Der magische Reiter reiter1
waren, hätten von nichts anderem mehr gesprochen als von dem gutaussehenden Alton D’Yer mit seinem strahlenden Lächeln. Sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe gehört, dass dein Vater wohlhabender sein soll als so mancher Lord«, sagte Alton. »Wahrscheinlich könnte er ganze Provinzen kaufen.«
Karigan starrte ihn an. »Es war nicht immer so. Mein Vater hat sich alles, was er besitzt, hart erarbeitet. Er war nicht von Geburt an reich.« Sie warf schnippisch den Kopf zurück und konzentrierte sich auf die Straße, ohne dass ihr jedoch Altons betroffene Miene entging. Natürlich war sie damals noch zu klein gewesen, um sich erinnern zu können, wie sehr ihre Eltern sich geplagt hatten, doch sie hatte genug Geschichten darüber gehört.
Der Duft von frisch gebackenem Brot wehte vom Stand eines Händlers zu ihr heran. Fetzen einer wohlbekannten Melodie klangen herüber, die ein Bettelmusikant an einer Straßenecke für ein paar Münzen auf der Laute spielte.
»Vielleicht begegnen wir ja dem König«, sagte Alton in der
Absicht, das Thema zu wechseln. Es funktionierte, denn Karigan richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn.
»Dem König? Was soll das heißen? Wir reiten doch aus Sacor hinaus und nicht hinein.«
Alton nestelte an Nachtfalkes Zügeln herum. »Der König ist auf die Jagd gegangen. Auf Hasen, vorwiegend … mit seinen Hunden. Ich war zusammen mit einigen anderen Adligen eingeladen, doch ich zog es vor, mit dir zu reiten.«
Das war ja interessant. Die meisten Adligen hätten alles dafür gegeben, das Wohlgefallen des Königs zu erringen, aber er befand sich lieber hier und ritt mit ihr, einer Kaufmannstochter. Sie konnte nicht anders. Sie war völlig entwaffnet und warf ihm ein Lächeln zu.
Bevor sie die letzte Mauer passierten, eilte Karigan noch rasch in einen Laden, um sich angemessenere Kleidung zu besorgen. Es dauerte nicht lange, bis sie stirnrunzelnd wieder herauskam.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Alton.
»Mein Geld reicht nicht, um mir auch nur ein einfaches Hemd zu kaufen.«
»Die Stadt ist teuer. Ich helfe dir gern aus, falls ... «
»Nein danke. Ich versuche es woanders.« Sie machten noch an mehreren Läden halt, doch überall ergab sich dasselbe Problem. Karigan hatte nicht genug Geld bei sich.
»Wie ich schon sagte«, meinte Alton, »Grün ist deine Farbe.«
Karigan antwortete nicht.
Sie ließen Sacor und das Gedränge hinter sich und waren bald von Wiesen und bewirtschafteten Feldern umgeben. Die gepflasterten Straßen wurden zu staubigen, sich dahinschlängelnden Pfaden, nicht viel besser als die Nordstraße. Im
Osten wölbte sich das Hochland, dessen Kuppen mit Mischwald bestanden waren. Auch ihre Straße stieg zum Hochland hin an und führte jetzt an einem Tal entlang, das zwischen zwei Bergrücken eingebettet lag.
»Der Verlorene See«, sagte Alton. »Vor dem Langen Krieg gab es hier einmal einen See. Es heißt, wenn jemand reinen Herzens in einer klaren, sternfunkelnden Vollmondnacht hineinschaute, konnte er geradewegs in den Himmel sehen und mit den Göttern reden. Indura Luin lautet sein alter Name, der Spiegel des Mondes.«
Karigan legte zweifelnd den Kopf schräg. »Indem man in einen See schaut? Bei Nacht?« Sie glaubte nicht an Mythen. »Was ist aus dem See geworden?«
»Angeblich hat Mornhavon der Schwarze ihn trockengelegt, weil er seinen Feinden zu viele Antworten gab.«
In dem Tal wuchsen, umgeben von saftigem Gras, purpurfarbene Lupinen. Ein schmaler Bach gurgelte am Talgrund dahin. Man konnte der Geschichte über Mornhavon dem Schwarzen fast Glauben schenken. Seit sie Selium verlassen hatte, waren ihre Erlebnisse so unglaublich gewesen, dass Karigan mittlerweile nicht mehr am Vorhandensein von Magie zweifelte. Aber konnte jemand über genug davon verfügen, um gleich einen ganzen See trockenzulegen?
Laren Mebstone ging vor dem leeren Thronsessel auf und ab, und ihre Schritte hallten hohl auf dem Steinboden wider. Da der König abwesend war, standen lediglich zwei silbern und schwarz gekleidete Wachen am Eingang zum Thronsaal. Sie betete darum, dass der König, wo immer er gerade sein mochte, alle seine Waffen bei sich hatte.
Wo steckte nur Crowe?
Stunde um Stunde hatte sie damit verbracht, F’ryan Coblebays Schreiben an Lady Estora zu entschlüsseln. Der Liebesbrief hatte eine Botschaft enthalten. Der König schwebte in Lebensgefahr, und vielleicht war es schon zu spät, um den Mordversuch noch zu verhindern. Sie hatte dem Reiterführer
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