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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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Korrespondenten der Nachrichtenagenturen die ersten Meldungen heraus, und auf CNN waren bereits Videoaufnahmen zu sehen, die jemand außerhalb des Stützpunkts mit einem Teleobjektiv gemacht hatte. Sie zeigten eine schwarze Rauchsäule, die aus den Ruinen eines Gebäudes gen Himmel stieg. Eineinhalb Stunden später zitierte der türkische CNN- Sender lokale Quellen, die zu wissen glaubten, dass das Ziel des Bombenanschlags eine amerikanische Militärunterkunft gewesen sei.
    Noch am Vormittag rief Ferris Hoffman über eine sichere Leitung an, um sich zu vergewissern, dass alles nach Plan gelaufen war. Wie Jim in der Nacht, als sie die Bombe installiert hatten, befürchtete nun auch er, dass bei der Aktion etwas schiefgegangen sein könnte.
    »Es war fast perfekt«, sagte Hoffman.
    »Wieso nur fast?«
    »Weil irgendso ein blöder Soldat sich dort eingeschlichen hat, nachdem er gehört hatte, dass es in der Offizierskaserne viele freie Zimmer gibt. Vor einer halben Stunde haben sie seine Leiche identifiziert.«
    »Großer Gott.« Ferris machte sich Vorwürfe. Er hatte gewusst, dass so etwas passieren konnte, und nichts getan, um es zu verhindern. Was war nur mit ihm los?
    »Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Der Mann hat gegen einen ausdrücklichen Befehl gehandelt und ist in einen Ort eingedrungen, der ihm strikt verboten war. Das war nicht Ihre Schuld. Und meine auch nicht. Es ist ganz allein seine – also werden Sie mal nicht sentimental. Und verlieren Sie die wirklich wichtigen Dinge nicht aus den Augen. Wir nähern uns der Zielgeraden, also halten Sie durch!«
    Ferris ließ sich mit seiner Antwort eine Weile Zeit und dachte über Hoffmans Worte nach. »Macht es Ihnen wirklich gar nichts aus, dass der Mann jetzt tot ist?«
    »Nein, ich schätze nicht. Und Ihnen sollte es auch nichts ausmachen.«
    Darauf sagte Ferris nichts mehr. Er verabschiedete sich und legte auf.
     
    Die US-Armee und das türkische Militär gaben sich alle erdenkliche Mühe, um die Sache unter Verschluss zu halten, und weil der Explosionsort mitten auf einem Militärstützpunkt lag, hatten sie damit zunächst auch Erfolg. Um zehn Uhr vormittags gab das Büro des türkischen Ministerpräsidenten auf einer Pressekonferenz für die türkischen Medien schließlich zu, dass es in Incirlik einen Bombenanschlag gegeben hatte. Es gebe Opfer, unter denen sich aber keine Türken befänden, erklärte ein Regierungssprecher und erzählte den Journalisten weiter, dass das Ziel des Anschlags eine US-amerikanische Offizierskaserne gewesen sei, in der viele Piloten untergebracht waren. Der Sprecher bestätigte, dass das Gebäude größtenteils zerstört worden sei und die Amerikaner ihre Verletzten in ihrem eigenen Feldlazarett behandelten, das normalerweise Verwundete aus dem Irak vor dem Rücktransport in die Heimat versorgte.
    Um 7:00 Uhr Washingtoner und 14:00 Uhr türkischer Zeit gab das Pentagon die Erklärung heraus, dass eine Autobombe die Offizierskaserne in Incirlik zerstört habe. Die Anzahl der Opfer sei relativ gering, weil viele Offiziere sich im Weihnachtsurlaub befunden hätten. Das Pentagon weigerte sich, die Namen der Toten zu veröffentlichen, weil deren Angehörige noch nicht verständigt worden seien. Als einige Reporter genauer nachfragten, wurden sie darüber informiert, dass es vermutlich nie eine offizielle Verlustliste geben werde, weil einige der Opfer in geheimer Mission unterwegs gewesen seien. Für die Journalisten im Pentagon war das keine Überraschung, denn es war ein offenes Geheimnis, dass Incirlik häufig als Basis für Sondereinsätze im Irak genutzt wurde. Die Bilder, die nach und nach an die Öffentlichkeit gelangten, sagten eigentlich schon alles: Sie zeigten die massiven Zerstörungen an einem Objekt mit hohem Symbolwert, einer Unterkunft für Piloten, die Bomben über dem Irak abgeworfen hatten.
    Als auf islamistischen Websites die ersten Bekennerschreiben auftauchten, bekam die Geschichte eine neue Dimension. Die Urheber der Verlautbarungen kritisierten andere Terrorgruppen als proamerikanische Verräter. Die Gruppierung, die sich »Rachebrigade für Nasr al-Din Abbani« nannte, war bis dahin noch nicht in Erscheinung getreten, aber gegen Abend spekulierten Sachverständige in London und Washington bereits darüber, ob es sich dabei nicht um einen neuen, besonders gefährlichen Ableger der al-Qaida handeln könnte. Der Mann, nach dem sich die Gruppierung benannt hatte, war der Sohn eines Uhrmachers aus Damaskus,

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