Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
Vom Netzwerk:
was uns interessiert.«
    »Was sollte das sein?«
    »Wie er war? Im Bett?«
    Sie zuckte bedauernd die Schultern. Nahm einen Zwieback und nagte daran. Schließlich sagte sie: »Kein Kommentar. Ich pflege nicht…«
    »Was pflegen Sie nicht?«
    »Ich pflege nicht über die Männer zu sprechen, mit denen ich zusammen war. Wenn wir jetzt zum Beispiel miteinander schlafen würden, dann würde ich hinterher auch nicht herumlaufen und Einzelheiten erzählen.«
    Kollberg bewegte sich verlegen. Ihm war warm, und diese Frau heizte ihm obendrein ein. Am liebsten hätte er die Jacke abgelegt. Es war auch nicht auszuschließen, daß er sich am liebsten völlig ausgezogen hätte und mit dieser Frau ins Bett gegangen wäre. Er hatte das im Dienst wahrhaftig äußerst selten getan, vor allem nicht, seit er verheiratet war. Aber es war doch vorgekommen.
    »Trotzdem hätte ich gerne eine Antwort auf meine Frage«, sagte er. »War er sexuell als normal zu bezeichnen?«
    Sie antwortete nicht.
    »Es ist wichtig«, bat er.
    Sie fing seinen Blick ein und fragte ernsthaft: »Warum?«
    Kollberg sah die Frau nachdenklich an. Er stand vor einer schweren Entscheidung. Er wußte, daß viele seiner Kollegen ihn wegen seiner nächsten Antwort schärfer tadeln würden, als wenn er mit ihr geschlafen hätte.
    »Lundgren ist ein Berufsverbrecher«, sagte er schließlich. »Er hat zehn schwere Gewaltverbrechen zugegeben. Es kann bewiesen werden, daß er am Freitagabend der letzten Woche zur gleichen Zeit im Vanadislunden war, als dort ein kleines Mädchen ermordet wurde.«
    Sie sah ihn kurz an und schluckte mehrmals.
    »Oh«, sagte sie dann leise, »das wußte ich nicht. Das kann ich kaum glauben,« Einen Augenblick später sah sie ihn wiederum an, mit klaren braunen Augen, und sagte: »Das beantwortet meine Frage. Nun begreife ich, daß ich antworten muß.«
    »Ja?«
    »Soweit ich es beurteilen kann, war er völlig normal, fast zu normal.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich meine, daß ich selbst auch völlig normal bin, sexuell, daß ich… Ja, da ich es nur ganz selten mache, möchte ich vielleicht etwas mehr haben als… wollen wir sagen: Routine?«
    »Ich verstehe«, sagte Kollberg und kratzte sich verlegen hinterm Ohr.
    Er überlegte einige Sekunden. Das Mädchen sah ihn ernsthaft an. Schließlich sagte er: »War er es, der im Vanadisbad… den Kontakt mit Ihnen suchte?« »Nein, eher umgekehrt.«
    Sie stand plötzlich auf und trat ans Fenster, das Ausblick auf die Storkyrkan bot. Ohne den Kopf zu drehen, sagte sie: »Genau das. Eher umgekehrt. Ich ging gestern ins Vanadisbad, um einen Mann zu finden. Ich war drauf aus. Hatte mich darauf vorbereitet, wenn Sie so wollen.«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Ich lebe eben auf diese Weise«, sagte sie. »Ich lebe so seit mehre-ren Jahren, und wenn Sie wollen, kann ich auch erzählen, weshalb ich so lebe.«
    »Das ist nicht nötig«, entgegnete Kollberg.
    »Ich tue es gerne«, sagte sie und fingerte an der Gardine herum »darüber sprechen meine ich…«
    »Das ist nicht nötig«, wiederholte Kollberg.
    »Wie Sie wollen. Ich kann nur betonen, daß er sich bei mir völlig normal benahm. Anfangs war er nicht einmal besonders interessiert. Aber… nun, ich sah zu, daß er es wurde.«
    Kollberg trank seinen Kaffee aus. »Ja, das wäre wohl alles«, sagte er unvermittelt. Immer noch ohne sich umzudrehen, sagte sie: »Ich habe schon früher manchmal darüber nachgedacht. Aber das hier war schlimmer. Das war sehr unangenehm.« Kollberg sagte nichts.
    »Lehrreich«, sagte sie mehr zu sich selbst und fingerte abermals an der Gardine herum. Dann drehte sie sich um und sagte: »Ich versichere Ihnen, daß ich es war, die die Initiative ergriff. Auf sehr deutliche Art und Weise.
    Wenn Sie wollen, kann ich…«
    »Nein, das ist nicht nötig.«
    »Und ich kann versichern, daß er völlig normal war, als wir… als wir zusammen waren.«
    Kollberg stand auf.
    »Ich finde Sie nett«, sagte sie plötzlich.
    »Ich Sie auch.«
    Er ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. Dann sagte er zu seiner eigenen Überraschung: »Ich bin verheiratet - seit eineinhalb Jahren. Meine Frau ist im neunten Monat.«
    Sie nickte. »Was meine Art zu leben betrifft…« Sie unterbrach sich.
    »So wie Sie es machen, ist es nicht gut«, sagte Kollberg, »und es kann gefährlich werden.«
    »Ich weiß«, stimmte sie zu.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Kollberg.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Lisbeth Hedvig Maria Karlström.
    Man hatte ihm einen

Weitere Kostenlose Bücher