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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sein? Aber was hätten ihre diskreten Hinweise auf Malachai sonst bedeuten sollen? Er hatte sich für dumm verkaufen lassen.
    Amanda nickte ihm teilnahmsvoll zu und ging an ihm vorbei.
    »Und was ist mit dir, Amanda?«, rief er ihr nach. »Wer hat dich umgebracht? Und warum?«
    »Er hat mich belogen.«
    Er war zu müde, um sie festzuhalten. Hilflos sah er, wie sie in der Dunkelheit verschwand. Sie hatte so wenig Substanz, dass die Schatten es leicht hatten, sie zu verschlingen.
    Schon die zweite Frau an diesem Abend, die ihn wortlos verließ.
    Licht und Dunkelheit wechselten auf seinem Weg. In Gedanken noch immer mit Mallory beschäftigt, sah er nicht nach links und nicht nach rechts. Erst nach einiger Zeit merkte er, dass er in eine Gegend geraten war, in der er sich nicht auskannte und von der ihm deshalb Gefahr drohte. Die Entdeckung ließ ihn kalt. Ebenso kalt wie die Tatsache, dass der Weihnachtsabend unversehens in den Weihnachtstag übergegangen war.
    In einem Wust alter Zeitungen vor einer Hauswand kam er unvermutet ins Stolpern und schlug zu Boden. Unter seinen gespreizten Beinen kam etwas Kleines, Zapplig-Lebendiges hervor, ein sechs- oder siebenjähriges Mädchen in einem viel zu kleinen roten Mantel mit schmutzverkrustetem Gesicht, verfilzten Haaren und riesengroßen Augen, das offenbar unter den Zeitungen geschlafen hatte. Die Kleine streckte ihm einen zerknautschten Pappbecher entgegen, in dem Münzen klimperten. Es dauerte einen Augenblick, bis er begriffen hatte, dass dieses erschreckend magere, vor Kälte zitternde Kind ihn anbettelte.
    »Wo ist deine Mutter? Warum bist du –«
    Die Kleine wich zurück. Wache, altkluge Augen hatten ihn taxiert und eingeordnet: Ein Typ, der nichts gab, der vielleicht eine Autoritätsperson, womöglich ein Cop oder – schlimmer noch – ein Sozialarbeiter war. Noch ehe er auf das reagieren konnte, was er in ihrem Blick las, hatte sie sich schon umgedreht und war in der Dunkelheit verschwunden.
    Er rappelte sich hoch und lief hinter ihr her, durch Lichtinseln und lange Dunkelzonen mit ausgebrannten oder kaputtgeschlagenen Straßenlampen. An einer dieser dunklen Stellen war die Kleine plötzlich verschwunden. Er blieb stehen und horchte in die Stille hinein. Irgendwo ein leises Klimpern.
    Er sah auf. Sie saß rittlings auf einem Gitterzaun und war gerade dabei, gewandt wie ein Äffchen auf der anderen Seite hinunterzuklettern. Als er vor dem Zaun angekommen war, sah er gerade noch ihren roten Mantel um eine Ecke biegen.
    Mit ihr verschwand das Bild einer einstigen, kindlichen Mallory. Er legte den Kopf an die kalten Gitterstäbe und schloss die Augen. Sein Herz war schwer wie Blei.
    Du Narr!
    Das Grün ihrer Augen war nicht weihnachtlich warm. Kalt und unheimlich glitzerten sie im matten Licht des Armaturenbretts.
    »Manchmal ist es vielleicht ganz gut, dass du kein Herz hast, Mallory. Jede andere würde sich Gedanken darüber machen, warum ich Weihnachten freiwillig Dienst schiebe.«
    Sie verzog spöttisch einen Mundwinkel und verzichtete auf eine Antwort.
    Er schlug die Beifahrertür zu. »Bin gleich wieder da. Will mir nur noch schnell mein Frühstück holen.« Er ging auf den matten Schein hinter den Fenstern der Bar zu und winkte. Peggy lehnte den Besen an die Wand und winkte zurück. Riker stiefelte zur Tür.
    Sein Bierpegel war schon ziemlich hoch, so dass er den Halbwüchsigen zu seiner Rechten nur undeutlich wahrnahm. Der Junge sah sich suchend um, als warte er auf jemanden. Riker sah noch einmal zu Mallory zurück, die in dem dunklen Innenraum des Wagens nicht zu erkennen war, dann machte Peggy die Tür auf.
    »Wen hast du denn da mitgebracht, Riker?«, fragte sie und sah über seine Schulter.
    Riker wandte langsam den Kopf. Hinter ihm stand der Junge. Peggy reagierte schneller. Sie zog sich in Richtung Tresen zurück, wo ihre Schrotflinte lag, aber es war schon zu spät, denn in diesem Moment streckte der Junge die Hand nach dem Revolver aus, der in seinem Gürtel steckte. In der einen Sekunde, die der Junge brauchte, um sich den Revolver zu greifen, überlegte Riker, ob es dessen schnelle Reaktionen waren, die ihn das Leben kosten würden, oder seine eigenen, durch den Alkohol gebremsten Reflexe. So oder so – jetzt war er dran.
    Doch zum Ziehen oder Abdrücken kam der Junge nicht mehr. Eine energische Person mit blonden Locken drängte ihn durch die offene Tür der Bar, stieß ihn so heftig gegen einen Tisch, dass er in der Mitte einknickte, zog ihm den

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