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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Hank ging einfach los, die Augen fast geschlossen, weil er nicht wollte, daß das Sehen ihn vom Prickeln in seinen Händen ablenkte. Die Rute hatte ihn noch nie in die Irre geführt; nachzusehen, wohin er ging, wäre dasselbe gewesen, als hätte er eingestanden, daß die Rute nicht die Fähigkeit besaß, ihr Ziel zu finden.
    Es dauerte fast eine halbe Stunde. Gewiß, er hatte sofort einige Stellen gefunden, aber die waren nicht gut genug, nicht gut genug für Hank Dowser. An der Heftigkeit des Rutenzuckens und ihrer Abwärtsneigung konnte er erkennen, ob das Wasser dicht genug unter der Oberfläche war, um nützlich zu sein.
    Die Rute ruckte so scharf nach unten, daß sie sich drei Zoll tief ins Erdreich bohrte. Besser ging es gar nicht. Hank lächelte und öffnete die Augen. Er war keine dreißig Fuß von der Schmiede entfernt. Nicht einmal mit geöffneten Augen hätte er eine bessere Stelle finden können. Kein Wasserseher hätte es besser gemacht.
    Der Schmied schien das auch zu denken. »Wenn Ihr mich gefragt hättet, wo ich den Brunnen am liebsten gehabt hätte, dann wäre es diese Stelle gewesen.«
    Hank nickte und nahm das Lob ohne Lächeln hin, die Augen halb geschlossen; sein Körper prickelte noch immer von der Kraft, mit der das Wasser gerufen hatte. »Ich will diese Rute nicht vorher wieder aufnehmen«, sagte Hank, »bis Ihr um diese ganze Stelle einen Graben gezogen habt, um sie zu markieren.«
    »Hol einen Spaten!« rief der Schmied.
    Der Lehrling Alvin trottete davon, um das Werkzeug zu suchen. Hank bemerkte, wie Arthur Stuart hinter ihm herwatschelte, wie er ihm auf seinen kurzen Beinen so schnell und unbeholfen nachlief, daß er eigentlich hätte hinfallen müssen. Und er fiel auch tatsächlich, voll aufs Gesicht ins Gras; er war so schnell gewesen, daß er mindestens eine Elle weit über den Boden rutschte und schließlich durchnäßt vom Tau wieder aufstand. Doch das hielt ihn nicht auf. Er watschelte einfach weiter um die Schmiede herum, dorthin, wo der Lehrling Alvin verschwunden war.
    Hank wandte sich wieder zu Makepeace Smith um und trat mit dem Fuß gegen den Boden. »Ganz sicher kann ich mir nicht sein, ich bin schließlich kein Wasserseher«, meinte Hank so bescheiden, wie er nur konnte, »aber ich würde mal schätzen, daß Ihr zehn Fuß tief graben müßt, bevor Ihr auf Wasser stoßt. Es ist frisch und lebendig, so gutes Wasser, wie man es sich nur wünschen kann.«
    »Das berührt mich nicht sonderlich«, sagte Makepeace. »Ich habe nämlich nicht vor, selbst zu graben.«
    »Euer Lehrling sieht kräftig genug aus, um den Brunnen auszuheben – wenn er nicht gerade faulenzt und schläft, sobald Ihr ihm den Rücken zukehrt.«
    »Er ist kein Faulenzer«, widersprach Makepeace. »Ich nehme an, Ihr werdet die Nacht im Gasthof verbringen.«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Hank. »Etwa sechs Meilen westwärts gibt es ein paar Leute, die wollen, daß ich für sie etwas trockenen Boden finde, um dort einen schönen tiefen Keller graben zu können.«
    »Ist das nicht eine Art Anti-Rutengänger?«
    »Das ist es, Makepeace, und es ist auch sehr viel schwieriger in einem so feuchten Gebiet wie diesem.«
    »Nun, dann kommt auf dem Rückweg wenigstens wieder hier vorbei«, bat Makepeace. »Dann hebe ich Euch einen Schluck von dem ersten Wasser auf, das wir aus Eurem Brunnen schöpfen.«
    »Das werde ich tun«, sagte Hank, »und zwar gern.« Es war eine Ehre, die ihm nicht oft angetragen wurde, dieser erste Schluck aus einem Brunnen. Darin steckte Macht, aber nur, wenn er aus freien Stücken gegeben wurde, und jetzt konnte Hank nicht mehr anders, als zu lächeln. »Ich bin in ein paar Tagen zurück, darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
    Der Lehrjunge kam mit dem Spaten zurück und machte sich sofort ans Graben. Es war nur ein flacher Graben, doch Hank fiel auf, daß der Junge ihn ohne nachzumessen quadratisch abstach, jede Seite gleich lang, und soweit Hank das abschätzen konnte, stimmten die Ecken sogar mit den Himmelsrichtungen überein. Wie er so dastand, die Rute immer noch fest im Erdreich verwurzelt, spürte Hank plötzlich Übelkeit im Magen, weil der Junge ihm so nahe war. Nur daß er nicht jene Art von Übelkeit empfand, bei der man am liebsten sein Frühstück wieder erbrochen hätte. Es war eine Art von Übelkeit, die sich in Schmerz verwandelte, die in Gewalt mündete; Hank merkte, daß er sich danach sehnte, dem Jungen den Spaten aus der Hand zu reißen und ihm mit der scharfen Kante ins

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