Der Makedonier
aber die alte Frau hatte nur gelächelt.
»Der Schleier wird deine Blöße bedecken. Und was das übrige angeht, das wirst du verstehen, wenn es soweit ist.« Sie verstand jetzt, als Philipps Hände an ihrem Hals entlang und über ihre Schulter glitten und den Stoff über ihre Arme nach unten schoben, bis sie nackt war bis zur Taille.
»Du bist jetzt mein Gebieter«, flüsterte sie, legte ihm die Arme um den Hals und drückte ihren Busen gegen die harten Muskeln seiner Brust. Sollte er glauben, was er glauben wollte, sie hatte vor, ihn zu umgarnen. »Ichgehöre dir ganz, mit Leib und Seele. Ich will es nicht anders.«
Irgendwann in den frühen Morgenstunden wachte sie auf. Als sie zum Fenster ging und die Läden öffnete, war der Himmel noch schwarz. Lärmen und Lachen waren nicht mehr zu hören, die Gäste waren also alle schon nach Hause gegangen, und die Bediensteten würden noch lange nicht aufstehen. Sie ging zum Bett zurück und legte sich wieder neben ihren Gemahl, der tief schlief. Er rührte sich nicht. Sie lag da, lauschte seinem Atmen und wünschte sich, sie hätte den Mut, ihn zu berühren.
Noch vor wenigen Stunden war sie eine andere gewesen. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern. Dieses andere Ich war jetzt wie eine Fremde für sie, die sie nur noch mit einem gewissen belustigten Mitleid betrachten konnte. Denn jetzt war sie die Frau von Philipp, Prinz von Makedonien und König von Elimeia – Philipp, ihr Gemahl. Sie mußte sich daran gewöhnen, ihn in ihren Gedanken einfach nur Philipp zu nennen. In diesem Zimmer, diesem Bett war dies sein einziger Name und Titel.
Und in ihrem Schoß trug sie seinen Samen.
Am Anfang war der Schmerz gewesen. Das mächtige Drängen seiner Lust hatte sie erschreckt. Doch schon bald waren aller Schmerz, alle Angst, ja sogar das Bewußtsein ihres eigenen Seins verschwunden.
War es so für alle Frauen? War es für ihre Mutter so gewesen? Ihre Mutter war gestorben und hatte so viel ungesagt gelassen, daß Phila ihren Verlust beinahe noch einmal betrauert hätte.
Aber sie konnte nicht glauben, daß es für alle Frauen so war – nicht alle Frauen waren mit Philipp verheiratet.
Einige Männer, so hieß es, beschämten die Götter mit ihrer sterblichen Herrlichkeit, so daß sie die Lieblinge des Himmels wurden. Bestimmt war Philipp einer von ihnen.
Der Sieger über eine Armee, die ihn eigentlich hätte zerquetschen sollen wie ein Hammer eine Weintraube, ein – König, noch bevor er zwanzig war, so einer konnte nicht sein wie gewöhnliche Männer.
Deshalb konnte ihr Glück nicht sein wie das Glück anderer Frauen, und deshalb würde es nicht lange währen.
In der Dunkelheit ihrer Hochzeitsnacht hörte Phila den Schlag der schwarzen Flügel des Todes, und sie wußte, daß ihre Zeit nicht lange dauern würde.
Aber was war schon der Tod im Vergleich zu diesem Glück?
29
DU SIEHST MÜDE aus, mein König. Du solltest weniger Zeit im Bett verbringen.« Sprüche wie dieser, gefolgt von lautem Gelächter: In den ersten Wochen nach seiner Heirat war Philipp die Zielscheibe vieler solcher Witze. Er ließ sie gutmütig über sich ergehen, denn er beharrte nicht auf seiner Würde, und es ist das Schicksal jedes frischgebackenen Ehemanns, seinen Freunden Gelegenheit zum Spotten zu geben. In dieser Hinsicht ergeht es einem König nicht anders als anderen Männern. Außerdem gefiel Philipp sein neues Leben. Was als Pflicht für den Staat begonnen hatte, entwickelte sich zu einem Vergnügen. Wenn er nach einem Tag bei seinen Truppen nach Hause kam, massierte Phila ihm die steifen Muskeln und hörte aufmerksam zu, wenn er von seinen Fortschritten erzählte. Mit ihr konnte er über seine politischen Pläne sprechen, denn sie war nicht an der Macht interessiert, sondern an ihm. Und es war für ihn eine große Erleichterung, über diese Dinge reden zu können.
»Du wirst dir vielleicht eine Konkubine nehmen wollen«, hatte sein Freund Lachios zu ihm gesagt, als er ihm seine Heiratspläne anvertraute. »Von Prinzessin Phila weiß ich nichts, ich habe in meinem ganzen Leben noch keine fünf Worte mit ihr gewechselt, aber diese Frauen von Stand werden nicht dazu erzogen, den Männern ein großes Vergnügen zu sein. Sie gebären dir Söhne, aber sie sind zu stolz und zu kalt, um einem Mann im Bett Lust zu bereiten. Wenn du also deine Pflicht erfüllt hast, steht es dir frei, dich mit einem hübschen kleinen Flittchen zu vergnügen, das weiß, wie es die Schenkel spreizen
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