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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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wieder dienstfähig wäre. In diesem Sommer gab es eine Sandmückenfieberepidemie, die erst aufhörte, als man auf den Gedanken kam, DDT zu sprühen.
    Ich war lange krank. Das Bataillon blieb bis Ende April in der Nähe von Kairo, aber der Wüstenkrieg nahm eine Wende. Die Australier und Neuseeländer wurden abgezogen, um in Griechenland zu kämpfen, und die verbliebenen Kräfte mit ihrem abgenutzten Gerät mussten sich zurückziehen. Schon bald beherrschte Rommels Afrikakorps die Wüste, und wir waren wieder da, wo wir angefangen hatten. Im April begann Rommel mit der Belagerung von Tobruk. Dann überschritt er am Halfaya-Pass die ägyptische Grenze, und 2 RB wurde wieder in die Wüste geschickt, um sich den Panzern entgegenzustellen.
    Es begann übel. Rommel drängte das Bataillon nach Buqbuq zurück. Dort schloss ich mich wieder den Kameraden an und musste erfahren, dass Second Lieutenant Montagu Douglas Scott am Halfaya-Pass gefallen war, ausgerechnet dort, wohin ich ihn ein paar Monate zuvor gefahren hatte. Wieder war ein Chamsin aufgekommen, während der Lieutenant viel zu nahe am Feind war, und diesmal hatte er es nicht überlebt. Er war der erste Offizier meines Bataillons, der in der Wüste sein Leben ließ.
    Buqbuq liegt am Meer, und als vier oder fünf Leute von uns Erlaubnis erhielten, schwimmen zu gehen, ließen wir uns nicht lange bitten. Der Strand war wunderbar – feiner weißer Sand, wie man ihn sich schöner nicht wünschen konnte. Das Meer zeigte ein tiefes Azurblau, und wir sahen gewaltige Wellen, gischtend und schäumend vor schierer Kraft.
    Als wir uns an den Strand legten und von der Sonne trocknen ließen, hörten wir einen Hilferuf. Es dauerte einen Moment, bis wir entdeckten, woher der Schrei kam: Gut hundert Meter vom Ufer entfernt sahen wir einen Mann, der offensichtlich in Schwierigkeiten steckte und hilflos um sich schlug. Die Strömung musste ihn hinaus aufs Meer gezogen haben.
    Nach dem ersehnten, wenn auch salzigen Bad hatte ich mich gerade erst angezogen. Nun riss ich mir die Kleidung wieder vom Leib und sprintete den Strand entlang, um besser sehen zu können. Aus zusammengekniffenen Augen blinzelte ich in das grelle Licht von Brandung und Himmel. Das Tosen der Brecher übertönte jedes andere Geräusch.
    Der Mann, den wir gehört hatten, war nicht der einzige dort draußen. Dreißig Meter hinter ihm entdeckte ich noch jemanden, der in den Wellen verschwand; offenbar ging er unter. Ich rannte ins Wasser, sprang über die Ausläufer der Wellen hinweg und kämpfte mich mit kraftvollen Gehbewegungen voran, als ich in tieferes Wasser gelangte. Als ich nicht mehr waten konnte, schwamm ich gegen die Wellen an.
    Ich erreichte den Mann, und es gelang mir, ihn durchs Wasser zu ziehen. Als wir uns so weit dem Ufer genähert hatten, dass ich wieder waten konnte, waren ein paar Jungs zur Stelle und halfen mir, den Mann ans Ufer zu ziehen.
    Ich war mir nicht sicher, ob er noch lebte. Er lag regungslos am Strand. Ich war geschwächt und hätte mich am liebsten neben ihn in den Sand fallen lassen, aber mir wurde schnell klar, dass außer mir niemand wusste, was zu tun ist. Zufällig hatte ich in Liverpool einen Lebensrettungskurs gemacht, während wir auf die Abreise warteten. Ich gab mir einen Ruck und begann mit der Mund-zu-Mund-Beatmung. Meine Lunge schmerzte von der Anstrengung, doch bald quoll Wasser aus dem Mund des Bewusstlosen.
    Ich hielt auch nach dem zweiten Mann im Meer Ausschau, aber er war verschwunden. Der Mann, den ich gerettet hatte, war Artillerieoffizier. Er war nun wieder bei Bewusstsein und atmete. Eddie Richardson machte Meldung. Ich glaubte, er wollte nur, dass der Alte wusste, was ich getan hatte. So war Eddie nun mal.
    Als wir wieder im Lager waren, brach ein Chamsin über das Bataillon herein. Die wogende Mauer aus heißem Sand peitschte zwischen Mensch und Maschinen hindurch. Überall war Sand, Sand, Sand. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen, und viele von uns hatten sich zum Schutz eine Decke um den Kopf gewickelt. Ich trug zusätzlich zur Decke einen Verband, den ich mir über Nase und Mund geschlungen hatte, um die heiße Luft zu filtern. Auf diese Weise hatte ich mich dermaßen unkenntlich gemacht, dass jemand dem Alten zeigen musste, wer ich war, als er erschien. Er trug einen Schal vor dem Gesicht. Dadurch war unser Gespräch sehr gedämpft.
    »Wie ich höre, haben Sie sich am Strand nützlich gemacht, Avey. Stimmt das?«
    »Jawohl.« Ich zog mir den Verband

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