Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
ihm eine vernünftige Schulbildung bescheren, hast du mich verstanden? Und wenn hinterher alles vorbei ist, Horace Guester, dann werden wir schon sehen, wer seine Kinder besser geliebt hat!«
    Zwar klatschte keine Ohrfeige, aber eine Tür knallte, so daß die Tür des Bachhauses fast aus den Angeln flog. Alvin konnte nicht widerstehen, den Hals ein wenig zu strecken, um nachzusehen, wer die Tür zugeschlagen hatte. Und natürlich war es Old Peg, die gerade davonstampfte.
    Nach einer Minute, vielleicht auch ein wenig später, wurde die Tür ganz langsam geöffnet. Alvin konnte es durch das Busch- und Strauchwerk kaum erkennen, das zwischen dem Brunnen und dem Bachhaus in die Höhe geschossen war. Horace Guester trat noch langsamer heraus; er wirkte so niedergeschlagen, wie Alvin ihn noch nie gesehen hatte. Eine Weile blieb er stehen, die Hand an die Tür gelegt. Dann schloß er sie, so sanft, als würde er ein Baby ins Bett legen. Alvin hatte sich schon immer gefragt, warum sie dieses Bachhaus nicht schon vor Jahren abgerissen hatten; nachdem Alvin den Brunnen gegraben hatte, der dem Bach endgültig den Garaus gemacht hatte, der früher durch das Haus geströmt war. Oder warum sie es wenigstens nicht anders genutzt hatten. Doch nun wußte Alvin, daß es etwas mit Peggy zu tun hatte, mit diesem Fackelmädchen, das unmittelbar vor Alvins Eintreffen aus Hatrack River verschwunden war. Die Art, wie Horace diese Tür berührte, wie er sie schloß, machte Alvin zum ersten Mal klar, wie sehr ein Mann sein eigenes Kind lieben konnte, so daß ihm selbst dann, wenn es fort war, die Orte, die dieses Kind geliebt hatte, wie geheiligter Boden erschienen. Zum ersten Mal fragte Alvin sich, ob auch er jemals ein eigenes Kind so lieben würde. Und dann fragte er sich auch, wer die Mutter dieses Kindes sein mochte, und ob sie ihn auch so anbrüllen würde, wie Old Peg ihren Horace anschrie, und ob er sie dann jemals so behandeln würde wie Makepeace Smith seine Frau Gertie, die er mit dem Gürtel bearbeitete, während sie für ihren Teil mit Geschirr um sich warf.
    »Alvin«, sagte Horace.
    Alvin wäre vor Verlegenheit fast im Boden versunken, wie er so dabei erwischt worden war, Horace anzustarren. »Es tut mir leid, Sir«, sagte Alvin. »Ich hätte nicht lauschen dürfen.«
    Horace lächelte matt. »Ich schätze, du hättest wohl schon taubstumm sein müssen› um nicht zu hören, was sie zum Schluß gesagt hat.«
    »Es ist ein bißchen laut geworden«, erwiderte Alvin, »aber ich habe mir auch nicht gerade Mühe gegeben, nichts zu hören.«
    »Nun, ich weiß, daß du ein guter Junge bist, und ich habe noch nie von dir gehört, daß du über andere Leute tratscht.«
    Die Worte guter Junge fuchsten ihn ein wenig. Alvin war schon achtzehn, kein Jahr mehr bis zu seinem neunzehnten Geburtstag. Er war schon lange bereit, sich als Schmiedegeselle selbständig zu machen. Nur weil Makepeace Smith ihn nicht vorzeitig aus seinem Lehrverhältnis entlassen wollte, hatte Horace Guester noch lange kein Recht, ihn als Jungen zu bezeichnen. Ich mag zwar der Lehrling Alvin sein und vor dem Gesetz noch kein Mann, aber mich beleidigt keine Frau mit ihrem Gebrüll.
    »Alvin«, sagte Horace, »du kannst deinem Meister sagen, daß wir neue Scharniere für die Bachhaustüren brauchen. Ich schätze, wir werden es wieder instandsetzen, damit die neue Lehrerin hier wohnen kann, wenn sie will.«
    So lief das also. Horace hatte seine Schlacht gegen Old Peg verloren. Er gab nach. War das in der Ehe immer so? Ein Mann mußte entweder bereit sein, seine Frau zu verprügeln, wie Makepeace Smith, oder er wurde rumgeschubst wie der arme Horace Guester. Na, wenn das die einzige Möglichkeit ist, will ich nichts damit zu tun haben, dachte Alvin. Gewiß, Alvin hatte ein Auge für die Mädchen in der Stadt. Er hatte sie auf der Straße flanieren sehen, die Brüste von ihren Korsetts ganz hochgedrückt, die Taillen so schmal, daß er seine großen, kräftigen Hände hätte um sie schließen und sie hin und her schütteln können – nur daß er nie daran dachte, sie hin und her zu schütteln oder nach ihnen zu greifen, denn in ihrer Gegenwart fühlte er sich schüchtern und aufgeregt zugleich; deshalb senkte er immer den Blick, wenn sie ihn zufällig ansahen, oder er machte sich geschäftig ans Beladen oder Entladen oder was immer es war, was ihn in die Stadt führte.
    Alvin wußte, was sie sahen, wenn sie ihn anschauten, diese Stadtmädchen. Sie sahen einen Mann ohne

Weitere Kostenlose Bücher