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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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dauert, Schmied zu werden, o ja! Das wird er schon noch lernen.«
    Nun trug der Schmied eine der schweren Eisenstangen in der Hand, als wollte er dem Jungen damit auf den Rücken schlagen. Das wäre der reinste Mord gewesen, und Hank hatte nicht das Herz dafür. Er streckte die Hand vor und packte das Brecheisen an einem Ende. »Nein, Make-peace, wartet, es ist schon in Ordnung! Er hat sich ja bei mir entschuldigt.«
    »Und das genügt Euch?«
    »Das, und zu wissen, daß Ihr auf mich hören werdet, und nicht auf ihn«, sagte Hank. »Ich bin noch nicht so alt, daß ich mir von einem Jungen sagen lasse, ich könnte nicht mehr muten.«
    »Der Brunnen wird genau hier gegraben werden, darauf könnt Ihr Euer Leben verwetten. Und dieser Junge wird ihn ganz allein graben! Und bevor er nicht auf Wasser gestoßen ist, bekommt er keinen einzigen Bissen zu essen!«
    Hank lächelte. »Nun, dann wird er froh sein, zu merken, daß ich weiß, was ich tue – besonders tief graben wird er nicht müssen, soviel ist sicher.«
    Makepeace nahm sich den Jungen vor, der nur wenige Ellen entfernt dastand, die Hände schlaff am Körper herunterhängend, ohne einen Ausdruck des Zorns im Gesicht, ja, ohne überhaupt irgendeine Gemütsregung zu zeigen. »Ich werde Mr. Dowser jetzt zu seinem neubeschlagenen Pferd begleiten, Alvin. Und dich will ich erst wiedersehen, wenn du mir einen Eimer sauberes Wasser aus diesem Brunnen bringen kannst. Vorher bekommst du keinen Bissen zu essen und auch keinen Tropfen Wasser! Es sei denn, das Wasser kommt aus diesem Brunnen!«
    »Aber, aber«, machte Hank, »nun habt doch ein Herz. Ihr wißt doch genau, daß es manchmal einige Tage dauern kann, bis sich in einem neuen Brunnen das Erdreich abgesetzt hat.«
    »Er bringt mir trotzdem einen Eimer voll Wasser aus dem neuen Brunnen«, befahl Makepeace. »Und wenn er die ganze Nacht arbeiten muß!«
    Dann schritten sie zur Schmiede zurück, zum Corral, wo Picklewing wartete. Sie plauderten ein wenig. Dann wurde das Pferd gesattelt, und Hank Dowser machte sich wieder auf den Weg. Der Klepper bewegte sich viel gefälliger und leichter unter ihm, so fröhlich wie nie. Als Hank davonritt, bekam er den Jungen noch einmal zu Gesicht. Er wirbelte keinerlei Staub auf. Methodisch hob er das Erdreich aus und deponierte es neben der Grube. Er schien auch keine Rast zu machen. Das Geräusch seiner Arbeit wurde kein einziges Mal unterbrochen, während Hank davonritt. Das Tschup des Spatens, der sich in die Erde senkte, und dann das Schpt, als die Erde auf den Haufen glitt.
    Hanks Zorn legte sich erst, als er den Jungen nicht mehr hören konnte, ja, nachdem er sich nicht einmal mehr an das Geräusch erinnern konnte. Welche Fähigkeiten Hank als Rutengänger auch haben mochte, dieser Junge war jedenfalls der Feind seines Talents, soviel wußte Hank. Er hatte erst geglaubt, daß sein Zorn unvernünftig sei, doch nun, da der Junge sich geäußert hatte, wußte Hank, daß er die ganze Zeit im Recht gewesen war. Der Junge hielt sich für einen Meister des Wassers, vielleicht sogar für einen Wasserseher, und das machte ihn zu Hanks Feind.
    Jesus hatte zwar gesagt, man solle seinem Feind auch den eigenen Mantel geben, man solle die andere Wange hinhalten – aber was, wenn der Feind versuchte, einem den Lebensunterhalt zu nehmen? Was dann? Ließ man es etwa auch zu, daß er einen ruinierte? Nein, das wird dieser Christ hier nicht tun, dachte Hank. Diesmal habe ich dem Jungen eine Lektion erteilt. Und wenn das nichts fruchtet, bekommt er später noch eine.

6. Maskerade
    Peggy war zwar nicht die Schönste auf dem Gouverneursball, aber das war ihr durchaus recht. Mistress Modesty hatte sie schon lange gelehrt, daß es ein Fehler war, wenn Frauen miteinander konkurrieren. »Es gibt nicht einen einzigen Preis zu gewinnen, der, wenn eine Frau ihn erlangt, deshalb auch außer Reichweite der anderen bleiben müßte.«
    Das schien ansonsten aber niemand zu begreifen. Die Frauen musterten einander mit neidischen Blicken, schätzten die wahrscheinlichen Ausgaben für die Kleider ab, rieten, wie teuer die Schönheitsamulette anderer Frauen gewesen sein mochten; sie achteten darauf, wer mit wem tanzte und wie viele Männer sich wem vorstellen ließen.
    Die wenigsten richteten neidische Blicke auf Peggy –jedenfalls nicht, als sie am späten Nachmittag in den Saal trat. Peggy wußte, welchen Eindruck sie machte. Anstelle einer eleganten Frisur war ihr Haar gebürstet und glänzte. Es war in einem

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