Der magische Zirkel - Der Abgrund: Band 4 (German Edition)
Augen wahrzunehmen. Sie wich etwas zurück.
» Er lebt in mir«, rief Cassie laut, und plötzlich wurden ungeahnte Kräfte in ihr freigesetzt.
Scarlett wich noch weiter zurück, durch das Flammenmeer in Richtung Ausgang. Der Feuerschutzzauber funktionierte immer noch, aber mit einem Mal hatte sie Angst.
Die Macht des Feuers, dachte Cassie. Die Macht des Feuers ist in mir.
Und dann brach sich irgendwo tief in ihrem Inneren etwas Bahn, diese Dunkelheit, die sie stets vage gespürt hatte. Der Ausbruch an Energie flößte ihr selbst Furcht ein, als das Wort über ihre Lippen kam. » Brenne!«, befahl sie.
Und Scarlett brannte. Auf halbem Weg zur Tür schrie sie plötzlich genauso grauenvoll wie in Cassies Albtraum. Der Feuerschutzzauber wirkte nicht länger, sie konnte nicht mehr unversehrt aus dem brennenden Haus in die rettende Kühle gelangen.
Scarlett schlug zornig die Flammen aus ihren Kleidern. » Ich dachte, du gehörst zu den Guten«, schrie sie.
Cassie richtete sich hoch auf. » Geht mir genauso.«
Da spürte sie, wie sich in ihr erneut etwas regte. Es wanderte ihre Kehle hinauf wie schwarze Galle und mündete in einen Schrei, der den Wasserhahn in der Küche in eine sprudelnde Fontäne verwandelte, die Wände erzittern ließ und jedes Wasserrohr zum Platzen brachte. Kalte Fluten ergossen sich in den Raum. Binnen Sekunden wurde das Feuer gelöscht.
Scarlett war sichtlich schockiert über diese Wendung. Doch sie konnte immer noch selbst Magie wirken und die Meisterwerkzeuge verstärkten ihre Macht. » Fragilis!«, schrie sie und hob ihre offenen Hände in Cassies Richtung.
Es war ein lateinischer Zauber, den Cassie nicht verstand, aber er zwang sie auf die Knie. Kraftlos sackte sie zusammen. Ihr Körper fühlte sich schwer an und der ganze Raum begann sich zu drehen. Sie konnte nicht einmal mehr den Kopf heben.
» Sentis infirma.« Scarlett richtete ihre magisch geladenen Finger auf Cassies Kopf und dann auf ihr Herz.
Cassie fühlte sich so schwach und benebelt wie am Rande einer Ohnmacht. Sie war sich sicher, dass sie sterben würde.
Das war’s, dachte Cassie. Scarlett ist zu stark. Ich habe verloren.
Sie wünschte, sie hätte Adam in diesem Moment sehen können, ein letztes Mal sein Gesicht betrachten können, bevor sie starb. Die Chalcedonrose, erinnerte sie sich und tastete schlaff nach dem Stein in ihrer Tasche. Es kostete sie den letzten Rest an Kraft, ihn in die Hand zu nehmen. Doch sie drückte ihn, so fest sie konnte, und konzentrierte sich dabei so sehr auf Adams liebevolles Gesicht, dass ihr war, als erschiene er tatsächlich. Als sich der Rauch verzog, sah sie Adams Haar so deutlich vor sich, dass sie den Eindruck hatte, jede einzelne Strähne erkennen zu können. Das musste der Tod sein. Cassie war zu schwach, um zu lächeln, aber sie war dankbar, dass ihr letzter Wunsch in Erfüllung gegangen war.
Eine Sekunde später begriff sie, dass Adam wirklich im Haus war und sich über sie beugte. Er ist es tatsächlich, schoss es ihr durch den Kopf, als er ihr Gesicht in beide Hände nahm und ihren Namen rief. Doch sie konnte nicht antworten. Sie hatte das Gefühl, immer wieder das Bewusstsein zu verlieren. Ebenso wie in ihren Albträumen und Visionen war ihre Sicht verschleiert und klar zugleich, eine einzige große, rätselhafte Verwirrung. Aber die Verbindung zwischen ihr und Adam war intensiv. Das silberne Band, das zwischen ihnen vibrierte, materialisierte sich, heller und deutlicher, als Cassie es je zuvor gesehen hatte. Es wirkte so echt, dass sie glaubte, es mit den Fingerspitzen berühren zu können, wenn sie die Hände ausstreckte. Erfüllt von Liebe folgte sie dem Band von Adams Herzen zu ihrem eigenen. Aber als sie genauer hinschaute, fiel ihr etwas Seltsames auf. Da waren zwei silberne Bänder. Eins führte von Adam zu ihr und das andere führte von Adam zu – Scarlett.
Und dann waren beide Bänder mit einem Mal verschwunden. Wie der Blitz. Einfach so. Cassie war sich nicht einmal sicher, ob Adam selbst es gesehen hatte.
Das musste ein Irrtum sein, eine Halluzination. Aber in ihrem Zustand konnte sie unmöglich unterscheiden, was Wirklichkeit war und was ihrer Fantasie entsprang.
» Cassie.« Adam hielt noch immer ihr Gesicht umfasst. » Bleib bei mir, Cassie. Bleib wach.«
Sie blinzelte gegen Tränen an und wandte den Kopf. Da waren sie alle – Diana und der Rest des Zirkels. Sie hatten Scarlett umzingelt.
» Gib uns die Meisterwerkzeuge«, verlangte Diana. » Dann werden
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