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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Jette und Merle. Sie hatten Bert ins Handwerk gepfuscht und seine Arbeit verdoppelt, wenn nicht verdreifacht. Jette wäre zum Schluss fast dabei draufgegangen.
    Er hatte sie ins Herz geschlossen damals, absolut unprofessionell, hatte solche Angst um sie ausgestanden, dass er sich nie mehr würde einreden können, er sei erfahren und abgebrüht, ein Polizist aus Fleisch und Blut.
    Mit dem Fall hatte er auch den Kontakt zu Imke Thalheim verloren. Er hatte angefangen, ihre Bücher zu lesen, doch das war kein Ersatz für Gespräche, Blicke, Berührungen.
    Beschämt über Sehnsüchte, die er nicht wahrhaben wollte, hatte er versucht, sich intensiver um seine Familie zu kümmern. Der Fall hatte ihn verändert. Ihn selbst und seine Sicht auf die Dinge. Nichts würde mehr so sein, wie es vorher gewesen war.
    Und nun fuhr er wieder die kiesbedeckte Auffahrt zur Mühle hinauf, sah das wunderschöne alte Gebäude und Jettes klapprigen Renault davor. Er parkte daneben, stieg aus und sah sich aufmerksam um.
    Nichts wirkte verdächtig, nirgendwo entdeckte er einen Schatten oder eine Bewegung. Langsam näherte er sich der Eingangstür. Als er bis auf einen Schritt herangekommen war, öffnete sie sich, und Jette stand vor ihm.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie. »Sie sind weg.«
    Sie war noch schmaler geworden, ihr Gesicht wirkte spitz und viel zu ernst. Sie war sehr blass. Kein Wunder bei dem, was ihr gerade zugestoߟen war.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte er besorgt.
    Sie nickte und schenkte ihm ein Lächeln, das ihn tief berührte. Es war so tapfer, so vertrauensvoll, so ganz und gar von innen kommend. »Ja«, sagte sie. »Ich hab mich wieder beruhigt.«
    Ihre Antwort war doppeldeutig. Sie konnte sich auf den Einbruch beziehen oder auf die Ereignisse des vergangenen Sommers. Bert hakte nicht nach.
    Zusammen gingen sie durchs Erdgeschoss. Offenbar hatten die Einbrecher (vieles sprach dafür, dass es nicht nur eine Person gewesen sein konnte) es ausschlieߟlich auf Bargeld und Schmuck abgesehen, denn von den kostbaren Bildern an den Wänden fehlte keines und auch die wertvollen Möbel und das Silberbesteck waren nicht angerührt worden.
    Obwohl die Einbrecher in der Abgeschiedenheit der Mühle ungestört die Terrassentür hätten einschlagen können, hatten sie sich entschieden, durch ein Kellerfenster einzusteigen. Bert erkannte im ersten Moment keinen Grund dafür.
    »Die Mühle liegt an einer Wanderroute«, erklärte Jette ihm. »Es hätten jederzeit Wanderer vorbeikommen können.«
    Zerbrochenes Glas knirschte unter ihren Schuhen. Bert machte sich Notizen. Er spürte, wie Jette ihn beobachtete.
    »Ich wusste nicht, ob ich Sie anrufen durfte«, sagte sie, »oder ob vielleicht jemand anders dafür zustän€dig ist.«
    »Sie dürfen mich jederzeit anrufen«, unterbrach er sie. »Das wissen Sie doch.«
    Jette nickte. Sie wartete, bis er fertig war, und führte ihn in den ersten Stock. Sie bewegte sich mit einer solchen Selbstverständlichkeit in diesem Haus, dass man denken konnte, sie gehe hier tagtäglich ein und aus. Das stimmte jedoch nicht, wie Bert wusste. Jette strampelte sich frei. Sie sah ihre Bestimmung nicht darin, die Tochter einer berühmten Mutter zu sein. Und es würde ihr gelingen, den Paris Hiltons dieser Welt ein Beispiel zu geben, da war Bert sich ganz sicher. Irgendwann, wenn sie die Schrecken des Sommers verarbeitet hätte.
    »Das Arbeitszimmer.« Sie blieb an der Tür stehen.
    Ein schöner Raum. Hier schrieb Imke Thalheim also ihre Bücher. Hier verbrachte sie den gröߟten Teil ihrer Zeit. Es war, als könnte man ihre Gedanken noch spüren.
    Bert sah sich um und notierte seine Beobachtungen. Für eine Weile blieb er am Fenster stehen. Der Frost schien in der Luft zu knistern. Weites, weiߟ behauchtes Land, so weit der Blick reichte. Mitten in der Leere ein Bussard auf einem Zaunpfahl, reglos, wie eine Skulptur aus dunklem Eis.
    Es war so ganz anders als im Sommer. In diesem langen, heiߟen, nicht enden wollenden Sommer. Damals hatten Schafe auf den Wiesen gegrast. Bert hatte ihr Blöken gehört und das Plätschern des Bachs. Es war noch gar nicht so lange her. Seine Träume hatten die Flügel ausgebreitet, sich aufgeschwungen und einen schmerzhaften Absturz erlebt.
    Eine Weile hatte er es für möglich gehalten - er und sie. Er hatte sich sogar Worte für Margot und die Kinder zurechtgelegt. Erklärungen. Abschiedsversuche. Hatte alle moralischen Skrupel vorweggenommen und gelitten wie ein Hund.
    War

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