Der Mann, der die Frauen belog - Roman
Filme gedreht worden waren, inzwischen waren einige Jahre vergangen, die Spur war kalt geworden. Erst vier Jahre später hat Riker dann den zweiten Mann verhaftet und getötet.«
»In Ausübung seiner Pflicht …«
»So hat es Riker begründet. Bei der Untersuchung sprach zu seinen Gunsten, dass seinerzeit auch der Komplize bei der Verhaftung ums Leben gekommen war. Markowitz stellte sich auf den Standpunkt, dass Riker nur das getan hatte, wozu beim FBI fünf Mann nötig gewesen wären. Und er schwor, dass nur er die Filme kannte. Sie konnten also nicht beweisen, dass hier jemand rot gesehen und die Opfer gerächt hatte. Und weil Riker den Verdächtigen mit den Fäusten und nicht mit seiner Dienstwaffe fertiggemacht hatte, kamen Untersuchungsausschuss und Staatsanwalt zu dem Ergebnis, dass es kein Vorsatz war, sondern ein Unfall, ausgelöst durch die Gegenwehr des Verdächtigen bei seiner Verhaftung.«
»Klingt einleuchtend.«
»Auch mir hat das damals eingeleuchtet, zumal nach meinem damaligen Wissensstand nur Markowitz persönlich betroffen war. Offenbar hat er mich damals beschwindelt. Aber er wollte mich wohl nicht mit hineinziehen. Und wahrscheinlich fühlte er sich mitschuldig an dem, was Riker getan hatte, denn mit der Objektivität steht und fällt ja die Arbeit der Polizei.«
Und Riker liebte Kathy.
»Kathy weiß nichts von dem Film. Markowitz hat das so gewollt. Du darfst ihr von dem, was wir heute Abend besprechen, nie etwas erzählen, ist das klar?«
»Ja, natürlich.«
»Markowitz hatte mich gewarnt. Du brauchst dir nicht den ganzen Streifen anzusehen, sagte er. Teile davon musste ich sehen, weil Riker den Burschen so zugerichtet hatte, dass man ihn nach dem Führerscheinfoto nicht mehr identifizieren konnte. Seine Fingerabdrücke waren nicht in den Akten, aber er hatte eine Narbe von einer Verletzung, die er sich bei diesem Ereignis, von dem es einen Film gibt, zugezogen hatte.«
»Erzähl mir von dem Film.«
»Soll ich wirklich? Es wird dir noch leidtun …«
Das war seine letzte Chance, der ehrliche Mann zu bleiben, für den Edward Slope ihn hielt.
»Ja, schieß los.«
»Es gibt eine gewisse Sorte von Filmen – wahre Leckerbissen für Freaks –, die handeln davon, wie Menschen gefoltert und ermordet werden. Die Opfer sind meist Kinder. Irgendwie lässt sich also auch mit New Yorker Straßenkindern noch Geld machen.«
Slope winkte einen Ober heran und bestellte einen doppelten Scotch. »Nüchtern schaffe ich das nicht«, sagte er zu Charles. »Willst du wirklich alle Einzelheiten hören?«
»Ja, natürlich.«
Nein, natürlich nicht. Habe ich nicht schon genug Albträume? Nein. Red weiter. Ich habe es nicht anders verdient.
»Zu Beginn des Films – eine Billigproduktion, gedreht in einem Lagerhaus mit nur einem Set – lagen die Kinder, ein Junge und ein Mädchen, schlafend in einem Käfig. Ich hatte den Eindruck, dass sie unter Drogen standen. Der kleine Junge wurde gerade wieder wach, vielleicht haben sie deshalb zuerst ihn genommen. Das kleine Mädchen regte sich nicht. Es war Kathy. Aber das weißt du ja.«
Charles nickte.
Noch eine Lüge, die er mit einem weiteren Albtraum würde büßen müssen.
»Kathy kann damals höchstens acht gewesen sein und lebte wohl schon eine Weile auf der Straße. Sie trug ein schmuddeliges T-Shirt und Jeans, die ihr viel zu groß waren. Später hat sie mir mal erzählt, dass sie nur das klaute, was sie sich am leichtesten schnappen konnte, deshalb passte natürlich nicht immer alles perfekt.«
Der Ober brachte den Whisky, und Edward trank rasch.
»Sie hatte nur einen Schuh an, der andere Fuß war nackt. Sie holten den Jungen aus dem Käfig. Ich hatte Markowitz gebeten, den Ton leiser zu stellen, aber ich höre das Kind heute noch schreien. Was sie mit ihm gemacht haben, brauchst du nicht zu wissen. Aber er hat lange leiden müssen. Den Käfig hatte man dabei immer im Blick. Kathy rührte sich nicht und machte die Augen nicht auf. Ich habe sie die ganze Zeit beobachtet.«
O Gott. Nein …
»Dann war Kathy dran.«
Ich will nichts mehr hören.
»Einer machte die Käfigtür auf und hob sie heraus. Sie lag ganz still in seinen Armen.« Edward fuhr sich mit der Hand durchs Haar und trank den Whisky wie Wasser.
»Weißt du, was ich am deutlichsten in Erinnerung habe? Den einen kleinen Schuh und den einen nackten Fuß. Verrückt, was? Sie legten Kathy auf die Matratze, an der das Blut des Jungen war. So viel Blut. Und Kathy schlief
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