Der Mann, der ins KZ einbrach
vom Mund, um überhaupt sprechen zu können.
»Sie haben einen Offizier gerettet.«
»Das stimmt.«
»Sie wissen natürlich«, er schrie nun beinahe, »dass ich Ihnen dafür nichts geben kann.«
»Jawohl.«
»Aber ich kann Ihnen ein bisschen entgegenkommen. Wir brauchen noch einen Mann als Bewachung für Gefangene, die nach Südafrika gebracht werden. Also packen Sie Ihre Siebensachen, Sie fahren mit.«
»Jetzt?«
»Ja, jetzt. Lassen Sie sich nichts zuschulden kommen, dann bleiben Sie vielleicht dort, bis der Krieg zu Ende ist. Haben Sie verstanden?«
Ich weiß nicht mehr, was ich ihm darauf geantwortet habe, aber er ging bald wieder – ein weiterer geduckter Schatten im Sandsturm. Ich hatte angenehme Erinnerungen an Südafrika, aber das Schicksal ist grausam, denn meine Krankheit brach wieder aus. Mein Schädel pochte, und meine Muskeln schmerzten.
Dennoch fuhr ich mit dem nächsten Konvoi von Nachschublastern nach Kairo, während der Chamsin noch tobte. Mein Kopf hämmerte, und ich hielt mein Gesicht bedeckt, um Nase und Augen vom Flugsand frei zu halten. Ein paar Kameraden waren bei mir. Bald lag ich auf der Ladefläche des Lkw und wurde hin und her geworfen von zwei Stürmen: dem Chamsin , der draußen tobte, und dem Orkan in meinem Schädel. Ich fiel ins Delirium. Diesmal war es die Malaria.
Gott sei Dank hatte die Krankheit mich geschwächt. Ich weiß nicht, warum ich getan habe, wovon ich jetzt berichten muss, aber einer der Jungs erzählte mir später davon. Die Kämpfe hatten mich schon mit vielen Schrecken konfrontiert; deshalb weiß ich nicht, in welche Abgründe es mich auf der harten Ladefläche des Lkw verschlug, aber in meinem Delirium erlitt ich eine Panikattacke. Die anderen erzählten mir später, dass ich mich auf einen der Jungs gestürzt hätte, um ihm den Revolver abzunehmen, in der festen Überzeugung, dass unser aller Überleben davon abhing, dass ich die Waffe in die Hände bekam. Zum Glück konnten die anderen mich überwältigen.
Sie schafften mich in ein Lazarettzelt. Ich verlor den Überblick, wie viele Tage verstrichen, aber ich lag dort wenigstens zwei Wochen; es können auch mehr gewesen sein. Die Krankenschwestern waren süß und nett, die Chininbehandlung bitter und furchtbar. An mehr erinnere ich mich nicht – außer natürlich an die schweren Bombenangriffe. Während meiner Genesung gab es jede Menge davon, und wenn man nur unter Segeltuch liegt, sind sie ganz schön beunruhigend.
Ich kam durch und kehrte zum Bataillon zurück. Ich war noch nicht lange wieder auf den Beinen, als ich im Frühstückszelt saß und ein Ordonnanzoffizier mich sah. »Was suchen Sie denn hier, Avey? Sie sollen in Südafrika sein.« Ich war davon ausgegangen, dass dieser kleine Ausflug wegen der Malaria hinfällig geworden wäre. Der Offizier verschwand, ohne sich meine Erklärung anzuhören. Zwei Stunden später war er wieder da. »So, das wäre erledigt. Ich habe ein Schiff für Sie, also packen Sie Ihr Zeug und begeben Sie sich im Laufschritt zum Hafen. Die brauchen zwei Leute. Suchen Sie sich einen Mann aus, den Sie mitnehmen, aber beeilen Sie sich.«
Ich ließ den Blick über die Holztische schweifen und entdeckte Bill Chipperfield. Bill war auf der Otranto in meiner Kabine gewesen. Er war ein grundehrlicher Kerl, und ich beschloss, ihn mitzunehmen.
Man fuhr uns mit einem kleinen Laster zum Hafen. Ich brauchte eine Rasur, meine Uniform war verdreckt und voller Ölflecken, und als ich das Schiff sah, auf dem wir fahren sollten, kam ich mir sehr unpassend gekleidet vor. Das Schiff war die berühmte Île de France , ein französischer Luxusliner, den die britische Admiralität nach dem Fall von Paris beschlagnahmt hatte. Die Île de France besaß drei hohe Schornsteine, umgeben von breiten Promenadendecks, aber der schwarz-weiße Anstrich, der einst ihre schlanken Linien betont hatte, war unter einer Schicht Schlachtschiffgrau verschwunden.
Sie war für ihre Einrichtung im Stil des Art déco berühmt gewesen, zu der Gemälde und Skulpturen gehört hatten, dazu ein Pariser Straßencafé, Schwimmbecken und Sporthallen. Inzwischen war sie ein Truppentransporter, aber man spürte ihre Eleganz und Erhabenheit noch immer.
»Sie haben eine Einzelkabine«, sagte der indische Steward, der uns durchs Schiff führte. Das war kein Versehen; wir kamen in ein auf dem Wasser treibendes Luxusapartment.
Fast konnte man noch das Parfüm der eleganten Pariserinnen riechen, die früher die Kabine
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