Der Mann, der die Frauen belog - Roman
weg.
»Slope glaubt nicht, dass Sie sich schmieren lassen, aber ich kenne Ihr Bankkonto, ich kenne Ihr Aktienportfolio, und ich kenne Ihr Gehalt.«
»Ihr Alter hat nie einen seiner Leute hochgehen lassen.«
»Stimmt. Er hat sie nur versetzt. Die meisten haben dann gekündigt. Immer noch besser als der Dienst in einem Todesbezirk. Ich weiß Bescheid, denn ich hab die Versetzungen am Computer bearbeitet. Und so eine Versetzung kann ich Ihnen auch verschaffen. Ich kann Sie in die Hölle schicken. Dagegen ist Frühpensionierung mit gekürzten Bezügen das reinste Paradies.«
Nichts überstürzen, Kathy, flüsterte Markowitz ihr zu. Wenn du in der ersten Runde zu viel Dampf machst, nehmen sie sich einen Anwalt, und dann hast du den Ärger. Sie lehnte sich zurück. »Ich wollte Ihnen nur ein bisschen Stoff zum Nachdenken für die Feiertage geben. Vielleicht sehen Sie sich noch mal in Ruhe Ihre Notizen über den Fall in den Coventry Arms an. Frohe Weihnachten. Sie hören bald wieder von mir.« Gut gemacht, Kleines, sagte der Geist von Markowitz, der sich noch nicht in jene Ecke ihrer Erinnerung zurückgezogen hatte, in der die Toten wohnen.
Pansy Heart sah, wie er aufstand und ins Badezimmer ging, und Entsetzen kroch in ihr hoch. Sekundenlang sah es aus, als krabbele ihr Mann auf acht Beinen über den Boden. Sie horchte auf die Geräusche aus dem Badezimmer. Dann raschelte die Bettdecke, die Nachttischlampe klickte. Sie seufzte leise. Erst jetzt konnte sie wieder Luft holen. Aber nicht schlafen. Oder erst dann, als sie seine tiefen, regelmäßigen Atemzüge hörte und wusste, dass sie nun wohl bis zum Morgen Ruhe haben würde.
Angel Kipling sah auf, als Harry verschlafen in die Küche getappt kam. Unter der Tür blieb er stehen, um die Lage zu peilen. Eitel Sonnenschein oder Gewitterwolken? Aber da fiel schon der erste Schuss.
»Was hast du jetzt wieder angestellt, Harry?«
»Nichts«, sagte Harry Kipling. Er machte den Kühlschrank auf und holte die Reste des Huhns vom Vorabend heraus.
Sie hätte ihm am liebsten mit der Faust in das lächelnde Gesicht geschlagen.
Pansy erwachte von einem Schlag auf den Kopf und hob abwehrend die Hand, aber dann sah sie im Dämmerlicht, dass Emerys Arm schon wieder ruhig an seiner Seite lag. Sie knipste die Nachttischlampe an, sah das zerquälte Gesicht, die glitzernden Schweißtropfen auf der Stirn.
»Wach auf, Emery!«
Jäh öffneten sich die braunen Augen. Das Gesicht verzog sich, und sie zuckte zurück wie vor einem heftigen Wort. So hatte er sie abgerichtet. Wie man einen Hund abrichtet.
Was hatte er mit Rosie angestellt? Und warum log er, wenn sie sich nach ihr erkundigte?
»Hast du schlecht geträumt, Emery?«
Von Rosie vielleicht oder von deiner Mutter?
»Ich habe schrecklich geträumt. Von einem Abgrund, an dessen Rand ich stehe und in dem es von Maden wimmelt. Alles um mich herum bricht zusammen. Wer tut mir das an?«
Hätte Pansy an Gespenster geglaubt, hätte sie vielleicht eine Antwort auf diese Frage gehabt. In dem Spiegel am anderen Ende des Zimmers sah sie das Gesicht von Emerys Mutter. Nein: Sie sah ihr eigenes Gesicht.
Der Rausschmeißer und der Barkeeper hatten die Frau mit den roten Haaren an den wabbelnden Armen gepackt, aber selbst zu zweit wurden sie nur mühsam mit ihr fertig. Was die beiden der Frau noch nachriefen, als sie glücklich auf der Straße stand, kriegte Betty Hyde nicht mit.
Sie sah sich um.
In den Ecken lag Rattenkot. Ein lohnendes Betätigungsfeld fürs Gesundheitsamt.
Die Gesichter der Betrunkenen am Tresen erinnerten sie lebhaft an gewisse weniger vom Erfolg verwöhnte Mitglieder ihrer Familie. Als sie die Lippenstiftspuren an ihrem Glas reklamierte, wollte die schlampige Bedienung sich ausschütten vor Lachen, aber ein Dollar veranlasste sie dann doch, ein sauberes Glas zu bringen. Betty Hyde kippte den Inhalt in einem Zug. Mit reichlich Whiskey ließ sich alles ertragen.
»Eine reizende Pinte haben Sie da ausgesucht, Kindchen!«, sagte sie zu Mallory, die bereits an einem kleinen Tisch saß und auf sie wartete.
Aber sinnvoll war dieser Treffpunkt schon. Wer in den Coventry Arms wohnte, verirrte sich wohl kaum hierher, und wenn, dann nur mit persönlicher Leibwache. Der Wulst unter Mallorys Blazer konnte nur eine Kanone sein. Wie beruhigend!
»Ich wüsste gern ein bisschen mehr über Eric Franz«, sagte Mallory. »Ist er wirklich blind?«
»Hundertprozentig.«
»Woher wollen Sie das so genau wissen?«
»Wie verbirgt ein
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