Der Maedchensammler
nicht vor ihm auf der Hut sind.«
»Aber die sehen doch nicht alle aus wie Jane.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Und dieser Wahnsinnige ist offenbar auf der Suche nach Frauen, die aussehen wie sie. Er will jede Frau töten, die aussieht wie Jane.«
»Er weiß nichts von Janes Existenz.«
»Dann sucht er eben nach einer Frau, die einer Exgeliebten oder seiner Mutter ähnlich sieht. Nach einer mit Janes Gesichtszügen.«
»Das würde dem Profil des Serienmörders entsprechen.«
»O ja, mit diesen Profilen kenne ich mich aus«, sagte sie zitternd. »Die habe ich nach dem Mord an Bonnie so lange studiert, bis ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand. Auf jeden Fall wird dieser Perverse sich nicht an Jane vergreifen. Ich werde nicht zulassen, dass so etwas noch einmal passiert.«
»Nein, es wird nicht noch einmal passieren«, sagte Joe leise.
»Dafür werde ich sorgen. Glaubst du vielleicht, du bist die Einzige, die Jane liebt?«
Nein, natürlich liebte er Jane. Aber er hatte keine Tochter verloren. Er wusste nicht, wie es war, von der Angst verfolgt zu werden, dass es noch einmal geschehen könnte.
»Ich weiß.« Joe musterte ihr Gesicht. »Du solltest wissen, dass mir klar ist, was in dir vorgeht. Wer kennt dich besser als ich?«
Niemand. Und es war nicht fair, wie sie mit ihm umging. Die Angst trübte ihr Urteilsvermögen. »Es tut mir leid. Du machst dir natürlich ebenso große Sorgen wie ich. Also, was machen wir jetzt?«
»Wir werden Trevor kontaktieren und alles in Erfahrung bringen, was die bei Scotland Yard über diesen Mörder wissen.
Seine E-Mail war bestenfalls dürftig. Ich habe heute Nachmittag um drei versucht, ihn auf seinem Handy anzurufen, aber nur seine Mailbox erreicht. Ich habe ihn um Rückruf gebeten.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Es ist nach Mitternacht. Es wird wohl noch ein paar Stunden dauern, bis wir von ihm hören.
Da drüben ist es jetzt erst fünf Uhr früh.«
»Ruf ihn noch mal an. Egal, ob du ihn weckst.«
Er nickte. »Wir müssen unbedingt rausfinden, woher die wussten, dass der Mörder den Atlantik überqueren würde, obwohl sie nicht mal seinen Namen kennen. Wenn die bei Scotland Yard schon seit drei Jahren an dem Fall dran sind, müssen die irgendwelche Theorien über den Täter haben. Wir müssen seine Beweggründe kennen, wenn wir voraussagen wollen, was er als Nächstes tun wird.«
»Man braucht sich doch nur diese Fotos anzusehen, dann kennt man seine Beweggründe.« Aber sie konnte den Anblick der Bilder nicht länger ertragen. Sie machten ihr zu viel Angst.
Sie wandte sich ab. »Ich werde mal nach Jane schauen.«
»Es geht ihr gut, Eve. Wir sind im Zimmer nebenan.«
»Das haben sich die Eltern des kleinen Mädchens aus Kalifornien wahrscheinlich auch gesagt, bevor der Mörder in ihr Haus eingestiegen ist.«
»Jane ist kein kleines Mädchen. Sie ist zäh und klug, und wer sich mit ihr anlegt, sollte sich lieber vorsehen.«
»Niemand wird sich mit ihr anlegen. Niemand wird ihr etwas zuleide tun«, fauchte sie. »Das werde ich nicht zulassen. Nicht noch einmal. Ruf diesen Trevor an und quetsch ihn aus. Wir werden diesen Wahnsinnigen finden, bevor er Jane findet.«
Jane schlief friedlich.
Diesmal keine Träume, dachte Eve, während sie sie anschaute.
Doch, falls sie Träume hatte, dann mussten es schöne sein.
Oder? Sie konnte sich nicht erinnern, dass Jane ihr je von irgendwelchen Träumen erzählt hatte. Vielleicht hätte sie sie längst einmal danach fragen sollen. Jane hatte sich so mühelos in ihr Leben eingefügt, dass ihr vieles einfach selbstverständlich erschienen war. Eigentlich erstaunlich, denn Jane besaß eine ebenso starke Persönlichkeit wie Eve. Aber sie war nie zu ihr in Konkurrenz getreten, sondern hatte sie und Joe gleichermaßen ins Herz geschlossen, sich ihren Platz in der Familie erarbeitet und wollte nie etwas geschenkt haben.
Was für ein außergewöhnlicher Mensch sie doch war.
Und niemand würde diesem Menschen auch nur ein einziges Haar krümmen.
Eve riss sich los und verließ das Zimmer. Sie ging an Joe vorbei, der gerade telefonierte, wahrscheinlich mit Trevor, und trat auf die Veranda hinaus. Sie setzte sich auf die oberste Stufe und lehnte den Kopf gegen das Geländer. Die Luft war kalt und klar, und der See lag ganz still da. Es war wunderbar und vertraut, und es war ihr Zuhause.
Aber das Zuhause konnte sich in einen Ort der Verzweiflung und des Schreckens verwandeln. Wer wusste besser als sie, dass man
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