Der magische Stein
Steine störten uns nicht. Im Hinterkopf behielt ich die Existenz der Männer in Grau. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie plötzlich erschienen wären, um uns zu stoppen.
Tiere schreckten wir durch unser Licht nicht auf. Möglicherweise gab es sie auch nicht, und von Elfen, Feen oder Trollen war ebenfalls nichts zu sehen.
Wir mussten uns wirklich in dem Streifen zwischen den beiden Zonen befinden. Hier gab es so etwas wie eine Neutralität, die aus der Angst geboren war, und deshalb traute sich auch kaum jemand in dieses Gebiet hinein.
»John!« Carlotta’s Stimme hörte sich fast jubelnd an. »Bleibt stehen! Wir kommen zu euch.«
»Ist schon okay!«
Suko lächelte breit. Wir genossen wirklich diesen Augenblick der Freude. Die Spannung fiel etwas ab, und wir verhielten uns auch ruhig. Deshalb hörten wir die Geräusche vor uns.
Ich strahlte in die entsprechende Richtung. Auch Suko tat es, und Sekunden später erschienen die Gesichter der beiden Menschen.
Carlotta ging voran. Große Schritte tat sie und räumte mit beiden Händen Hindernisse zur Seite. Plötzlich brach es aus ihr hervor. Sie konnte nicht anders reagieren.
»John!« Sie schleuderte die Arme in die Höhe. Aus ihrem Mund drang ein Jubel, wie ich ihn bei ihr noch nie erlebt hatte.
Im nächsten Augenblick warf sie sich in meine Arme, die ich ihr offen entgegengestreckt hatte. Sie prallte so heftig gegen mich, dass wir beide fast zu Boden gefallen wären. Ich wurde so heftig umarmt, dass mir beinahe die Luft knapp wurde. Sie küsste mich, sie war so unendlich froh, mich gefunden zu haben, denn damit hätte sie beim besten Willen nicht rechnen können. Ich tat auch das Meine dazu und wirbelte Carlotta um die eigene Achse.
Schließlich stellte ich sie hin. Da sich unsere Gesichter dicht beieinander befanden, sah ich die Tränen der Freude in ihren Augen schimmern.
»Damit habe ich nie gerechnet, John«, sagte sie. »Das ist wirklich ein Wunder. Jetzt wird wohl alles gut, oder?« Sie zwinkerte fest und wischte sich über die Augen.
»Ich hoffe es.«
»Doch, das weiß ich...«
»Aber wie kommst du überhaupt hierher?«, wollte ich wissen.
Carlotta erzählte es mir. Während ich ihr zuhörte, warf ich einen Blick zur Seite, denn dort standen die beiden Frauen und hielten sich ebenfalls umarmt.
Ich hörte, dass Mandy immer wieder den Namen Isa erwähnte. Die beiden gehörten tatsächlich zu einer Clique. Beide freuten sich über das Glück, dass sie überhaupt noch lebten.
Carlotta ging auch zu Suko und umarmte ihn, doch schließlich war die erste Euphorie vorbei, und die Realität kehrte zurück. Eine Frage, die bisher unausgesprochen zwischen uns stand, wurde nun gestellt.
»Wie geht es weiter?«, fragte Carlotta. »Wie kommen wir hier weg? Den Stein, auf dem ich Isa gefunden habe, den gibt es wohl nicht mehr. Deshalb müssen wir nach anderen Lösungen suchen.«
Ich war gefordert, denn sie schaute mich dabei an. Ich hätte ihr gern geholfen, doch in diesem Moment wusste ich ebenso viel wie die anderen.
»Das wird schwer werden«, sagte ich, »obwohl ich mir eine Lösung vorstellen kann.«
»Welche denn?«, fragte das Vogelmädchen.
»Wir müssen in den Teil des Landes Aibon hinein, der Suko und mir nicht unbekannt ist.«
»Wie meinst du das, John?«
Ich lächelte Carlotta zu. »Auf die positive Seite. Ich will nicht unbedingt behaupten, dass ich mich dort auskenne, aber sie ist mir schon bekannter als diese Umgebung, die wohl so etwas wie eine Grenzregion bildet.«
»Das ist eine gute Idee«, stimmte Suko zu.
»Hoffentlich. Es gibt nur leider ein Problem. Keiner von uns weiß, in welche Richtung wir uns bewegen müssen. Bisher haben wir uns alle hier in dieser Region aufgehalten, und wir wissen nicht, ob wir nun nach rechts, links, vorwärts oder zurück gehen sollen. Es tut mir Leid, dass ich nichts anderes sagen kann.«
»Dann müssen wir uns wohl auf unser Glück verlassen«, flüsterte Isa.
Sie war eine Frau mit fahlblonden Haaren und schon mehr als schlank. Am Leib trug sie nur ein langes Hemd, das so eben bis zu den Oberschenkeln reichte. Auch sie hatte dem Club der Druidinnen angehört und fürchtete sich ebenfalls vor den Männern in Grau.
Als sie uns auf diese Gefahr ansprach, meldete sich Suko. »Genau das ist es«, sagte er. »Das und nichts anderes. Ich denke, dass wir uns hier in einem Gebiet aufhalten, in dem sich die Männer in Grau wohl fühlen und das möglicherweise ihre Geburtsstätte ist.«
»Und das
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