Der Maedchenmaler
Ruben Helmbach aus, der Informationen wollte und vielleicht ein bezahlbares Bild.
Diese Rolle kaufte Schatzer ihm tatsächlich ab. Und er hatte Lust auf Geschichten. Er zündete sich einen Zigarillo an, rückte sich gemütlich auf seinem Stuhl zurecht und fing an zu erzählen.
Er würde die beiden Interviews hinter sich bringen und verschwinden. Das Gespräch mit Judith konnte warten. Er war unruhig. Die Stunden ohne Ilka wurden ihm lang.
»Büro Ruben Helmbach?«
Er lächelte. Typisch Judith. Sie schirmte ihn nach außen mit einem perfekt gestylten Image ab. Heutzutage sei das nötig, behauptete sie. Nicht die Kunst stehe im Mittelpunkt, sondern ihre Vermarktung.
Solange er bei seinen Bildern keine Kompromisse einzugehen brauchte, war ihm das egal. Judiths Geschäftssinn wirkte sich äußerst positiv aus. Er selbst hätte nie die Energie aufgebracht, eine so konsequente Ordnung in seinen Angelegenheiten zu schaffen.
»Hallo, Judith.«
Er fühlte beinah, wie sie errötete. Ihre Stimme wurde ein wenig atemlos.
»Hi, Ruben.«
»Ich bin unterwegs zu dir«, sagte er und dachte, wie zweideutig das doch klang.
Wahrscheinlich hatte sie denselben Gedanken gehabt, denn sie reagierte mit einem nervösen Lachen auf seine Worte.
»Hör zu, Judith. Ich musste meine Pläne kurzfristig ändern. Ich wickle die beiden Interviews ab, dann bin ich wieder weg. Unser Gespräch verschieben wir auf nächste Woche. Ist das okay?«
Sie antwortete nicht.
»Judith?«
»Wenn du meinst.«
Sie bemühte sich nicht, die Kälte in ihren Worten zu überspielen. Sie versuchte auch nicht, ihn umzustimmen. Es hatte sich mehr zwischen ihnen geändert, als er angenommen hatte.
»Bist du sauer?«, fragte er.
»Wieso sollte ich? Du bist der Boss.«
Sie hatte die Fronten klar verteilt. Ruben seufzte. So war es noch nie gewesen zwischen ihnen. Sie hatten ein starkes Team gebildet und in Freundschaft miteinander gearbeitet. Er wollte es sich nicht mit ihr verderben. Im Augenblick brauchte er sie dringender denn je. Es war notwendig, dass sie die Stellung hielt. Wenigstens noch die paar Tage, bis Ilka wieder zu ihm zurückgefunden hätte.
»Hab ich jemals den Chef hervorgekehrt?«
Er wusste, wie seine Stimme klingen musste, damit Judith dahinschmolz.
»Ruben...«
»Hab ich dich jemals wie eine Angestellte behandelt, Judith?«
»Nein...«
»Dann hab jetzt Vertrauen und glaub mir, dass ich meine Pläne nicht freiwillig geändert habe.«
...
»Judith?«
»Du hast ja Recht. Entschuldige bitte.«
Er schaltete das Handy aus. Dann gab er Gas. Er hatte schon viel zu lange getrödelt.
Auf einmal wurde er schneller. Ich versuchte mitzuhalten, wurde aber von einem Fiesta ausgebremst, der so lange die linke Spur blockierte, bis Ruben Helmbachs Wagen aus meinem Sichtfeld verschwunden war.
Ich hatte ihn verloren. Die S-Klasse war um einiges schneller als der Audi meiner Mutter und der Abstand zu groß.
Glücklicherweise hatte ich mir die Adresse eingeprägt. Togstadt. Rotdornweg 37. Ich würde Ruben Helmbachs Haus auch allein finden. Es gab in jeder Stadt eine Tankstelle oder einen Taxistand, wo man nachfragen konnte. Ich drosselte das Tempo ein wenig und entspannte mich.
Bert schaute auf die Uhr. Zwei Stunden waren seit seinem Telefonat mit Jette vergangen. Er rief noch einmal bei ihr an, doch es nahm niemand ab. Vielleicht war ihr etwas dazwischengekommen. Die jungen Leute lebten in einem anderen Tempo. Da hatten ganz andere Dinge Gewicht.
Er beschloss, das leise Aufflackern von Unruhe mit einem Kaffee zu betäuben. Vor dem Automaten traf er eine Kollegin, die erst seit einigen Wochen bei ihnen war. Auch sie war noch ziemlich jung, wenn auch ein gutes Stück älter als Jette. Sie teilte seine Sucht nach Koffein und sie unterhielten sich eine Weile darüber. Als er danach in sein Büro zurückkehrte, hatte er den unangenehmen Verdacht, allmählich zu den Dinosauriern seines Berufsstands zu gehören. Er hatte sich noch nie in seinem Leben so alt gefühlt.
Margot rief an, um ihn daran zu erinnern, dass sie für den Abend mit Freunden verabredet waren. Sie wollten nach langer Zeit endlich einmal wieder ins Kino. Und vorher gemütlich irgendwo essen.
Ihre Stimme klang wie früher, ein bisschen so wie das Zwitschern eines Vogels. Bert hatte ein schlechtes Gewissen. Wie wenig sie eigentlich brauchte, um glücklich zu sein. Wieso war er nicht in der Lage, ihr dieses Wenige zu geben?
Um seine Schuldgefühle loszuwerden und um
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