Der Mann, der nicht geboren wurde
oder
Tommsen.«
»So etwas ist nicht ganz einfach, aber da es in Warchaim nur wenige
Geschäfte gibt, wo man sich etwas Kostspieliges kaufen kann, wenn man plötzlich
zu Geld gekommen ist, könnte ich zumindest mal nachfragen. Ich würde allerdings
den Baron Figelius von der Liste der Verdächtigen streichen. Der ist durch
Schmiergeld so wenig beeindruckbar wie ein Kuhbauer durch einen Krug Milch.«
»Da habt Ihr wahrscheinlich recht. Vielleicht hat man ihn aber nicht
mit Geld bestochen, sondern mit Wissen. Oder mit Macht.«
»Und wie soll ich das dann nachprüfen?«
»Vergesst es. Ich tippe ohnehin auf Endreasis oder Durbas.
Vielleicht auch noch auf den Bürgermeister. Alles, was Ihr finden könnt, kann
mir nutzen.«
»Dann mache ich mich sofort auf den Weg.« Der Landspurenführer
grüÃte knapp und eilte an Kohn vorbei ans Tageslicht. Kohn blieb noch eine
Weile stehen und musterte den Gefangenen.
»Alles, was Ihr hier erfahrt, wird auch für die Königin von Nutzen
sein«, sagte er dann.
Rodraeg nickte. »Wir stehen alle auf derselben Seite, Kohn. Für DMDNGW unterteilt sich die Welt nur in Täter und Opfer. Und
wir sind alle Opfer.«
Der Gardist, der Bestar zur
Begleitung zugeteilt wurde, war Leutnant Virad Adsar mit zwei weiteren
Gardisten, eine davon eine pickelige junge Frau. Bestar brummelte die ganze
Zeit vor sich hin, aber niemand konnte verstehen, was er sagte. Zu viert holten
sie Tjarka Winnfess im Würfelbecher ab, die schon wütend war, weil Bestar sie so lange hatte
warten lassen. Nachdem Bestar ihr von Rodraegs Verhaftung erzählt hatte, wollte
sie natürlich alles genau berichtet bekommen.
SchlieÃlich setzte sie ihre gestern
Nacht begonnene Arbeit am Blumenbeet Uklas Eimenhards fort. Sie kroch herum,
schnüffelte wie eine Hündin an Häuserecken, betrachtete die Wolken, folgte
ihnen eine Weile, unterhielt sich knapp mit Passanten und Anwohnern. Eine
Stunde verging. Leutnant Adsar beschloss, dass er keine zwei Mann Unterstützung
benötigen würde, und schickte seine beiden Untergebenen zum Gardehaus zurück,
wo sie angesichts des zurzeit herrschenden Mangels an Gardisten anderweitig
eingeteilt werden konnten. Da sowohl Bestar als auch Adsar nichts zu tun
hatten, während Tjarka tat, was immer sie da tat, kamen die beiden Männer ein
wenig ins Gespräch.
Adsar kannte das Mammut , seit er in der
Nacht nach dem Bachmufest die versammelte Mammut mannschaft
zur Leiche Vinzev Tralós in den Adelsbezirk geführt hatte. Aber weder Bestar
noch Tjarka waren damals dabei gewesen. Bestar erzählte ihm etwas von Tjarkas
Heimat, einem Wald ohne Kaninchen, aber dafür mit riesigen
Falltürspinnengruben. Adsar erzählte von den Wäldern seiner Heimat, den
schwül-nebeligen Nekerubuchten südlich des mittlerweile vergifteten Chlayst.
Tjarka las auf den StraÃensteinen Zeichen, die nur sie entziffern
konnte. Mehrmals imitierte sie sogar einen anderen Frauengang, einen, der sich
mehr in den Hüften wog und deutlich weiblicher war als der ihrige. So
schlenderte sie um Häuserecken herum, schnupperte dann die Luft, lieà sich
einmal von einem Sperling leiten, der von einem Häuserdach zum nächsten
flatterte, dann wieder von einem welken Eichenblatt, das vom Wind durch eine
Gasse vorangewirbelt wurde.
»Ist das nur Spinnerei und Zeitverschwendung, oder steckt da so was
wie Magie dahinter? Ich meine, kann sie so wirklich eine Spur verfolgen?«,
fragte Adsar in der vierten Stunde.
»Im Thostwald hat es funktioniert«, brummte Bestar, der immer in
Tjarkas Nähe blieb und jeden, der sich auch nur halbwegs näherte, misstrauisch
musterte. »Ob es hier klappt, werden wir sehen. Aber wenn sie gar nichts sehen
würde, hätte sie schon längst abgebrochen, oder nicht?«
»Wenn die Spur vor einem Haus endet, werde ich wohl besser
Verstärkung holen, bevor wir da einfach so reinspazieren. Selbst wenn der
Mörder eine Frau ist ⦠wir wissen ja nicht, wie viele es sind â¦Â«
»Verstärkung kann nicht schaden«, hörte Bestar sich zu seiner
eigenen Ãberraschung sagen, fügte jedoch noch hinzu: »Ich und mein Schwert, wir
sind ja auch noch da.«
Tjarka führte sie anfangs im Zickzack, im weiteren Verlauf der Suche
allerdings immer stetiger in westlicher Richtung durch die Südgefilde
Warchaims, unweit des Hafens, wo es brackig roch und nach
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