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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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hatte nicht nur Derdas eine Gelegenheit zu Überfällen in Makedonien gesehen. Und so war es, als Philipp Derdas stürzte.
    Gegen Ende des Winters erhielt Philipp Briefe von seinem Bruder Perdikkas, in denen dieser berichtete, daß die Eordioten, deren Königreich im Norden an Elimeia angrenzte, mit dem König Menelaos von Lynkestis einen Bund geschlossen hatten, der es ihnen erlaubte, die Städte des westlichen Tieflands zu bedrohen. Edessa hatte bereits unter ständigen Angriffen zu leiden.
    »Anscheinend hat das Beispiel der Elimioten sie nicht sehr beeindruckt«, beklagte sich Perdikkas. »Aber ich kannes mir nicht leisten, die Garnisonen im Westen zu verstärken.«
    »Du kannst es dir nicht leisten, es nicht zu tun«, schrieb Philipp zurück. »Hebe eine Armee aus, und zeige König Aias und unserem geliebten Onkel deine Zähne.«
    »Ich habe bereits eine Armee ausgehoben«, erwiderte Perdikkas spitz. »Aber die hast du jetzt.«
    Ein Problem stellte sich Philipp: Er war der Untertan seines Bruders, und seine neue, aus Makedonien! und Elimioten bestehende Armee brauchte dringend Bewährung in der Schlacht. Er war aber auch König von Elimeia, und seine Untertanen würden nicht gerade begeistert davon sein, in einen Krieg zu ziehen, nur um dem König in Pella einen Gefallen zu tun.
    Glücklicherweise war Aias so freundlich, ihm die Entscheidung abzunehmen.
    Am fünften Tag im Monat des Daisios, als die Schneeschmelze bereits eingesetzt hatte, überfielen eordiotische Fußsoldaten eine elimiotische Einheit, die entlang der Grenze patrouillierte. Sie stellten sie in einer Schlucht und ließen Pfeile auf sie herabregnen, bis der Hauptmann der Patrouille gezwungen war, sich zu ergeben. Dann wurden die Überlebenden massakriert. Sogar den Pferden wurden die Kehlen durchgeschnitten.
    Aias bot eine lahme Entschuldigung an und behauptete, die Patrouille wäre in sein Gebiet eingedrungen, doch damit wollte er nur ausloten, wieviel Philipp hinzunehmen bereit war. Als Philipp die Botschaft erhielt, war er bereits mit einer Armee aus fünfzehnhundert Fußsoldaten und vierhundert Reitern auf dem Weg nach Norden.
    Philipp führte Krieg, an Überfällen hatte er kein Interesse. Die Dörfer, durch die sie kamen, mußten zwar seine Männer und seine Pferde versorgen, wurden ansonsten aber in Ruhe gelassen. Philipp war nur acht Tage außerhalb seiner Grenzen und schlug nur zwei Schlachten.
    Die erste war kaum mehr als ein Geplänkel. Sie dauerte nicht einmal eine Stunde, und danach blieben zweihundertsiebzig Männer, die meisten davon vom Feind, tot auf dem Schlachtfeld zurück. Zwei Tage später bot Aias über dreitausend Männer auf, und die Schlacht dauerte vom frühen Morgen bis in den Nachmittag hinein, aber schon lange vor dem Ende wurde deutlich, daß der König der Eordioten einfach nicht wußte, wie er dieser neuen Form der Kriegführung begegnen sollte. Er vergeudete Reiterreihe um Reiterreihe bei dem vergeblichen Versuch, die Linien der elimiotischen Fußtruppen zu durchbrechen, und am Ende war er gezwungen, einen Waffenstillstand auszurufen und zu fragen, ob König Philipp zu Friedensverhandlungen bereit sei. Philipp zählte die Verluste – einhundertzwölf Tote und zweiundsiebzig Verletzte unter seinen Männern gegen fast tausend Tote und Sterbende des Feindes – und verlangte einhunderttausend Silberdrachmen Tribut, sechsunddreißig Dörfer, den Widerruf des Vertrags mit Lynkestis, die Beendigung der Angriffe auf Edessa und die beiden ältesten Söhne des Aias als Geiseln. Aias hatte keine andere Wahl, als die Bedingungen anzunehmen.
    Nach seiner Rückkehr nach Aiane schrieb Philipp seinem Bruder: »Wenn Du gestattest, bringe ich im Sommer meine Gemahlin nach Pella, um sie Dir vorzustellen. Ich werde darüber hinaus Aias’ ältesten Sohn und Erben mitbringen, der ein wohlerzogener, aber sehr ängstlicher Junge ist. Ich habe ihm versprochen, daß Du ihm nicht den Kopf abschlagen und verspeisen wirst. Mit seinem Vater werden wir keine Schwierigkeiten mehr haben.«
    Perdikkas, der bereits den lynkestischen Botschafter empfangen hatte und deshalb wußte, was geschehen war, schien das nicht sehr zu erheitern. In seinem Antwortschreiben erwähnte er den Sieg kaum, sondern verlangte von Philipp die hundert Reiter zurück, die er ihm für dessen ursprüngliche Armee überlassen hatte.
    Zu der Zeit, als dieser Briefwechsel stattfand, hatten sich Aias’ Söhne, neun und zwölf Jahre alt, schon so sehr an ihre Geiselhaft

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