Der Mann, der nicht geboren wurde
er von niemandem begleitet und überwacht.
»Wer bezahlt mich eigentlich, wenn
alle meine Klienten sterben oder im Gefängnis landen?«, haderte der
Landspurenführer. »Ich fürchte, ich verliere langsam meine Liebe zu dieser
Stadt und sie die zu mir.«
»Ihr könnt Euch Euer Geld jederzeit im Haus des
Mammuts abholen. Habt Ihr denn eine Liste von Bedrohten zusammenstellen
können?«
»Ja. Drei Namen zwar nur, aber immerhin. Die Garde hat mir alles
weggenommen. Ich hasse es, wenn die Garde sich in meine Arbeit einmischt. Das
macht alles so sinnlos.«
»Könnt Ihr mir die drei Namen verraten?«
»Na ja, Ihr habt ja so gut wie dafür bezahlt. Der erste Name war
Baacla. Die ist nun tot, kaum, dass die Garde ihre Ãberwachung an sich gezogen
hat. Ich glaube übrigens, dass Baacla von einem der sie bewachenden Gardisten
umgebracht wurde. Die Garde ist dermaÃen am Vertuschen, dass man vor lauter
Tinte gar keine Konturen mehr erkennen kann.«
»Im Ernst? Ein Gardist hat das getan?«
»Hat mir zumindest ein Spätzlein zugezwitschert. Beweise habe ich
natürlich keine. Die wird es auch nie geben, da sorgt die Garde vor.«
»Das könnte mich alles entlasten. Nur warum hört man davon nichts?«
»Weil die so etwas nicht öffentlich machen werden. Das ist so
ziemlich das Schlimmste, was ihnen passieren kann. Dass einer von ihnen einen
Mord begeht.«
»Aber er hat es nicht freiwillig getan, genauso wenig wie ich,
verdammt noch mal! Warum zählen die nicht eins und eins zusammen? Wer sind die
anderen beiden bedrohten Personen?«
»Warchaims reichster Einwohner: Yoich Barsen. Auf den bin ich
natürlich schnell gekommen, er ist der Allererste, der einem einfällt, wenn es
um Ermordungen geht. Halb Warchaim hat, denke ich, Gründe, sich von ihm
übervorteilt zu fühlen und ihn zu hassen. Barsen hat übrigens als bislang
Einziger das Richtige getan: Er hat die Stadt verlassen und ist auf irgendeinen
seiner Ruhesitze im Süden gezogen, mitsamt seiner Familie und einem Tross von
Leibwächtern. Was immer ihm nun zustöÃt, ist dann wenigstens nicht mehr
Warchaims Problem. Und Nummer drei ist Emmeron Uliseus, der offiziell so eine
Art Gebäudeverwalter der Königin ist und dem wohl auch Teile des Tempelbezirks
unterstehen. Inoffiziell ist er aber eher als Veranstalter wilder und
zügelloser Eingeweihtenfeste geläufig. Auf den hat sich nun die halbe Garde
gestürzt. Ich glaube, sie überwachen ihn Tag und Nacht mit etwa zehn Mann. Wenn
da nun auch noch etwas schiefläuft, dürfte Endreasis die längste Zeit
Kommandant gewesen sein.«
»Hm. Endreasis ist übrigens Nummer vier. Er hat gestern Morgen einen
Drohbrief erhalten, aber niemandem davon erzählt, um dem Mörder eine Falle stellen
zu können. Unglücklicherweise hat dieser einzige bislang wirklich erfolgreiche
Versuch der Garde, etwas gegen diese Mordserie zu unternehmen, ausgerechnet
mich meine Freiheit gekostet. Aber ich kann natürlich froh sein, dass ich nicht
zum Mörder wurde.« In knappen Worten erzählte Rodraeg dem Landspurenführer
davon, wie er sich in der Nacht träumend in einen Schwerverbrecher verwandelte.
Vetz Brendo kratzte sich nachdenklich den Kopf. »Hat Endreasis eigentlich
Verstärkung aus Endailon oder Uderun angefordert, um mit dieser Krise fertig
werden zu können?«, fragte Rodraeg den still zuhörenden Dilljen Kohn. Der
schüttelte nur den Kopf.
»Passt«, stellte Rodraeg fest. »Die hiesige Garde hat Verstärkung
dringend nötig, aber sie kann niemanden von auÃerhalb gebrauchen, denn es gibt
jetzt so einiges zu vertuschen. Man kann den oder die Mörder nicht fassen. Man
hat möglicherweise selbst einen Mord an einer Bachmu-Ãbtissin begangen. Gestern
Nacht hat einer der Wachtposten geschlafen, als ich auszog, um den Kommandanten
zu erstechen. Und dann hat noch irgendjemand ganz oben Schmiergelder
angenommen, um eine lückenlose Aufklärung des Slessinghausbrandes zu
unterbinden. Endreasis muss das ganze wuchernde Geschwür nun makellos
aufklären, sonst fliegt ihm tatsächlich die ganze Stadt um die Ohren. Hier ist
meine Frage, werter Brendo: Für, sagen wir mal, dreiÃig Rinwetaler â wärt Ihr
da in der Lage, aufzudecken, wer der Empfänger des Slessinghausschmiergeldes
war? Eigentlich gibt es nur vier Verdächtige: Endreasis, Durbas, Figelius
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