Der magische Stein
vor. So hatte sie eine etwas bessere Sicht. Auch die letzten beiden Vögel waren nicht mehr zu sehen. Sie konnten es endlich wagen.
»Auf den Rücken!«, befahl Carlotta.
Isa reagierte sofort und klammerte sich fest. Sie sagte auch nichts mehr. Nur der heftige Atem war zu hören. Sie spürte den Ruck des anderen Körpers, und einen Moment später stieß sich Carlotta ab...
***
Mein Leben war und ist mit zahlreichen Überraschungen gespickt, diese allerdings gehörte zu der Sorte, wie ich sie selten erlebte. Ich konnte oder wollte das Bild im ersten Augenblick nicht begreifen. Das war wie der berühmte Schlag gegen den Kopf, in dem sich ein dumpfes Gefühl ausbreitete. Vor Verblüffung ging ich sogar einen Schritt zurück, als ich das Vogelmädchen erkannte.
Zugleich dachte ich an Maxine Wells’ Anruf. Die Tierärztin war verzweifelt gewesen und hatte sich wahnsinnige Sorgen um ihren Schützling gemacht, den ich nun hier in dieser Druidenwelt sah.
Es war wichtig, dass Carlotta lebte. Wie sie hierher gekommen war, stand auf einem anderen Blatt.
»Sie ist es!«, flüsterte Suko hinter mir. »Verdammt, das ist keine Halluzination.«
Ich stimmte durch ein Nicken zu, denn sprechen konnte ich nicht. Der Klumpen saß mir im Hals, und in meinem Körper verspürte ich eine dichte Anspannung.
Ich war nicht mal in der Lage, etwas zu denken, denn das Bild, das sich mir bot, nahm alles in Anspruch. Ich stand da und beobachtete. Das Gleiche taten auch Suko und Mandy Gilmore.
Es waren also zwei Personen, die von der Spitze eines der hohen Steine gestartet waren. Carlotta hatte eine Last zu tragen. Sie flog dabei nicht sehr schnell, sondern sank langsam nach unten, obwohl sie damit rechnen musste, dass ihr Verfolger auf den Fersen waren, eben diese vier mächtigen Vögel.
Aber sie hatte sich bewusst für diese Flugart entschieden, denn sie blieb dabei nahe der Felswand, sodass sie auch in deren Schatten eintauchen konnte. Je tiefer sie sanken, desto schlechter konnten wir sie mit unseren Blicken verfolgen. Die breiten Laubdächer der Bäume waren zu dicht.
Carlotta und die Person auf dem Rücken tauchten in den tieferen Schatten ein. Für einen Moment sahen wir sie noch in der Luft, dann waren sie weg.
Vor uns fand Mandy ihre Sprache wieder. »Das war Isa. Ja, das war Isa. Ich habe sie erkannt.« Ihre Stimme vibrierte. Hoffnung und Freude schwangen darin mit.
»Wer ist Isa?«, fragte Suko.
»Eine von uns. Sie hat zum Kreis der Druidinnen gehört.«
»Und du weißt nicht, wie Isa hier nach Aibon gekommen ist. Oder?«
»Nein, das ist mir nicht bekannt«, sagte Mandy. »Aber ich habe mich nicht geirrt. Ich habe sie gesehen und erkannt.«
Die Überraschungen hörten nicht auf. Und ich musste mich daran gewöhnen, dass sich der Wind wieder mal gedreht hatte. Carlotta hier zu sehen, das war für mich ein Hammerschlag, der mich wirklich hart erwischt hatte. Ich schaute noch mal in die gleiche Richtung. Sie war nicht mehr zu sehen. Die Dunkelheit zwischen den Bäumen hatte sie regelrecht verschlungen.
Und schon baute sich die nächste Frage auf. Hatten die Vögel sie auf ihrem Flug nach unten gesehen? Ich glaubte nicht daran, denn in dem Fall hätte sie sicherlich reagiert.
Tief durchatmen. Nachdenken, nicht zu lange Zeit damit lassen, denn hier konnten wir nicht bleiben.
Wir mussten Carlotta und diese Isa finden, was auch Suko vorschlug.
»Wenn du deine Überraschung verdaut hast, John, sollten wir etwas unternehmen«, sagte er.
»Sicher.«
»Hast du die Entfernung im Kopf? Kannst du dir vorstellen, wo sie ungefähr gelandet sind?«
»Ungefähr schon«, entgegnete ich unsicher. »Aber die Umgebung ist verdammt dicht.«
Suko deutete gegen den Himmel, zu dem er schon zuvor hochgeschaut hatte. »Außerdem dürfen wir sie nicht vergessen...«
Ich blickte ebenfalls hoch.
Verdammt, da flogen sie wieder. Vier mächtige Burschen, deren Anblick selbst aus dieser Entfernung eine gewisse Furcht hinterließ. Und sie wussten genau, wie sie sich zu verhalten hatten, denn sie kreisten über einem bestimmten Gebiet.
»Wir werden die beiden suchen, aber zuvor möchte ich sie auch auf uns aufmerksam machen, damit sie wissen, dass wir sie suchen.«
»Das heißt?«
Ich entfernte mich zwei Schritte von den beiden. Danach legte ich beide Hände trichterförmig an den Mund. Es war mir egal, ob die Verfolger aufmerksam wurden, ich wollte, dass das Vogelmädchen Bescheid wusste, und deshalb rief ich, so laut ich konnte, ihren
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