Der Mann, der niemals lebte
brauchen noch eine Weile, bis sie dich aus dem Irak schleusen können. Aber das ist kein Grund zur Panik. Wenn du vorsichtig bist, wird dir nichts passieren.«
»Aber Sir, die werden mich töten. Das habe ich Ihnen doch gleich am Anfang gesagt.«
»Nein, die töten dich nicht. Wir werden dich bewachen und beschützen. Wir haben große Augen und Ohren.«
Nizar schüttelte den Kopf. »Verzeihen Sie, Sir, aber Sie können doch nicht einmal Ihre eigenen Leute schützen. Wie wollen Sie da auf mich aufpassen?«
»Wir beschützen dich, Nizar. Dein Freund Bassam wird immer in deiner Nähe sein, aber direkt bei dir bleiben kann er ebenso wenig wie ich. Bis wir dich von hier wegbringen können, musst du selbst auf dich aufpassen.«
Der Iraker stöhnte leise auf. Er hatte alles gegeben und nichts dafür bekommen. Ferris konnte ihn unmöglich so zurücklassen. So deprimiert, wie er war, würde er in die nächstbeste Falle tappen und noch vor Sonnenuntergang tot sein.
»Ich richte dir jetzt gleich ein Konto in den Vereinigten Staaten ein. Ist dir das recht?«
Die Miene des Irakers hellte sich ein wenig auf. »Ja, Sir. Mit wie viel Geld, bitte?«
»Zunächst einmal zahlen wir hunderttausend Dollar ein. Außerdem bauen wir dir, deiner Frau und deinen Kindern in Amerika eine neue Existenz auf.«
Jetzt wurde Nizar richtig munter. »Ich will eine Million, bitte. Ich habe keine Frau.«
Du meine Güte, dachte Ferris. Gerade denkt er noch ans Sterben, und jetzt ist er wie ein Wilder hinter dem Geld her. »Über die Million werde ich noch einmal nachdenken. Jetzt überlegen wir uns erst einmal, wie wir für deine Sicherheit sorgen können.«Er rief Bassam zu sich und besprach mit ihm, wie Nizar sich in den folgenden Wochen verhalten sollte. Dann gab er Nizar ein neues Handy, über das er ihn im Notfall erreichen konnte. Der Iraker nahm es so ehrfürchtig entgegen, als wäre es eine erste Anzahlung auf seine Million Dollar.
»Ich will ein Haus in Los Angeles«, sagte er. »Eines an der Küste, so wie in Baywatch.«
»Geht in Ordnung«, versprach Ferris. »Kein Problem.« Er schüttelte dem Iraker die Hand, der daraufhin durch den staubigen Hof zu seinem schwarzen BMW ging und dabei wohl schon von Mädchen im Bikini träumte. Er winkte ihnen noch einmal zu und fuhr davon. Ferris sah ihn nie wieder.
Bassam erfuhr von einem seiner Unteragenten, dass sie Nizar schon am folgenden Morgen umgebracht hatten. Entgegen den ausdrücklichen Anweisungen, die Ferris ihm gegeben hatte, war er zum Frühstücken in ein Café nahe der Hauptstraße von Samara gegangen, was ziemlich dumm war, da man ihn dort gut kannte. Als Nizar das Café wieder verließ, waren ihm zwei Wagen gefolgt. Zum Glück hatte er eine Waffe bei sich und schoss so oft auf seine Verfolger, dass sie ihn töten mussten, bevor sie ihn gefangen nehmen und einem Verhör unterziehen konnten.
Ferris wartete bis kurz vor Mitternacht, bevor er Hoffman von einer Villa hinter dem Polizeirevier, in der er sich versteckt hielt, anrief – nicht nur, weil er sauer auf seinen Chef war, sondern auch, weil er bereits wusste, was der ihm sagen würde, und es nicht hören wollte.
»Er ist tot«, sagte er, als er Hoffman an der Strippe hatte. »Der Junge, den ich angeworben habe. Sie haben ihn heute Morgen umgelegt.«
»So schnell? Mist. Die haben sich ja nicht viel Zeit gelassen. Haben sie ihn in die Mangel genommen?«
»Nicht, dass ich wüsste. Aber wir waren nicht dabei, als sie ihn erschossen haben. Einer meiner Leute hat es mir erzählt.«
»Scheiße«, stöhnte Hoffman. »Hoffentlich haben Sie noch was aus ihm herausbekommen, bevor die ihn abgeknallt haben.«
»Ja, habe ich. Ziemlich interessante Dinge sogar. Ich habe ein paar Stunden lang mit ihm geredet, bevor ich ihn weggeschickt habe. Er hat mir erzählt, dass sie ihn in Amman angeworben haben und wer alles zu dem Netzwerk gehört. Die Adresse des sicheren Hauses hat er mir auch genannt. Ich habe alles auf Tonband aufgenommen. Der arme Teufel konnte gar nicht mehr aufhören, als er erst mal in Fahrt war.«
Selbst Hoffman merkte, dass Ferris sich Vorwürfe machte. »Hören Sie, Roger, so was passiert nun mal. Ich könnte mich jetzt bei Ihnen entschuldigen, aber was hätten Sie davon? Er wäre so oder so umgebracht worden, und dass er vorher noch mit Ihnen geredet hat, rettet vielleicht das eine oder andere Leben.«
»Kann schon sein«, erwiderte Ferris. »Sie haben’s ja selbst gesagt: So was passiert nun mal.»
«Wichtig
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