Der Makedonier
Lukios und nickte bedeutungsschwer. »Einige Frauen sind wirklich großartig.«
»Ich habe von Pferden gesprochen, du Tölpel.«
»Ja, natürlich hast du das.«
»Vielleicht solltest du wieder heiraten«, sagte der Regent, dem seine Barschheit nun leid tat. Denn Lukios war sehr betrunken, und es grenzte schon an ein Wunder, daß er überhaupt zuhörte.
»Vielleicht sollte ich das.«
»Was für eine Frau hättest du denn gerne?«
»Jung sollte sie sein, aber ansonsten bin ich nicht wählerisch.«
»Sehr gut. Ich werde Eurydike bitten, sich für dichumzusehen.«
»Du warst immer ein wahrer Freund, Ptolemaios«, sagte Lukios tief bewegt. Tränen traten ihm in die Augen, doch schon einen Augenblick später schien er alles vergessen zu haben. Er sah aus, als würde er gleich einschlafen.
»Einige Leute glauben, es sei unklug von mir, mich mit diesem Pferd einzulassen«, fuhr der Regent fort, ohne genau zu wissen, was ihn immer wieder zu diesem Thema zurückbrachte. »Was meinst du?«
Lukios rülpste, und das schien auch seinen Verstand zu klären.
»Wenn ein Kind den Hengst reiten kann, dann kannst du es auch. Es ist einfacher, ein Pferd zu besteigen als eine Frau.«
Er lachte unmäßig über seinen Witz, bis Ptolemaios ihn mi t einem Schlag auf den Kopf zum Verstummen brachte.
»Dein Same wird ranzig und verdirbt dir deinen Verstand«, sagte Ptolemaios wie jemand, der einen strengen Tadel ausspricht. »Hast du denn keine Sklavenmädchen, die dir Erleichterung verschaffen können?«
»Meine Frau war sehr eifersüchtig und hat nur alte Frauen ins Haus geholt.«
»Oh. Das ist ein großes Unglück.«
»Ja. Vor allem jetzt, da sie tot ist.«
»Hast du Philipps Hengst gesehen?«
»Nein?« Lukios hob den Kopf, um Ptolemaios anzusehen, und zwinkerte dann, als würde ein Licht ihn blenden. »Was hast du nur die ganze Zeit mit Philipps Hengst? Du klingst schon fast wie meine Frau, wenn ihr Hirn vernebelt war, weil ich eine andere angesehen hatte. Du wirst doch nicht auf diesen Jungen eifersüchtig sein?«
Im Wein ist Wahrheit, dachte Ptolemaios. Dieser besoffene Trottel hat mir in die Seele geschaut.
Er wollte ihn schon mit einer scharfen Antwort zurechtweisen, ließ es dann aber sein. Eine Viertelstunde später schlief Lukios friedlich, den Kopf auf die Arme gelegt.
Nach dem Festmahl und vor dem Zubettgehen machte Ptolemaios noch einen Abstecher zu den königlichen Stallungen. Aus irgendeinem Grund glaubte er, ruhiger zu schlafen, wenn er zuvor den Hengst noch einmal besuchte. Vielleicht wollte er sich einfach daran erinnern, daß ein Pferd eben nur ein Pferd ist und nichts anderes.
Doch was er dort fand, war nicht Seelenfrieden, sondern eine Decke auf der Erde, die, wie es aussah, eine menschliche Gestalt verhüllte. Was er fand, war das erstaunte Schweigen, das mit dem Tod einhergeht.
»Alastor hat einen Stallburschen getötet«, sagte ihm Geron. »Das Pferd war unruhig, und der Junge wollte nachsehen, was mit ihm los ist.«
»Er ist zu ihm in den Verschlag gegangen?«
»Ja, er war noch neu hier, frisch vom Land. Wahrscheinlich war er daran gewöhnt, mit Pflugochsen umzugehen. Es ist sehr traurig. Prinz Philipp wird sich sehr aufregen, wenn er erfährt, daß wir seinen Hengst haben töten müssen.«
Ptolemaios sah zu der Leiche unter der Decke hinunter. Der Menge des Blutes nach zu urteilen, das durchgesickert war, mußte das Pferd dem Jungen den Schädel zertrampelt haben.
»Ich verbiete dir, ihn zu töten«, sagte er, bevor er wußte, daß er überhaupt etwas hatte sagen wollen. »Es war die Schuld des Jungen, nicht die des Hengstes. Wir werden doch kein gutes Tier opfern, nur weil ein Stallbursche unvorsichtig war.«
Als Ptolemaios etwas später über den dunklen Palasthof zu seinen Gemächern ging, spürte er plötzlich einen entsetzlichen Schmerz in seinen Eingeweiden. Er merkte, daß er nicht mehr weitergehen konnte, sank zu Boden und übergab sich heftig.
In diesem Augenblick, auf den Knien in der Dunkelheit, zitternd und schwitzend vor Schwäche, die einen Mann überkommt, der nach einer durchzechten Nacht seinen Magen entleert, in diesem Augenblick hatte er entsetzliche Angst.
»Warum habe ich diesen Hengst nicht töten lassen?« fragte er sich. »Warum, wenn nicht aus dem Grund, daß ich es nicht wage?«
Er stand auf, so schnell er konnte, damit niemand ihn in dieser Haltung überraschte, und eilte davon, um im Schlaf Vergessen zu finden.
16
PHILIPP ERKANNTE SEHR schnell, daß
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