Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mammutfriedhof

Der Mammutfriedhof

Titel: Der Mammutfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
Vom Netzwerk:
sie einen Teil der Stadt, der noch völlig unversehrt war. Mythor schloss daraus, dass sie sich dem Festland näherten, denn hier schienen die Sasgen noch nicht gewütet zu haben. Im übrigen hatte er die Orientierung in den kleinen, winkligen Gassen verloren.
    Die Frau hielt Mythor am Handgelenk des verletzten Armes und schützte die Wunde mit ihren Händen. Sie lief schnell, mit kleinen trippelnden Schritten, und sprang behende und geschickt über Hindernisse und Trümmer, die ihnen im Weg lagen. Während des gesamten Laufes durch die Stadt sprach sie kein einziges Wort.
    Schließlich blieb sie vor einer Hütte stehen, die eine der niedrigsten und kleinsten war, die Mythor bisher in ganz Urguth gesehen hatte. »Du wirst den Kopf einziehen müssen«, sagte die Frau und stieß die kleine Tür auf.
    Im Inneren der Hütte herrschte ein warmes, dämmriges Licht. Die Hütte hatte kein einziges Fenster. Kleine Flämmchen, die in mit Fischtran gefüllten Lampen brannten, erleuchteten schwach den Raum. Bizarre Schatten tanzten an den Wänden.
    Der Innenraum der Hütte war angefüllt mit den seltsamsten Dingen. Auf schmalen Regalen lagen eigenartig geformte Knochen. Mythor konnte nicht entscheiden, von welchem Tier sie stammen mochten. Dazwischen lagen oder standen Gefäße aus Ton, ausgehöhlte Beinknochen, die Pulver der verschiedensten Art enthielten, und seltsame Nadeln, Löffel und Messer.
    Die Decke war mit Fischhaut bespannt. Die Schuppen glänzten und flimmerten in den ungewöhnlichsten Farben. Fischköpfe waren an den Wänden befestigt. In den weit aufgesperrten Mäulern brannten ebenfalls winzige Tranflämmchen. Die Augen der Fische bestanden aus glänzenden, bunten Muscheln.
    Mythor bewegte sich tief gebeugt, um nicht an die niedrige Decke zu stoßen. Interessiert ging er an den Wänden entlang und besah sich die sonderbaren Gegenstände.
    »Setz dich dort hin!« befahl ihm die Frau und deutete auf einen flachen Hocker, der mit einem glatten, lederartigen Stoff bespannt war. »Leg den Arm auf den Tisch!«
    Auf dem Tisch lagen Tang und verschiedene andere Pflanzen. Sie waren sorgfältig zurechtgeschnitten und geordnet. Mythor legte seinen Arm vorsichtig dazwischen. Ein starker, fast betäubender Duft ging von diesen Pflanzen aus.
    »Du interessierst dich für solche Dinge?« fragte die Frau und deutete auf die zahllosen seltsamen Gegenstände, die auf den Regalen der Wände lagen.
    »Ich habe so etwas noch nie gesehen«, antwortete Mythor.
    Die Frau nahm einen der steinernen Tiegel von dem Regal und hielt ihn über die schwache Glut des Kaminfeuers. Sie drehte ihn langsam und erwärmte ihn gleichmäßig. Dann füllte sie ihn mit den verschiedensten Pulvern. Sie fügte einige der Blätter vom Tisch dazu und begann dann das Ganze mit ruhigen Bewegungen zu verrühren.
    »Aus diesen Dingen stelle ich Salben und Pulver her«, sagte sie. »Damit kann ich fast alle Schmerzen, Wunden und Krankheiten heilen.« Ihre Stimme wurde leise und klang beschwörend. »Es ist eine große Kunst. Nur wenige kennen die Geheimnisse!«
    Sie setzte sich neben Mythor und begann mit einem weichen Stück Stoff die Wunden an seiner Hand zu säubern. Mit einem feinen Messer trennte sie die Hautfetzen ab, die sich über den Brandblasen gebildet und gelöst hatten. Mythor spürte keinen Schmerz.
    Sorgfältig sammelte die Frau die abgetrennten Hautstückchen, legte sie auf ein kleines Brettchen und begann, sie in winzige Stücke zu zerschneiden. Anschließend warf sie sie in den Tiegel zu dem Pulver. Wieder begann sie sorgfältig zu rühren und zu zerreiben.
    »Nichts darf verlorengehen«, murmelte sie. »Alles ist ein großer Kreislauf!«
    Unter den Bewegungen der Frau veränderte sich der Inhalt des Tiegels. Es bildete sich eine feuchte, zähe Masse. Zuerst war sie grau, später wurde sie weiß. Die Frau nickte zufrieden. Sie nahm einen länglich geformten, flachen Knochen als Löffel und bestrich die geschundene Hand Mythors mit der Masse.
    Dort, wo die Salbe die Wunden berührte, stoppte die Blutung sofort. Ein warmes, angenehmes Gefühl durchfloß die Hand und den Arm. Die Schmerzen, die Mythor schon seit Stunden peinigten, wurden schwächer und hörten schließlich gänzlich auf.
    Zum Schluss umwickelte die Frau die Hand mit einem Streifen Stoff und verknotete die Enden.
    »In zwei Tagen ist die Hand geheilt«, sagte die Frau.
    Mythor erhob sich. »Ich danke dir«, sagte er. »Ich habe noch große Aufgaben vor mir, und es ist wichtig, dass

Weitere Kostenlose Bücher