenklich. »Ich weiß nicht, Mr. Sturgeon. Was wollen Sie denn eigentlich wissen?«
»Nichts«, sagte Sturgeon. »Nichts Besonderes. Einfach nur, was die über ihn wissen. Können Sie mir helfen?«
»Naja, mal sehen, was sich machen lässt. Aber die Leute haben ein Recht auf Ihre Privatsphäre, nicht wahr, Mr. Sturgeon? Man kann die Polizei nicht einfach wie einen Informationsdienst benutzen. Wir brauchen schon einen Grund, um Fragen zu stellen.«
Seinen Stuhl ärgerlich von sich stoßend, stand Sturgeon auf.
»Wenn Sie nichts tun können, können Sie eben nichts tun«, schnaubte er und wollte zur Tür.
»Moment!«, sagte Pascoe. »Ich habe doch gesagt, ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»Wie Sie meinen«, gab Sturgeon frostig zurück, ging und schloss die Tür nachdrücklich hinter sich.
Pascoe wollte ihm nacheilen, dann sagte er »Scheiße!« und setzte sich hin. Sein Geschäft war das Verbrechen. Heute würde er dabeibleiben und die Sozialarbeit anderen überlassen.
Er stopfte sich Sturgeons Zettel in die Brusttasche und ging zum Mittagessen hinunter in die Kantine.
Er verbrachte einen anstrengenden, aber völlig unproduktiven Nachmittag. Papierkram, wohin er sah und der einzige Ausflug, den er wagte, wurde ebenfalls zu einer Schlappe. An der Tür des Ladens von Etherege und Burne-Jones in Birkham hing das Schild »Geschlossen«, und auf dem Rückweg hatte er eine Reifenpanne. Er wechselte den Reifen in Rekordzeit, entschlossen, wenigstens den Abend zu retten.
Seine Eile war unnötig gewesen. Als er Ellie um halb sechs anrief, um ihr zu sagen, dass er sich wahrscheinlich heute Abend freimachen konnte, antwortete sie mit einer Stimme, die vor Erschöpfung ganz weit weg klang.
»Ich bin k. o., Peter«, sagte sie. »Es hat mich am Nachmittag erwischt. Ich musste eine Vorlesung absagen. Die glauben jetzt wahrscheinlich, ich sei schwanger. Oder, eher noch, im Wechsel.«
Ihr Versuch, einen leichten Ton anzuschlagen, scheiterte kläglich.
»Warst du beim Arzt?«, fragte Pascoe besorgt.
»Nein, zum Teufel. Ich hab
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