Der magische Pflug
sich im Schlaf. Alvin berührte ihn an der Schulter, weckte den Jungen. Dann kniete er neben dem Bett nieder und erzählte dem Jungen alles, was in der Nacht passiert war. Er zeigte ihm den goldenen Pflug, zeigte ihm, wie er sich bewegte. Arthur lachte entzückt. Und dann erzählte Alvin ihm, daß die Frau, die er sein ganzes Leben lang Mama genannt hatte, tot war, von den Suchern getötet, und Arthur weinte.
Aber nicht sehr lange. Er war noch zu jung, um lange zu weinen. »Du sagst, sie hat selbst einen getötet, bevor sie gestorben ist?«
»Mit dem Schrotgewehr deines Pas.«
»Gut für sie!« meinte Arthur Stuart, und es klang so heftig, daß Alvin über den Kleinen beinahe hätte lachen müssen.
»Den anderen habe ich selbst getötet. Den, der sie erschossen hat.«
Arthur griff nach Alvins rechter Hand und öffnete sie. »Hast du ihn mit dieser Hand getötet?«
Alvin nickte.
Arthur küßte ihm die Handfläche.
»Ich hätte deine Mama wieder geheilt, wenn ich gekonnt hätte«, erklärte Alvin. »Aber sie ist zu schnell gestorben. Selbst wenn ich sofort nach dem Schuß neben ihr gestanden hätte, hätte ich es nicht mehr geschafft.«
Arthur Stuart legte Alvin die Arme um den Hals und weinte wieder.
Es dauerte einen ganzen Tag, bis Old Peg schließlich unter der Erde war, oben auf dem Hügel neben ihren eigenen Töchtern und Alvins Bruder Vigor und Arthurs Mama, die so jung gestorben war. »Das ist ein Platz für tapfere Menschen«, sagte Dr. Physicker, und Alvin wußte, daß er recht hatte, auch wenn Physicker nichts von dem entlaufenen schwarzen Sklavenmädchen ahnte.
Alvin wusch die Blutflecken vom Boden und von der Treppe des Gasthofs, wobei er seine Gabe nutzte, um zu entfernen, was Lauge und Sand übrigließen. Es war sein letztes Geschenk an Horace oder Peggy. Margaret. Miss Larner.
»Ich muß jetzt gehen«, teilte er ihnen mit. Sie saßen im Gasthof auf ihren Stühlen, wo sie den ganzen Tag Kondolierende empfangen hatten. »Ich bringe Arthur zu meiner Familie in Vigor Church. Dort ist er in Sicherheit. Und dann ziehe ich weiter.«
»Danke für alles«, sagte Horace. »Du warst uns ein guter Freund. Old Peg hat dich geliebt.« Dann brach er wieder weinend zusammen.
Alvin klopfte ihm ein paarmal auf die Schulter, schließlich schritt er zu Peggy hinüber. »Alles, was ich bin, Miss Larner, schulde ich Euch.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Alles, was ich Euch gesagt habe, habe ich auch so gemeint. Und ich meine es immer noch.«
Wieder schüttelte sie den Kopf. Er war nicht überrascht. Nun, da ihre Mutter tot war, ohne jemals erfahren zu haben, daß ihre eigene Tochter nach Hause zurückgekehrt war, erwartete Alvin nicht von ihr, daß sie einfach aufstand und mitging. Irgend jemand mußte Horace Guester ja im Gasthof helfen. Das leuchtete alles ein. Und doch stach es ihn ins Herz, denn jetzt wußte er mehr denn je, daß die Wahrheit war – daß er sie liebte. Aber sie war nicht für ihn bestimmt. Soviel war klar. Das war sie nie gewesen. Eine so gebildete und feine und schöne Frau – sie konnte seine Lehrerin sein, aber niemals konnte sie ihn so lieben, wie er sie liebte.
»Nun, ich schätze, dann werde ich mich wohl verabschieden«, meinte Alvin. Er streckte die Hand aus, obwohl er wußte, daß es irgendwie albern war, jemandem die Hand zu schütteln, der so trauerte wie sie. Aber es verlangte ihn so sehr danach, die Arme um sie zu legen und sie so festzuhalten, wie er Arthur Stuart in seiner Trauer festgehalten hatte, und ein Handschlag war immer noch das, was dem am nächsten kam.
Sie bemerkte seine Hand und griff danach. Nicht um sie zu schütteln, sondern um sie zu halten, ganz fest. Das überraschte ihn. In den folgenden Monaten und Jahren würde er noch sehr oft daran denken, wie fest sie seine Hand gehalten hatte. Vielleicht bedeutete es, daß sie ihn liebte. Vielleicht bedeutete es aber auch nur, daß sie für ihn als Schüler etwas übrig hatte, oder daß sie ihm dafür danken wollte, daß er den Tod ihrer Mama gerächt hatte – woher sollte er wissen, was es zu bedeuten hatte? Dennoch hielt er an der Erinnerung fest, nur für den Fall, daß es bedeuten könnte, daß sie ihn doch liebte.
Und dann gab er ihr ein Versprechen, während sie seine Hand so hielt; machte ihr ein Versprechen, obwohl er nicht einmal wußte, ob sie wollte, daß er es hielt. »Ich werde zurückkommen«, sagte er. »Und das, was ich letzte Nacht gesagt habe, wird immer wahr sein.« Dann mußte er seinen
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