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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Vertrags von Björkö zu verhindern.« Churchill machte eine Pause.
    »Trotzdem waren Sie nicht unsere erste Wahl, um Großbritannien bei diesen Verhandlungen zu vertreten. Sie wissen ja, wie die Dinge in Westminster stehen …«
    »Ja, ja.« Waiden hatte keine Lust, jetzt darüber zu diskutieren. »Aber aus einem mir nicht bekannten Grunde haben Sie sich eines anderen besonnen.«
    »Um es kurz zu sagen, Sie waren die Wahl des Zaren. Sie scheinen der einzige Engländer zu sein, dem er traut. Jedenfalls hat er seinem Vetter, Seiner Majestät König George V., ein Telegramm geschickt, in dem er darauf besteht, daß Sie die Verhandlungen mit Orlow führen.«
    Waiden konnte sich die Bestürzung unter den Radikalen vorstellen, als sie erfuhren, daß sie einen reaktionären alten adligen Tory in ihre geheimsten Pläne einweihen mußten.
    »Das dürfte Sie aber ganz schön entsetzt haben«, sagte er.
    »Durchaus nicht. Unsere außenpolitischen Ansichten unterscheiden sich gar nicht so sehr von den Ihren. Und ich hatte schon immer das Gefühl, daß unsere innenpolitischen Meinungsverschiedenheiten kein Grund sein sollten, die Fähigkeiten Eurer Lordschaft der Regierung Seiner Majestät vorzuenthalten.«
    Jetzt schmeichelt er mir auch noch, dachte Waiden. Sie scheinen mich wirklich zu brauchen. Dann fragte er: »Wie lange soll die Angelegenheit geheimgehalten werden?«
    »Es wird zunächst wie ein Familienbesuch aussehen. Falls Sie einverstanden sind, wird Orlow während der Londoner Saison bei Ihnen wohnen. Sie werden ihn in die Gesellschaft einführen. Gehe ich recht in der Annahme, daß Ihre Tochter in diesem Jahr ihr Debüt machen wird?« Er blickte Lydia an.
    »So ist es«, sagte sie.
    »Dann werden Sie ja vermutlich viel ausgehen. Orlow ist, wie Sie wissen, Junggeselle, und ein sehr begehrter dazu. Wir werden also im Ausland leicht das Gerücht verbreiten können, er schaue sich nach einer englischen Ehefrau um. Vielleicht findet er sogar eine.«
    »Eine gute Idee.« Waiden stellte plötzlich fest, daß ihm die Sache gefiel. Unter den konservativen Regierungen Salisbury und Balfour hatte er immer eine halboffizielle Diplomatenstellung eingenommen, sich aber dann in den letzten acht Jahren aus der internationalen Politik zurückgezogen. Jetzt hatte er eine Chance, die alten Beziehungen Wiederaufleben zu lassen, und er erinnerte sich, wie aufreibend und faszinierend solche Aufgaben waren: Die Geheimhaltung, die spielerische Technik des Verhandelns, die Bewältigung von Persönlichkeitskonflikten, die mit äußerster Vorsicht geübte Kunst der Überredung, der Einschüchterung oder der Drohung mit Krieg. Die Russen waren keine leichten Verhandlungspartner, wie er selbst erfahren hatte. Sie neigten zu Launen, Starrköpfigkeit und Arroganz. Aber mit Alex würde er bestimmt auskommen. Als Waiden Lydia geheiratet hatte, war der damals zehnjährige Alex in seinem Matrosenanzug unter den Hochzeitsgästen gewesen. Später hatte er ein paar Jahre auf der Universität von Oxford verbracht und die Waidens während seiner Ferien besucht. Der Vater des Jungen war tot, und Waiden hatte ihm mehr Zeit gewidmet, als er normalerweise für einen jungen Mann aufgebracht hätte.
    Die ideale Grundlage für Verhandlungen. Ich glaube, es wird mir gelingen, dachte er.
    Churchill sagte: »Darf ich annehmen, daß Sie es tun werden?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Waiden.
    Lydia erhob sich. »Nein, bleiben Sie nur sitzen«, sagte sie, als die Männer mit ihr aufstanden. »Ich überlasse euch euren politischen Gesprächen. Bleiben Sie zum Abendessen, Mr. Churchill?«
    »Ich habe leider eine Verabredung in der Stadt.«
    »Dann verabschiede ich mich.« Sie schüttelte ihm die Hand.
    Lydia verließ das achteckige Zimmer, in dem sie immer ihren Tee einnahmen, durchquerte die große Halle, die kleine Halle und trat in das Blumenzimmer. Zur gleichen Zeit kam einer der Gärtnergehilfen, dessen Namen sie nicht kannte, durch die Gartentür mit einem Armvoll rosa und gelber Tulpen für den Abendessentisch herein. Eine der Besonderheiten, die Lydia an England und speziell an Waiden Hall liebte, war der Blumenreichtum. Stets hatte sie morgens und abends frische Schnittblumen, selbst im Winter, wenn sie in den Treibhäusern gezüchtet werden mußten.
    Der Gärtner berührte seine Mütze – er brauchte sie nicht abzunehmen, solange man ihn nicht anredete, denn das Blumenzimmer galt als ein Teil des Gartens –, legte die Blumen auf einen Marmortisch und

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