Der Mann, der die Frauen belog - Roman
es immer im Geldbereich, aber das fällt ja in Mallorys Fach. Sie braucht nur die Kreditkartenabrechnungen nach Stammkneipen und Lieblingsrestaurants zu durchforsten. Auch der Beitritt zu einem Fitnessklub ist ein guter Hinweis. Die Kerls halten sich gern schlank und schön, wenn sie eine Neue haben. Und noch was: Kauft er sich neuerdings seine Unterwäsche selber? Scharfe Fummel womöglich?«
»Wie kommt es, dass die Frauen nichts merken, wenn es so viele Hinweise gibt?«
»Wer sagt denn, dass sie nichts merken? Männer sind da meist schwerer von Begriff, aber die Frauen wissen immer, was ihre Männer treiben, auch wenn sie sich hier ausheulen und mir weismachen, sie hätten keine Ahnung gehabt. Sie haben es ganz genau gewusst, von Anfang an. Aber sie wollten es nicht wahrhaben.«
»Na hör mal, Peggy, das ist denn doch –«
»Sie reden es weg. Und zwar umso verbissener, je mehr sie zu verlieren haben. Eine Frau ohne Kinder und ohne Hypothek aufs Haus kann sich noch so was wie Galgenhumor leisten. Aber wenn acht Kids zu versorgen sind, setzt sie sich mit dem Mann zusammen und hilft ihm dabei, Ausreden zu erfinden, die sie ihm glauben kann.«
Riker holte sein Notizbuch heraus. In der Spiralheftung hatte sich eine silberne Kette mit Anhänger verfangen, die jetzt auf den Tresen fiel.
»Der Davidstern?«, wunderte sich Peggy. »Du bist doch Protestant.«
»Nein. Alkoholiker.«
»Das sind so deine Aufsteigerträume, Riker. Was ein richtiger Alkoholiker ist, der geht zu Abstinenzlertreffen und Selbsthilfegruppen.« Sie gab ihm den sechszackigen Stern zurück.
»Sagen wir so: Ich bin ein ganz gewöhnlicher Suffkopp mit einem Hang zu Höherem.« Er betrachtete nachdenklich den Stern in seiner Hand. »Den hatte Lou Markowitz immer bei sich. Mallory hat ihn mir geschenkt.«
»Sentimentaler Trottel!«
»Trottel sagt Mallory auch immer zu mir, aber für sentimental hält sie mich nicht.« Er zückte seinen Stift. »Okay. Was verrät den ungetreuen Ehemann? Gehen wir mal davon aus, dass es das erste Mal ist …«
»Er ändert seine Gewohnheiten. Vielleicht geht er mit dem Hund Gassi, ohne dass sie ihn viermal dazu auffordern muss. Oder er versucht sich in einer neuen Sportart, einem Partnersport wie Tennis. Er macht Geschäftsreisen, die in seiner Stellenbeschreibung nicht vorgesehen sind … Überstunden im Büro …«
»Ist er ein guter Lügner?«
»Sie halten sich alle für begnadete Lügner, aber die Frauen sehen das natürlich ein bisschen anders. Schade, dass man sie nicht einfach fragen kann. Die Frauen, meine ich. Aber die meisten würden es einem wohl sowieso nicht sagen.«
In Rikers Notizbuch stand nur GASSIGEHEN.
»Glaubst du, dass Mallory mit ihrer Theorie richtigliegt? Dass der Täter die Nerven verloren hat und weggelaufen ist?«
»Ich denke, dass sie ihn unterschätzt. Sie hält ihn für einen Schlappschwanz, der schon rennt, wenn er eine Maus quieken hört.«
Er fand es gut, wenn sie quiekten. Aber noch besser war es, wenn sie richtig schrien.
Nutten. Alle Weiber sind Nutten.
Glaubte sie denn, er würde nicht merken, dass sie gegen ihn arbeitete? Wie leicht zu durchschauen, wie dumm sie war.
Er stand in der Dusche und ließ sich vom Wasser und von seinem Hass überspülen. Danach stellte er sich vor den Badezimmerspiegel, und zu seinen Füßen sammelte sich eine Wasserlache, während er mit der Hand über das beschlagene Glas fuhr. Er sah so lange in den Spiegel, bis ihm war, als ob seine Augen ganz für sich alleine im Raum schwebten.
Es waren kluge Augen. Wache Augen. Augen, die rot sahen … Hinter seinem Spiegelbild krabbelte ein Käfer herum, der ihn störte. Er trat zu, immer wieder, und bei jedem Tritt schrie seine Feindin gellend auf und starb. Er schlug auf sein Kissen ein, als hätte er ihr Gesicht vor sich, und wunderte sich, warum er nicht einschlafen konnte. Und als dann der Schlaf doch kam, träumte er nur vom Tod. Jetzt zählte allein der Krebs des Hasses, im Schlafen wie im Wachen. Er war allumfassend und unbesiegbar.
Kein gewöhnlicher Sterblicher kommt gegen diesen Krebs an. Es gab keine Heilung.
Mit einem langen roten Fingernagel tippte Mallory auf die Unterlagen, die Edward Slope an Charles und Charles an sie weitergereicht hatte. Sie sah den jungen Mann aus Dr. Slopes Dienststelle scharf an. Beklommen mied er ihren Blick. Die Hände hatte er um den Becher mit dem längst kalt gewordenen Kaffee gelegt. Mallory scheuchte die wartende Bedienung mit einer Handbewegung
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