Der magische Pflug

eine merkwürdige Wendung des Schicksals, daß Makepeace sich tatsächlich dafür schämte, wie er Alvin auf seinen Lehrvertrag festnagelte, obwohl es völlig offensichtlich war, daß Alvin schon längst bereit war, als Geselle auf Wanderschaft zu gehen. Es war niederträchtig von einem Meister, seinen Lehrling noch bei sich zu behalten, nachdem der das Handwerk schon erlernt hatte, nur um sich des Vorteils seiner Arbeit zu versichern und ohne ihm einen gerechten Lohn zu zahlen. Alvin brachte Makepeace Smiths Haushalt gutes Geld ein, das wußte jeder, und die ganze Zeit blieb Alvin dabei arm, schlief oben in einem Speicher und hatte nie zwei Münzen in der Tasche, mit denen er hätte klimpern können, wenn er mal in die Stadt ging. Gewiß, Gertie beköstigte ihn gut – es war das beste Essen in der Stadt, wie Alvin wußte, nachdem er gelegentlich auch mal bei dem einen oder anderen Stadtjungen gegessen hatte. Aber gutes Essen war nicht dasselbe wie guter Lohn. Essen verspeiste man, danach war es weg. Geld konnte man verwenden, um Dinge zu kaufen oder um Dinge zu tun – um Freiheit zu haben. Dieser Vertrag, den Makepeace Smith oben im Haus in einer Schublade aufbewahrte und der von Alvins Vater unterschrieben worden war, machte Alvin so sicher zu einem Sklaven wie jeden Schwarzen in den Kronkolonien.
    Bis auf einen Unterschied. Alvin konnte die Tage zählen, bis ihm die Freiheit winkte. Es war August. Kein Jahr mehr. Im nächsten Frühjahr war er frei. Kein Sklave im Süden durfte auf so etwas hoffen. Ja, er wagte nicht einmal, daran zu denken. Im Laufe der Jahre hatte Alvin häufig darüber nachgedacht, immer wenn er sich am meisten ausgebeutet fühlte; er dachte sich: Wenn die Sklaven weiterleben und –arbeiten können, ohne Hoffnung auf Freiheit, dann kann ich es auch noch fünf Jahre aushalten, drei Jahre, ein Jahr, denn ich weiß ja, daß es eines Tages enden wird.
    Jedenfalls zeigte Makepeace Smith sich an diesem Nachmittag nicht, und als Alvin seine Aufträge erledigt hatte, räumte er nicht auf und machte auch nicht sauber, sondern begab sich statt dessen zum Bachhaus, um dort die Türen und Fenster auszumessen. Es war ein Bau, der die Kühle des Baches hatte einfangen sollen, so daß die Fenster nicht aufgingen, aber das würde die Lehrerin nicht mitmachen, niemals frische Luft zu bekommen, also nahm Alvin auch dort Maß. Nicht, daß er bereits den Beschluß gefaßt hätte, die neuen Fensterrahmen selbst herzustellen; schließlich war er ja kein Zimmermann. Er konnte mit Holz allenfalls so gut umgehen wie jeder andere. Er war erst einmal hier, um maßzunehmen, und als er zu den Fenstern kam, erledigte er das eben gleich mit.
    Er maß sehr viele Dinge aus. Die Stelle, wo der bauchige kleine Ofen aufgestellt werden mußte, damit es im Winter warm war; und wie Alvin sich das überlegte, überlegte er sich zugleich, wie das Fundament unter dem schweren Ofen auszulegen war und wie man den Kamin auskleiden mußte; alle jene Dinge, derer es bedurfte, um aus dem Bachhaus eine schmucke kleine Hütte für eine Dame zu machen.
    Alvin schrieb die Maße nicht auf. Das tat er nie. Er merkte sie sich einfach, nachdem er Finger und Hände und Arme an alle Stellen angelegt hatte; und wenn er doch etwas vergessen oder irgendwie falsch messen sollte, wußte er, daß er doch alles mühelos würde anpassen können. Es war ihm klar, daß das eine Art Faulheit war, aber er hatte dieser Tage herzlich wenig Vorteile von seiner Gabe, also war wohl nichts daran auszusetzen, wenn er in solchen kleinen Dingen etwas schummelte.
    Arthur Stuart kam herbeigeschlendert, als Alvin im Bachhaus fast fertig war. Alvin sagte nichts, Arthur ebensowenig; man begrüßte niemanden, der dort hingehörte, wo man gerade war, man beachtete ihn kaum. Aber als Alvin das Dach ausmessen mußte, sagte er es ihm einfach und schleuderte Arthur so mühelos auf das Dach hinauf, wie Peg Guester die Federbetten aus den Gästezimmern ausschüttelte.
    Arthur bewegte sich wie eine Katze auf dem Dach; die Höhe machte ihm nichts aus. Er schritt das Dach ab und zählte vor sich hin, und als er damit fertig war, wartete er nicht einmal, um sicherzugehen, daß Alvin bereit war, ihn aufzufangen, nein, er sprang einfach. Es war, als würde Arthur glauben, er könnte fliegen.
    Als Alvin und Arthur mit dem Maßnehmen fertig waren, kehrten sie zur Schmiede zurück. Alvin nahm ein paar Eisenbarren vom Haufen, feuerte die Esse an und machte sich an die Arbeit. Arthur machte