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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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fuhr ihm nach.
     
    Sie glühte am ganzen Körper. Gleichzeitig fror sie erbärmlich. Sie hätte die nassen Sachen schneller ausziehen müssen. Jetzt trug sie die warme, weite Wollhose und einen dicken Pulli mit Rollkragen. Die Arme um den Körper geschlungen, kauerte sie auf dem Sofa und starrte vor sich hin. Sie sehnte sich nach einer Wärmflasche. Und nach ihrer Mutter. Sie hatte schon so viel allein durchgemacht. Das hier überstieg ihre Kräfte.
    Sie überwand sich und stand auf, um sich noch einen Tee aufzubrühen. Der wärmte von innen. Er dämpfte das Hungergefühl und gab ihr sogar ein bisschen Trost. Sie würde den Tee trinken und wieder ins Bett gehen. Ihre Lider waren so schwer, dass es sie Anstrengung kostete, die Augen offen zu halten.
    »Nicht weinen«, flüsterte sie. »Nicht weinen.« Und die Tränen rollten ihr über die Wangen
     
    Ich hatte mir immer schon mal gewünscht, in ein Taxi zu springen und dem Fahrer zuzurufen: »Folgen Sie dem Wagen da vorne!« Im Film begann an dieser Stelle jedes Mal eine wilde Verfolgungsjagd.
    Die Wirklichkeit war anders. Im Schritttempo zuckelten wir durch die verstopfte Stadt Richtung Autobahn. Zeit genug, mir zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Ich hatte blind meinem Gefühl vertraut, als ich beschloss, Ruben Helmbach nachzufahren. Ich hatte keinen Plan und ich war allein. Es war bestimmt ratsam, Mike zu informieren.
    Mit der rechten Hand nestelte ich am Reiߟverschluss meiner Handtasche und tastete nach dem Handy. Es war nicht da. Verdammte Kacke! Ich hatte es am Morgen aufgeladen und vergessen, es wieder von der Steckdose zu nehmen.
    Musste ich Mike eben von einer Telefonzelle aus anrufen. Gab es überhaupt noch öffentliche Münztelefone? Eine Karte besaߟ ich längst nicht mehr. Und Münzen? Ich griff noch mal in meine Tasche. Und stellte fest, dass auch meine Geldbörse fehlte.
    Toll. Ich hatte wirklich das Zeug zu einer Detektivin. Sollte ich umkehren? Den Kommissar einweihen? Aber der glaubte uns ja sowieso nicht. Er hatte dem Artikel in 
Handwerk und Kunst
 nicht den Hauch einer Bedeutung beigemessen. Er hatte lediglich einen flüchtigen Blick darauf geworfen.
    Nein. Den Kommissar einzuweihen hatte keinen Zweck. Nicht, bevor wir eine echte Spur gefunden hätten.
    Ich musste mich ja nicht in Gefahr begeben. Ich konnte mir einfach angucken, wie Ruben Helmbach so wohnte, ein bisschen rumschnüffeln und dann immer noch entscheiden, wie weit ich mich auf die Geschichte einlieߟ.
    Der Mercedes bog zur Autobahn ab. Gut, dass ich den Wagen meiner Mutter fuhr. So leicht würde er mich nicht abhängen können.
     
    Hartmut Schatzer war knapp über sechzig, ein mittelgroߟer, schwerer Mann mit langen grauen Haaren, die er im Nacken gebunden trug. Er begrüߟte Mike und setzte sich mit ihm ins Büro, einen kleinen, hellen Raum.
    Mike hatte noch nie einen so überladenen Schreibtisch gesehen. Es war ihm ein Rätsel, wie sich jemand zwischen all den Bücherstapeln und Lagen von Papier zurechtfinden konnte, ohne in Depressionen zu versinken.
    Eine offen stehende Tür lieߟ den Blick in das Nebenzimmer frei. Dort waren Bilder und Rahmen an die Wand gelehnt. Auf einem langen Holztisch wurden offenbar Passepartouts geschnitten. Papierstreifen bedeckten den Boden. An der Tür lehnte ein Besen.
    »Kaffee?«
    »Danke, sehr freundlich. Ich habe am Bahnhof schon einen getrunken«, log Mike.
    »Dann schieߟen Sie mal los.«
    Mike stellte die Fragen, die er sich im Zug zurechtgelegt hatte, und notierte sich die Antworten. In den ersten Minuten befürchtete er noch, Schatzer würde ihm seine Rolle als freier Journalist nicht abnehmen. Doch nach einer Weile glaubte er fast selbst daran.
    Irgendwann hörte er auf, bei Begriffen wie 
Unmittelbarkeit der Farben
 oder 
Zwanghaftigkeit der Form
 zusammenzuzucken. Es gelang ihm sogar, mit 
Wahrheit der Lüge
 noch eins draufzusetzen.
    Er hatte das Gefühl, so richtig in Fahrt zu sein, als Schatzer sich zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte.
    »Und weshalb sind Sie wirklich hier, mein Junge?«
    Nichts hatte er ihm abgenommen und Mike kam sich vor wie der letzte Depp.
    »Woran haben Sie es gemerkt?«, fragte er.
    Schatzer lachte. »An Ihrer Ernsthaftigkeit. Hab schon lange keinen mehr von der Presse hier gehabt, dem es um die Sache ging. Also. Was läuft ab?«
    Mike hatte das spontane Bedürfnis, ihm reinen Wein einzuschenken. Dennoch entschied er sich anders. Er gab sich als Bewunderer von

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