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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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er wirklich bereit gewesen, seine Familie zu verlassen? Er hatte zu viel Phantasie, das war sein Problem. Lächelnd drehte er sich zu Jette um, die am Türpfosten lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt, die Schultern nach vorn geschoben, als wäre ihr kalt.
    »Das wäre erledigt«, sagte er und war sich der Zweideutigkeit seiner Worte bewusst. »Sehen wir mal weiter.«
    Imke Thalheims Schlafzimmer war so, wie er es sich vorgestellt hatte, sparsam möbliert und von kühler Eleganz. Es passte zu ihr, zu ihrer Schönheit und Intelligenz. Auch in diesem Raum gab es Bücher, wie in allen übrigen Zimmern, allerdings waren es hier nur wenige. Bert las ein paar Titel. Es waren keine Krimis darunter.
    Nicht einmal das Chaos, das die Einbrecher angerichtet hatten, störte die angenehme Ruhe dieses Zimmers. Bert betrachtete die Handtücher und Wäschestücke auf dem Boden mit einem Gefühl der Scham, so als hätte er kein Recht, sie anzuschauen. Ich bin Polizist, sagte er sich. Das hier gehört zu meiner Arbeit.
    Doch auch Jette schien zu spüren, dass die Privatsphäre ihrer Mutter verletzt wurde. Rasch raffte sie ein paar Wäschestücke zusammen und stopfte sie in den Schrank zurück.
    »Meine Mutter wird alles waschen«, sagte sie, »das weiߟ ich. Nicht nur das, was auf dem Boden liegt. Der Gedanke, dass wildfremde Männer in ihren Sachen herumgewühlt haben, ist wirklich ekelhaft.«
    Bert wandte nicht ein, dass auch Frauen Einbrüche begingen. Das gewaltsame Eindringen in die Privatsphäre eines anderen Menschen war immer widerwärtig, egal um wen es sich bei dem Eindringling handelte.
    »Haben Sie Lust auf einen Kaffee?«, fragte Jette. Sie schien sich gefangen zu haben. Ein Hauch von Farbe hatte sich auf ihre Wangen gelegt, und ein Teil der Lebhaftigkeit, die Bert an ihr kannte, war zurückgekehrt. »Ich könnte uns schnell einen machen.«
    »Gern.« Bert steckte das Notizbuch in die Tasche seines Sakkos und folgte Jette in die Küche. Die Katzen lagen träge ausgestreckt in der Diele. Bert beneidete sie. Um die Sorglosigkeit, mit der sie die Tage verschwendeten, und darum, dass sie das Leben einer Frau wie Imke Thalheim teilen durften.
    »Oder möchten Sie lieber einen Espresso?«
    Jettes Stimme holte Bert aus seinen Gedanken zurück.
    »Ein Kaffee wär prima.«
    Selbst an einem so dunklen Tag wie diesem wirkte die Mühle nicht düster. Sie hatte etwas Heiteres, das ganz unabhängig vom Sonnenlicht existierte. Es zeigte sich überall, in jedem Raum und jedem Winkel. Die schwarz-weiߟen Fliesen des Küchenbodens erinnerten Bert an Urlaube in Italien. An laue Abende auf den Terrassen kleiner Pensionen. Geflüsterte Worte. Rotweingefunkel. Den Gesang der Zikaden. Und Nächte, in denen es niemanden zu geben schien als Margot und ihn. Das war lange her.
    »Werden Sie Ihre Mutter informieren?«, fragte er.
    Jette stellte zwei dampfende Tassen Kaffee auf den Tisch und setzte sich zu ihm.
    »Ich glaube nicht.« Sie lächelte. »Sonst bricht sie sofort ihre Lesereise ab und ist morgen wieder hier, um sich um alles zu kümmern. Dabei hatte ich alle Hände voll zu tun, um sie überhaupt aus dem Haus zu lotsen.«
    »Das klingt, als wäre sie nicht gern unterwegs.« Wie gut es tat, über Imke Thalheim zu sprechen. Als wäre er ihr wenigstens in den Worten nah.
    »Sie bekommt schnell Heimweh. Und sie sorgt sich um mich. Immer schon, aber seit... seit damals lässt sie mich kaum noch aus den Augen. Ich weiߟ ja, dass sie mich beschützen will, aber ich bin kein Kind mehr. Und das will sie einfach nicht begreifen.«
    Oh doch, dachte Bert. Genau das ist es ja. Sie 
hat
 es begriffen.
    »Und Sie und Merle?«, fragte er. »Wie geht es Ihnen?«
    »Wir haben Caros Zimmer vermietet. An einen wirklich netten Typen. Mike heiߟt er. Vielleicht geht das, ein Zusammenleben mit einem, der uns nicht an sie erinnert.«
    Bert nickte. Möglicherweise war das die beste Therapie, jemanden in die Wohngemeinschaft zu holen, der unbelastet war, der frischen Wind mitbrachte und positive Energie. Ein Neuanfang.
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und hörte Jette zu, die ihm von Merle und Mike erzählte, als sei er ein alter Freund und nicht ein Polizeibeamter. In ihren Augen sah er etwas aufflackern, das Lebensfreude sein konnte. Oder Lebenslust. Vielleicht auch nur Neugier auf das Leben. Egal was es war, es würde ihr helfen, wieder auf die Beine zu kommen, und das wünschte er ihr von Herzen.
     
    lka fuhr nicht gern mit dem Zug, weil

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