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Der Mann auf dem Einhorn

Der Mann auf dem Einhorn

Titel: Der Mann auf dem Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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hatte. Gefährliche Abenteuer, unzählige Entdeckungen und eine geradezu gewaltige Entfaltung seines Wissens und seiner Kenntnisse hatten ihn seither bereichert. Selbst das Schwert hatte er besser und kräftiger zu führen gelernt vom unglücklichen Coerl O'Marn. Die geistige Enge seiner Heimatstadt Churkuuhl war ein für allemal vorbei. Jetzt erlebte er neue Horizonte, selbst wenn er dabei hungerte und fror.
    »So ist es! Bei Erain!« bestätigte er sich selbst. Er näherte sich dem nächsten Waldabschnitt, der hinter den Schneedünen dunkel und geheimnisvoll aufragte. Auch heute herrschten Hochnebel, leichter Schneefall und Wind, aber die Sonne konnte den Dunst nicht durchdringen. Ruhig trabte der Rappe in einer schmalen Spur, die von Waldtieren getreten worden war, der schmalen Lücke entgegen, die sich im Gebüsch zeigte.
    Mythor legte die Hand an den Schwertgriff.
    Er rechnete damit, wieder auf Wildländer zu stoßen. Die Horden waren vermutlich nichts anderes als Familienverbände, die alles und jeden jagten, die sich in ihr Gebiet verirrten. Das Gebiet war groß, und es gab nicht viele Wildländer, und nur deswegen war Mythor so selten mit ihnen zusammengetroffen. Wieder schlug die Ruhe des Waldes über Mythor und dem Pferd zusammen. Der Tierwechsel verbreiterte sich, wurde wieder schmaler, führte im Zickzack aufwärts und abwärts und gestattete ein gleichmäßig schnelles Tempo. Der Helm der Gerechten schwieg jetzt wieder.
    Der Wald wurde kümmerlicher. Die Abstände zwischen den dünnen Stämmen wuchsen, die freie Sicht zeigte, als Mythor das Pferd zügelte, ein Bild, das ihn gleichermaßen überraschte wie faszinierte.
    Aus einer weitestgehend flachen Landschaft, deren Einsamkeit nur von wenigen kleinen Baumgruppen unterbrochen wurde, ragte ein Tafelberg heraus. Vor Mythors Augen lag eine unregelmäßig gewellte Fläche von makellosem Weiß. Darin waren die schwarzen und dunkelgrünen Flecken der Gewächse, und genau im Zentrum ragte, mehr als fünfzig Mannsgrößen hoch, der Tafelberg auf. Er war graubraun und, so gut Mythor es feststellen konnte, unbewachsen. Seine Abhänge waren von seltsamen Klüften und Schrunden durchzogen, die hellere Farben zeigten. Mythor blinzelte und schüttelte verwirrt den Kopf. Gerade dort, wohin er blickte, musste sich ein großer Höhleneingang befinden. Der Berg schien rund zu sein, wie ein Kreis, und die oberste Fläche war von den Ewigkeiten der Zeit glattgeschliffen worden. Der Fuß des grauen Berges wies einen größeren Durchmesser auf als das Gipfelplateau, so dass er stumpfkegelig wirkte.
    »Das ist es!« sagte sich Mythor.
    Der Helm gab ihm keine Bestätigung. Mythor gab seinem Rappen leicht die Sporen, und das Tier fiel in einen langsamen Galopp. Eine Fahne stiebenden Schnees hinter sich, sprengte Mythor auf den Eingang zu. Er war sicher, sich am vorläufigen Ziel seiner Wünsche zu befinden. Vorübergehend drängte er die Gedanken an den Verlust der drei Tiere zurück und spähte aufmerksam nach vorn. Vorsicht und Misstrauen erfüllten ihn, und sein Instinkt trog ihn nicht.
    Nach kurzer Zeit sah er an vielen Stellen zwischen sich und dem Berg dunkle Gestalten aus dem Schnee auftauchen, als hätten sie ihn schon längst erwartet. Hier war es einer, dort erkannte er eine Gruppe, vor dem Eingang formierte sich eine mehrfach gestaffelte Kette.
    »Wildländer! Bei God und Erain. und es sind zu viele!« stieß er hervor.
    Tausend Mannslängen trennten ihn noch von dem schwarzen Eingang. Langsam zog er das Gläserne Schwert und ritt auf die ersten Posten zu. Sie alle trugen die Kapuzen, die für die Wildländer typisch waren.
    Mythor ahnte, dass er die Grenze Dandamars bereits hinter sich gelassen hatte.
    Eine Gruppe von drei Männern drang auf ihn ein. Er wollte zwischen ihnen hindurch auf sein Ziel zu galoppieren, aber er fuhr sogleich im Sattel herum und schlug das kurze Schwert aus der Hand des ersten Angreifers. Der zweite sprang zur Seite, als sein Artgenosse taumelte und auf das Heft der Waffe in seinen Fingern starrte, aber er richtete den Speer auf Mythor. Mit dem zurückschnellenden Hieb des langen Schwertes schmetterte Mythor die Waffe zur Seite und zerbrach den Schaft in zwei Hälften.
    Dann stieg der Rappe hoch, schlug mit den Hufen nach dem dritten Angreifer, der ein langstieliges Beil mit eiserner Schneide über seinen Kopf schwang und dabei einen trillernden Schrei ausstieß. Das Eisen klirrte hart gegen das schwach leuchtende Schwert, und die Wucht des

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