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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sondern Zauberei pur.«
    Als sie die Wohnung verließen, stieg Mallory gerade ohne Gruß, ohne Abschied in den Fahrstuhl. Sonderbar, wie sie vorhin aus heiterem Himmel das Gespräch auf Malachai gebracht hatte. Was hatte dieses ungewohnte Verhalten zu bedeuten?
    Charles sah Justin von der Seite an. Der Junge wirkte unfroh, aber nicht verängstigt. Rasch gingen sie die Wendeltreppe hinunter. Diesmal lief Justin erwartungsvoll voraus, um die bunte Welt hinter der Faltwand zu erkunden. Im matten Licht der Kugellampe tanzte sein Schatten seltsam unscharf über die Kostüm- und Requisitenkoffer.
    »Ey, cool!« Er wird die Guillotine entdeckt haben, dachte Charles. Aber als er um den hohen chinesischen Paravent kam, sah er, dass Justin mit großen Augen den Messerständer und die alte, vielfach durchlöcherte rotweiße Zielscheibe auf dem altertümlichen Gestell betrachtete. Verlangend streckte er eine Hand nach den Messern aus.
    Charles nickte. »Wenn du vorsichtig bist, habe ich nichts dagegen.«
    Justin warf das erste Messer, verfehlte aber die Zielscheibe.
    »Mach dir nichts draus. Man braucht ein bisschen Übung. Max hatte viele Jahre Zeit zum Üben.«
    »Ja, das sehe ich.« Justin trat einen Schritt näher an die Zielscheibe heran und zog mit dem Finger die von Einstichstellen umgebenen Umrisse eines menschlichen Körpers nach. »Da hat seine Assistentin gestanden, nicht?«
    Charles nickte.
    »Ganz schön knapp. Zwischen den Fingern sind ja auch Löcher. Können Sie so was?«
    »Aber ja! Als ich so alt war wie du, habe ich selbst mal an der Zielscheibe gestanden. Das hatte ich mir von Onkel Max zum Geburtstag gewünscht.«
    »Echt? Hatten Sie keine Angst?«
    »Nein. Danach hat Max mir die Messer gegeben, und wir haben die Plätze getauscht.«
    Der Junge lehnte sich gegen die Zielscheibe. »Na, dann los! Ich fürchte mich nicht.«
    »Brauchst du auch nicht – solange ich das Messer nicht wirklich werfe. Man tut so, als wenn man das Messer wirft, steckt es aber hier hinein. Die Klingen springen von hinten aus der Zielscheibe heraus.«
    Er drehte einen kleinen Tisch so, dass Justin den schwarzen Samtbeutel sehen konnte, der unter der Tischplatte hing, und deutete auf den Hebel an einem Tischbein und den Draht, der vom Tisch zur Zielscheibe führte.
    »Die Messer werden durch dieses Fußpedal gesteuert. Ein Federmechanismus lässt sie aus der Zielscheibe herausschnellen. Aber die Zuschauer sehen nur das, worauf sie programmiert sind. Ein Messer fliegt durch die Luft, ein Messer landet auf der Zielscheibe. Völlig ungefährlich, wenn man weiß, wie’s geht.«
    Wenn Justin die fliegenden Gegenstände präpariert hatte, bot sich hier eine praktische Anwendung für seine Begabung. Charles überlegte noch, wie er Mr. Riccalo das Zaubern als zukunftssicheren Beruf verkaufen sollte, als Justin sich enttäuscht abwandte. Er sah zu der Guillotine hoch. »Und das ist dann wohl auch nur ein Trick …« Ein Betrug, sollte das heißen, eine miese Erwachsenenmasche.
    »Ja, leider. Der Mechanismus ist pannensicher. Sieht mörderisch aus, ist aber harmlos.«
    Gerade diese raffinierten Tricks waren es gewesen, die Charles als Kind fasziniert hatten. Justin sah das offenbar anders. Er fühlte sich fast betrogen, weil alles so ungefährlich war. Vielleicht steckte also doch kein angehender Illusionist in ihm. In seiner Stiefmutter vielleicht? Oder im Vater?
    »Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, was du mit einem so hohen Intelligenzquotienten anfangen, wie du deine Intelligenz weiterentwickeln könntest?«
    »Was heißt weiterentwickeln? Gehirn ist Gehirn. Und wenn Sie mir glauben, dass nicht ich hinter den fliegenden Gegenständen stecke, hab ich eben gar keine besondere Begabung.«
    »Aber eine gute Beobachtungsgabe und den Ansatz zu logischem Denken. Beides lässt sich testen, das kann sogar ganz unterhaltsam sein. Ich könnte dir beibringen, wie man bestimmte Tricks durchschaut. Den mit den fliegenden Gegenständen zum Beispiel. Du arbeitest eine Weile mit mir, und wir helfen uns gegenseitig. Gemacht?« Das war einer von Mallorys Lieblingssprüchen.
    »Gemacht.« Sie wechselten einen festen Händedruck.
    Charles holte eine schwarze Kugel mit Löchern aus einer Kiste zu seinen Füßen. »Das war einer der wenigen Tricks mit schwebenden Gegenständen, die Onkel Max im Programm hatte. Er ist im Nu vorbereitet.« Wo war der Kanister mit der chemischen Lösung?
    Er fand sich in einer benachbarten Kiste. Während Charles noch

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