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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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weiter.«
    Slopes Augen gingen hin und her, als hätte er eine Kinoleinwand vor sich. Dann legte er eine Hand vors Gesicht, seine nächsten Worte kamen erstickt darunter hervor.
    »Himmel noch mal, was ist das für eine Welt, in der unsere Kinder leben, Charles!«
    Charles sprang besorgt auf, aber Edward winkte ab.
    »Alles in Ordnung. Setz dich wieder hin.«
    Der Film vor den Augen des Arztes lief weiter.
    »Der Mann beugte sich über sie, und mit einem Schlag war Kathy hellwach. Sie hatte sich nur schlafend gestellt, und nun stürzte sie sich fauchend und zähnefletschend wie ein kleines Tier auf den Mann. Sie stieß ihm beide Daumen in die Augen, er legte die Hände vors Gesicht und wich taumelnd zurück. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. Als der Kameramann sie packen wollte, schlug sie die Zähne in seinen nackten Arm und biss ein Stück Fleisch heraus. Ein Stück Fleisch, Charles. Und spuckte es auf den Boden.«
    Charles sah in Edward Slopes vor Grauen geweiteten Augen das Geschehen von damals noch einmal ablaufen.
    »Die Männer schreien, die Scheinwerfer fallen um, die Kamera liegt am Boden. Zum Schluss sieht man Kathy mit einem Schuh durch einen Gang ins Dunkel flüchten.«
    Schön war er gewesen, dieser Ausdruck fassungslosen Staunens, als sie begriffen hatte, dass sie sterben würde. Am besten aber hatte sie ihm gefallen, als der Tod ihrem Gesicht alles Feindselige genommen hatte. Nur eine tote Nutte ist eine gute Nutte. Bei Mallory würde es nicht anders sein. Er legte die Daumen auf die beiden Weinbeeren, drückte zu und spürte genüsslich, wie die Haut aufplatzte, das Fleisch nachgab. Es waren grüne Trauben gewesen. Er nahm die Hände weg. Zerquetschte, zermalmte, blinde Augen sahen ihn an.
    Sie standen in der Küche der Rosens. »Sie will ihn nicht anzeigen«, sagte Betty Hyde und setzte ihren Kaffeebecher ab. »Dass er seine Mutter verprügelt hat, kannst du wohl nicht beweisen, was? Ich habe mich mit meinem Artikel für die Frühausgabe ziemlich zurückhalten müssen. Mein Redakteur hat mir verboten, vor der Exhumierung Namen zu nennen, aber die ist jetzt eingeleitet. Außerdem wird morgen früh eine junge Reporterin den Richter vor den Coventry Arms abfangen. Du kennst ja die Masche. ›Ist etwas Wahres an dem Gerücht, dass Sie Ihre alte Mutter zu Tode geprügelt haben?‹«
    »Hat Pansy Ihnen sonst noch was erzählt?«
    »Nein. Arme Pansy. Ich habe so viel Leid noch nie aus der Nähe gesehen. Sie ist wieder bei ihm.«
    »In seiner Wohnung? Das ist doch Wahnsinn!«
    »Wenn er sie geschlagen hat, sagt sie, ist er hinterher immer ganz besonders lieb, und deshalb hat sie keine Angst vor ihm.«
    »Beim nächsten Mal schlägt er sie tot, ist ihr das nicht klar?«
    »Muss sie eigentlich die Anzeige erstatten, oder könnten Sie das machen? Ich denke nicht nur an die menschliche Seite, sondern auch an den Verleumdungsparagraphen. Sachen, die nicht im Polizeibericht stehen, fasst die Redaktion nicht so gern an.«
    »Ich habe ihn nicht prügeln sehen. Wenn sie sagt, dass sie hingefallen ist, kann man juristisch nichts dagegen unternehmen.«
    Mallory schlug die Arme übereinander und sah Betty Hyde an, die energisch gegen den Eindruck ankämpfen musste, dass Mallory innerhalb weniger Sekunden größer geworden war. Mallory beugte sich vor, und Betty wich zurück, bis es nicht mehr weiter ging.
    »Sie verheimlichen mir etwas. Was wissen Sie über Eric Franz?«
    Für einen nachbarlichen Besuch war es eigentlich zu spät. Aber als sie sich damals, nach Annies Unfall, um Eric gekümmert hatte, war es auch spät gewesen. Eine Hand wäscht die andere.
    Eric öffnete, zog den Morgenrock fester und sah über Betty Hydes linke Schulter.
    »Ich bin’s, Betty. Ich habe mit Ihnen zu reden.«
    Er trat zurück und machte Licht im Wohnzimmer. Der Raum war fast unverändert. Kein Wunder, Annie war schließlich erst einen knappen Monat tot. Nur das gerahmte Hochzeitsfoto, auf dem dem Bräutigam irgendjemand mit schwarzem Filzstift Hörner aufgesetzt hatte, war nicht mehr da.
    Viele Stunden und Flaschen später brach es dann aus Eric heraus: »Was glauben Sie wohl? Wäre ich nicht blind gewesen, wäre Annie die letzten drei Jahre nicht bei mir geblieben. Sie wollte sich damals scheiden lassen, aber dann kam das Geld von der Versicherung, und sie hat es sich anders überlegt. Danach hatte ich großen Erfolg mit meinen Büchern und bekam einen Preis nach dem anderen. Trotzdem … von einem Sehenden hätte sie sich

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