Der magische Pflug
Rock, einfach nur in Hemdsärmeln, von der Arbeit befleckt und feucht. Sie sahen einen armen Mann, der sie nie in einem prächtigen weißen Holzhaus unterbringen würde wie ihr Papa, der zweifellos Rechtsanwalt oder Richter oder Händler war. Sie sahen ihn als niederwertig an, ein bloßer Lehrling, obwohl er schon über achtzehn Jahre alt war. Wenn er durch irgendein Wunder jemals ein solches Mädchen heiraten sollte, wußte er schon, wie das werden würde: Immer würde sie auf ihn herabschauen und erwarten, daß er ihr nachgab, weil sie eine Lady war.
Und wenn er ein Mädchen heiratete, das von ebenso niederem Stand war wie er selbst, würde sie sein wie Gertie Smith oder Old Peg Guester, eine gute Köchin oder eine harte Arbeiterin oder was auch immer – aber die wahre Schreckschraube, wenn es nicht so lief, wie sie wollte. In Alvins Leben gab es keine Frau, soviel war sicher. Er würde sich nie zusammenstauchen lassen wie Horace Guester.
»Hast du mich verstanden, Alvin?«
»Das habe ich, Mr. Horace, und ich werde es Makepeace Smith sofort sagen, wenn ich ihn sehe. Alle Metallarbeiten für das Bachhaus.«
»Und es soll eine gute Arbeit werden«, fuhr Horace fort. »Damit die Lehrerin dort wohnen kann.« Aber Horace war noch nicht so tief am Boden, daß er es nicht fertiggebracht hätte, die Lippen zu verziehen und seiner Stimme einen gehässigen Unterton zu verleihen, als er sagte: »Damit sie dort Privatstunden geben kann.«
So, wie er das Wort Privatstunden aussprach, klang es wie ein Freudenhaus oder so etwas, aber Alvin wußte sofort, wer hier die Privatstunden bekommen würde. Hatte nicht jeder mitbekommen, wie Old Peg darum ersucht hatte, daß Arthur Stuart eingeschult wurde?
»Na, dann«, sagte Horace.
Alvin verabschiedete sich mit einem Winken, und Horace ging den Weg zum Gasthof weiter.
Makepeace Smith kam an diesem Nachmittag nicht aus dem Haus. Alvin war nicht überrascht. Jetzt, da Alvin ein ausgewachsener Mann war, konnte er die ganze Arbeit in der Schmiede erledigen, noch dazu schneller und besser als Makepeace. Niemand verlor ein Wort darüber, aber im letzten Jahr war Alvin aufgefallen, daß die Leute es sich angewöhnt hatten, immer nur vorbeizuschauen, wenn Makepeace gerade nicht in der Schmiede war. Dann pflegten sie Alvin darum zu bitten, ihre Arbeiten möglichst schnell auszuführen, während sie darauf warteten. »Nur eine kleine Sache«, sagten sie dann, nur daß die Sache manchmal doch nicht so klein war. Und schon bald hatte Alvin erkannt, daß sie nicht nur zufällig gekommen waren. Sie wollten, daß Alvin die Arbeit tat.
Es lag auch nicht daran, daß Alvin mit dem Eisen irgend etwas Besonderes angestellt hätte, höchstens mal hier und dort einen kleinen Zauber, wenn er verlangt wurde, aber das tat schließlich jeder Schmied. Alvin wußte, daß es nicht recht gewesen wäre, seinen Meister dadurch auszustechen, indem er irgendein geheimes Talent ausspielte – das wäre so, als würde man beim Ringkampf plötzlich ein Messer zücken. Außerdem würde es ihn ohnehin nur in Schwierigkeiten bringen, wenn er seine Gabe nutzte, um seinem Eisen irgendeine besondere Kraft zu verleihen. Also arbeitete er ganz normal mit seinem starken Arm und seinem scharfen Auge. Jeden Zoll Muskeln an seinen Schultern, an seinen Armen und am Rücken hatte er sich ehrlich verdient. Und wenn den Leuten seine Arbeit besser gefiel als die von Makepeace Smith, nun, dann lag es daran, daß Alvin der bessere Schmied war, und nicht etwa daran, daß seine Gabe ihm einen Vorteil verschafft hätte.
Jedenfalls mußte Makepeace gemerkt haben, was hier vorging, und so blieb er der Schmiede immer öfter fern. Vielleicht tat er es, weil er wußte, daß es besser fürs Geschäft war. Vielleicht war Makepeace bescheiden genug, um vor dem Können seines Lehrlings zurückzutreten – aber das glaubte Alvin nie so recht. Da war es schon wahrscheinlicher, daß Makepeace fernblieb, damit die Leute nicht zusehen konnten, wie er Alvin über die Schulter spähte und versuchte festzustellen, was Alvin besser machte als sein Meister. Vielleicht war Makepeace aber auch einfach nur neidisch und konnte es nicht ertragen, seinem Lehrling bei der Arbeit zuzusehen. Möglicherweise war er aber auch nur faul, und wenn sein Lehrjunge die Arbeit so hervorragend erledigte, warum hätte Makepeace dann nicht hinausgehen sollen, um sich unten an der Hatrack-Mündung mit den Flußratten um den Verstand zu saufen?
Vielleicht war es aber auch
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