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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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sehenswert findest.«
    »Die Strategie ist von hier oben deutlicher zu erkennen. Die Schlachtordnung zeigt sich so, wie sie in der Vorstellung des Befehlshabers erscheinen muß.« Inzwischen wußte Philipp natürlich, mit wem er sprach, und er war entschlossen, sich seine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. »Warum hat Epameinondas seinen linken Flügel auf eine Tiefe von fünfzig Mann verstärkt?«
    »Weil die Spartaner ihre besten Truppen immer auf der rechten Seite aufstellen. Sie schwenken dann zur Mitte wie ein sich öffnendes Tor und überrollen die gegnerische Armee. Ich will, daß sie an einer Mauer zerbrechen, und deshalb verstärke ich meine linke Seite.«
    Etwas wie Belustigung zeigte sich im Gesicht des Mannes, der drei Jahre zuvor Kleombrotos bei Leuctra besiegt hatte.
    »Pammenes hat mich gewarnt, daß du voller intelligenter Fragen sein würdest. Was willst du sonst noch wissen?«
    »Diese Männer an der Spitze und in der Mitte des linken Flügels, sie tragen andere Uniformen. Wer sind sie?« fragte Philipp.
    »Das ist die Heilige Schar«, erwiderte Epameinondas und kniff dabei leicht die Augen zusammen, als wollte er sich die Gesichter einzelner Männer heraussuchen. »Du tust gut daran, ihnen besonderes Augenmerk zu schenken, denn sie sind das Rückgrat unserer Streitkräfte. Wenn die untergehen, ist Theben verloren.«
    » Heilig? Warum nennt man sie so?«
    »Weil sie geschworen haben, zu siegen oder unterzugehen. Neue Rekruten werden immer nur zu zweit aufgenommen, und es müssen Liebespaare sein. Sie kämpfen Schulter an Schulter, ihr Mut im Kampf ist deshalb die Hartnäckigkeit von Männern, die ihr Liebstes verteidigen.«
    »Und sie ziehen sich nie zurück?«
    »Bis jetzt haben sie es noch nie getan.«
    »Ein solcher Mut kann aber für einen Feldherrn leicht ein teurer Luxus werden.«
    Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde Epameinondas sich aufregen. Doch dann schien er es sich anders zu überlegen. Er lachte.
    »Ich kann jetzt schon prophezeien, daß die Bekanntschaft mit dir sich zu etwas sehr Interessantem entwickeln wird, junger Philipp von Makedonien. Du hast die seltene Gabe, hinter die Dinge zu blicken.« Er legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter. »Du hast natürlich recht. Wenn die Schlacht sich gegen einen wendet, ist es ein Vorteil, wenn man sich zurückziehen kann, um am nächsten Tag wieder zu kämpfen. Aber das ist ein Vorteil, den wir Griechen leider viel zu oft ausgenutzt haben. Deshalb nenne ich die Heilige Schar unser Rückgrat: Sie steht fest und spornt uns an, ihrem Beispiel zu folgen. Manch eine Schlacht wurde schon verloren wegen der allzu großen Bereitschaft, die Niederlage dem Rachen des Sieges zu entreißen.«
    Seine Augen kehrten noch einmal zu seiner Armee zurück, mit einem Blick so sanft wie eine Liebkosung.
    »Möchtest du mit mir von diesem luftigen Aussichtspunkt hinuntersteigen und dir die Armee von Theben aus der Nähe ansehn?« fragte er schließlich. »Das erste, was ein Spitzel lernen muß, ist, daß es keine Geheimnisse gibt – außer dem Geheimnis der Männer selbst.«
    Als sie wieder auf festem Boden standen, war das Manöver unterbrochen, und die Männer der thebanischen Fußtruppen saßen überall verstreut auf der Erde. Einige hatten ihre Schilde mit ihren Lanzen abgestützt, um in ihrem Schatten ein Nickerchen zu halten, und viele waren damit beschäftigt, die Riemen ihrer Sandalen zu flicken, ihre kurzen Breitschwerter zu schärfen oder andere Arbeiten, die des Soldaten Pflicht sind, zu erledigen. Als Epameinondas Philipp durch ihre Reihen führte, sahen einige ihren Heerführer mit matter Neugier an, doch die meisten achteten nicht auf ihn. Sie kannten ihn ja.
    »Ich möchte mal annehmen, daß es in Makedonien nicht so ist.«
    Mit seinem ausgestreckten rechten Arm wies Epameinondas über das gesamte Manöverfeld. Ein schwaches Lächeln umspielte beim Sprechen seine Lippen, als zeigte er einen kostbaren Besitz her und erwartete Bewunderung dafür.
    »Nein, so ist es nicht. Die Makedonier sind Reiter.«
    »O ja, ich verstehe, was du meinst«, entgegnete Epameinondas. Es schien ihn zu erheitern, daß er Philipp aus der Reserve hatte locken können. »Aber gegen eine disziplinierte Fußtruppe ist die Reiterei nutzlos, und außerdem ist die Erde Griechenlands so voller Steine, daß die Pferde ständig lahmen.«
    »Nicht einmal in den griechischen Armeen herrscht vollkommene Disziplin, und ich habe gehört, daß Pelopidas die

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