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Der Mann, der nichts vergessen konnte

Titel: Der Mann, der nichts vergessen konnte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Show habt ihr da abgezogen«, sagte er. »Und du siehst umwerfend aus in deinem ach so seriösen Outfit. Bin richtig eifersüchtig geworden, als meinen Kumpels bei deinem Anblick die Augen aus dem Kopf gekollert sind.«
    Zu den größten Mysterien des Universums gehörten für JJ Männerfreundschaften, insbesondere wenn es um diese beiden Burschen ging. Karim Al Massari war so ganz anders als der Weltmeister im Witzigsein Justin Flock. Sie kannte Karim schon aus Kindertagen. Obwohl fast vier Jahre jünger als sie, war er reif, einfühlsam, auf eine zurückhaltende Weise geistreich und ziemlich gut aussehend. In Bollywood hätten sie ihn wahrscheinlich die Rolle des Frauenhelden spielen lassen, aber in natura war er eher schüchtern. Wenn es allerdings um Computer ging, blühte der angehende Informatiker richtig auf.
    JJ stellte dem Dozenten die beiden Studenten vor.
    »Ihr Vortrag hat mich sehr beeindruckt«, erklärte Karim.
    »Besser als jeder Horrorstreifen«, pflichtete ihm Justin bei.
    Kogan nickte lächelnd. »Danke für das Kompliment, meine Herren.«
    »Jamila meinte, wenn uns nach der Vorlesung danach ist, könnten wir Sie gerne ansprechen«, sagte Karim.

    »Sicher. Für junge Talente habe ich immer ein offenes Ohr. Was kann ich für Sie tun?«
    Die beiden jungen Männer warfen sich Blicke zu, als wollten sie in irgendeiner Geheimsprache ausknobeln, wer von ihnen die Rolle des Wortführers übernehmen sollte. Schließlich opferte sich Justin.
    »Was Sie da über die Schnarchnasen in Washington gesagt haben und darüber, dass man sie wachrütteln müsste, lag genau auf unserer Wellenlänge. Die raffen nicht, wozu Hacker überhaupt fähig sind. War Ihr Vorschlag des kontrollierten Angriffs‹ ernst gemeint? Gibt’s in Ihrer Schublade vielleicht schon einen Plan, wie man den Ignoranten und Sesselfurzern in der Regierung endlich die Augen öffnen könnte?«
    JJ unterdrückte ein Stöhnen. »Jetzt tu nicht so, als wärst du der einzige vernunftbegabte Mensch, Justin! Dr. Kogan berät immerhin einige von den Leuten, die du für schwachsinnig hältst.«
    Justin deutete grinsend auf sein T-Shirt. »Ich bin der Welt weisester Witzbold. Narren und Toren dürfen die Wahrheit sagen.«
    Karim räusperte sich. »Dr. Kogan, Sie meinten vorhin, Ihrer Überzeugung nach seien einige von uns durchaus in der Lage, den Riesen USA ins Wanken zu bringen. Justin und ich haben uns schon öfters in verschiedene Systeme gehackt. Natürlich nicht, um irgendjemandem zu schaden…«
    »Jedenfalls nicht so sehr«, warf Justin ein.
    Karim stieß ihn mit dem Ellbogen an und fügte hinzu: »Wir halten uns an den Kodex der ethical hacker: Nur wenn man den Leuten beweist, wie löchrig ihre Schutzwälle sind, werden sie das notwendige Geld ausgeben, um ihre Systeme sicherer zu machen.«

    Kogan lächelte. »Dann sind wir so etwas wie Brüder im Geiste. Hätten Sie Interesse, Ihre Fähigkeiten in etwas größeren Dimensionen zu erproben?«
    »Wäre ‘ne tolle Sache, wenn ich mit meinem Know-how unser Land und die Welt ein wenig sicherer machen könnte.«
    Justin grinste. »Klar doch, solange wir dabei nicht darben müssen.«
    »Ich bin sicher, der pekuniäre Aspekt des Projekts wird Ihnen gefallen«, versprach Kogan. »Gibt es im Kreis Ihrer Kommilitonen noch mehr junge Patrioten, die wie Sie denken, Mr. Flock?«
    »Da verwette ich mein T-Shirt drauf, Sir. Die haben nur nicht gerafft, was Sie von ihnen wollten. Debby hat’s ja unüberhörbar in den Saal posaunt. Die Bande dachte, Sie verteilen hier ein paar Bewerbungsbogen von der NSA, und das war’s dann. Mit einem Mal sollten sie Eigeninitiative zeigen. Damit haben Sie die Kids überfordert.«
    »Mir fallen schon ein paar Namen ein, die infrage kämen«, überlegte Karim. »Geben Sie uns ein paar Tage, Sir, dann bekommen Sie die beste Hacker-Meute, die Cambridge zu bieten hat.«
    Kogan streckte ihm die Hand entgegen. »Es freut mich, dass bei meinem Vortrag nicht alle nur auf JJs Beine gestarrt haben. Wir sehen uns.«
    Die Studenten verabschiedeten sich von dem Gastdozenten, und Karim flüsterte seiner Freundin ins Ohr, er wolle sie später noch in seiner Wohnung sehen.
    »Die beiden klingen ja sehr zuversichtlich. Vielleicht war die Vorstellung doch besser, als ich anfangs gedacht habe«, gestand JJ, nachdem das Hackerpaar das Auditorium verlassen hatte.
    Kogan lächelte. »Hab ein wenig mehr Vertrauen, kleine Morgiane. Wenn ich etwas in all den Jahren gelernt habe, dann, wie die

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