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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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vermuteten, dass dort schwere Artillerie lag, hatten aber keine Ahnung, wie gut der Stützpunkt verteidigt wurde. Deshalb mussten wir die Stellung erkunden, damit unsere Jungs keine böse Überraschung erlebten, sobald unser Angriff losging. Der Spähtrupp begann wie üblich, indem die Männer sich gegenseitig schüttelten, um verräterische Geräuschquellen aufzuspüren und zu beseitigen.
    Als wir im Dunkeln kauerten, beschloss der Alte, dass nur er und ich in den Stützpunkt vordringen sollten, während die anderen zurückblieben, um uns so viel Deckungsfeuer geben zu können wie möglich, falls wir zu einem hastigen Rückzug gezwungen wurden. Bei einem solchen Einsatz war die Gefahr groß, auf einen der eigenen Kameraden zu feuern. Der »Knacker« war alles, was wir hatten, um uns den Kameraden zu erkennen zu geben: ein kleines Stück Metall, das schnalzte, wenn man es zusammendrückte.
     

     
    Der äußere italienische Verteidigungsring bestand aus zwei oder drei Maschinengewehrnestern, die sich hinter primitiven Wällen aus Felsbrocken in Deckung befanden. Sie waren allein in der Wüste und verwundbar, aber in Rufweite zu ihren Kameraden. Ein Alarmschrei, und ihre gesamte Feuerkraft würde auf uns gelenkt. Dann wäre das Frühstück nie mehr ein Thema für uns gewesen.
    Der Alte winkte schweigend, und wir legten uns auf die Bäuche und robbten langsam nach vorn. Die ganze Zeit lauschten wir auf italienisches Geflüster. Es kam nicht selten vor, dass solche vorgeschobenen Wachtposten einschliefen, aber heute redeten sie miteinander, achteten allerdings wenig auf die Umgebung. Doch sobald jemand hustete oder einen losen Stein ins Kullern brachte, verstummten sie sofort und spitzten die Ohren. Grammofonmusik wehte vom Hauptstützpunkt aus über die Wüste. Nach weiteren fünfzig Metern machte ich weitere Sangars aus, jene ringförmigen Wälle aus Felsbrocken, von denen die Nester mit den schweren Maschinengewehren geschützt wurden.
    Im nächsten Sangar bemerkten wir eine plötzliche Bewegung. Hatten sie uns gehört? Wir erstarrten, den Kopf in den Sand gedrückt. Meine Brust war wie eingeschnürt, und ich wagte kaum zu atmen. Doch nichts geschah, und wir robbten langsam weiter, prägten uns die Anlage des Forts ein und näherten uns dem inneren Hauptlager, noch immer auf dem Bauch. Auf der Suche nach einer Stelle, an der wir ungesehen über die niedrige Mauer steigen konnten, entdeckten wir einen Punkt in der Mitte zwischen den zwei MG -Nestern und krochen dorthin.
    Vor uns ragte ein schweres Geschütz auf, eine der Funkpeil-Kanonen, die die Richtung feststellen konnten, aus der ein Funksignal kam, und die dann eine schwere Granate hinüberschickten, um uns den Appetit auf das Büchsenfleisch zu verderben. Das klingt martialisch, aber damals gab es noch keine Computer, und die Technik war ziemlich primitiv.
    Am Hauptlager gab es zwei weitere MG -Nester, die mir jetzt, wo wir drinnen waren, weniger Sorgen machten. Ich verstand mich gut auf so etwas. Alle meine Sinne waren geschärft, und mein Puls raste, aber ich hatte mich in der Gewalt. Erziehung durch die Wüste. Ich wehrte mich dagegen, dass die Angst mein Urteilsvermögen trübte, aber ich wusste, wenn die Italiener jetzt Alarm schlugen, mussten wir uns den Rückweg freischießen.
    Zwischen den Zelten bewegten sich Männer. Sie fühlten sich sicher. Ich roch Zigarrenrauch, der aus den Offizierszelten herüberwehte, und Knoblauch von den Kochstellen; ich glaubte sogar, den Duft von Rasierwasser wahrzunehmen. Die Stimmen waren jetzt lauter und hallten über das Lager hinweg. Im italienischen Militär hatte immer schon ein großer Unterschied zwischen Offizieren und Mannschaften bestanden. Hier hatten wir es mit Offizieren zu tun, und sie lebten offensichtlich gut.
    Dann hörte ich Geräusche, die ich schon längere Zeit nicht mehr vernommen hatte: Zwischen den tiefen Männerstimmen erklang das Lachen von Frauen. Ich wusste nicht, ob es Prostituierte oder normale Zivilistinnen waren, aber sie waren da, unüberhörbar und unverwechselbar, und schienen ihren Spaß zu haben.
    Wahrscheinlich hätten wir uns auf dem gleichen Weg zurückziehen sollen, auf dem wir gekommen waren. Für meinen Geschmack war im Lager ein bisschen zu viel los, und je tiefer wir vorstießen, desto weniger Fluchtwege blieben uns. In diesem Augenblick wurde nur einen, zwei Meter von uns entfernt eine Zeltklappe aufgeworfen, und ein Lichtstreifen fiel ins Lager. Obwohl wir uns noch im Dunkeln

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